Freitag, 19. April 2024

Jugendhaus ins Notariat?

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Bekommt Schramberg nach Jahrzehnten wieder ein Jugendhaus? Wenn es nach der Stadtverwaltung geht, ja. In einer Vorlage für den Verwaltungsausschuss schlägt Abteilungsleiter Marcel Dreyer vor, das leer stehende Notariatsgebäude an der Ecke Berneckstraße/Weihergasse in ein Jugendzentrum umzubauen.

Immer wieder in den letzten 30 Jahren hätten Jugendliche im Rahmen der Jugendbeteiligungsprozesse die Einrichtung eines Jugendzentrums gefordert, eines Hauses, in dem sich junge Menschen aufhalten können und Jugendarbeit  geleistet wird. „Von der Jugendumfrage 1996 hin zum Stadtentwicklungsprogramm STEP 2020+ bis zur Jugendbefragung 2012 und den seitdem jährlich stattfindenden Jugendhearings ist das Thema als Auftrag für die Verwaltung präsent“, so Dreyer.

Seit fast 60 Jahren Jugendhaus auf dem Wunschzettel

Er erinnert daran, dass bereits seit Beginn der Jugendhausbewegung um 1962 im Haus Schlossstraße 10 Jugendliche dieses Gebäude  „als Ort der freien Entfaltung nutzen konnten“.  Bis 1990 hätten sich hier diverse Jugendcliquen getroffen. Dann professionalisierte die Stadt die Jugendarbeit mit dem JUKS. Ab 2006 durften aber wegen baulicher und brandschutzrechtlicher Mängel Jugendliche sich dort nicht mehr treffen.

Bis 2014 gab es kein offenes Angebot für Jugendliche in der Talstadt. Seither existiere zwar mit dem provisorischen Jugendtreff in der ehemaligen Hausmeisterwohnung der Graf-von-Bissingen-Schule ein Angebot, aber die Räumlichkeiten seien zu klein, nicht attraktiv, und man beschränke sich auf eine bestimmte Zielgruppe.

In die Jahre gekommen: Das JUKS-Gebäude an der Schlossstraße. Archiv-Foto: him

Im Gebäude Schlossstraße 10 befinde sich das JUKS³ als Verwaltungsabteilung für Kinder- und Jugendarbeit, Integration und Bürgerschaftliches Engagement. “Das Gebäude steht seit 60 Jahren auf der städtischen Abrissliste“, so Dreyer. Im Zuge der Schulcampuspläne will die Stadt es wie auch die Graf-von-Bissingen-Schule bekanntlich abreissen. Das JUKS³ soll in die dann leer stehende Realschule, dem künftigen „Haus mittendrin“, umziehen.

Das Notariat wäre geeignet

Seit vielen Jahren suche man nach Möglichkeiten, in denen ein Jugendhaus untergebracht werden könnte: „ Keines dieser Gebäude konnte die fachlichen und räumlichen Anforderungen insofern erfüllen, als dass eine tatsächliche Aufwertung der Rahmenbedingungen für Klienten und Mitarbeiter erfolgt wäre“, schreibt Dreyer in der Vorlage.  Nun sieht er im ehemaligen Notariat einen geeigneten Ort, nachdem auch die Kinderarztpraxis vor einem Jahr ins Medzentrum umgezogen ist.

Seit einem Jahr steht das Haus komplett leer. Foto: him

Die Stadt habe ein Architekturbüro beauftragt, zu untersuchen, ob das denkmalgeschützte Gebäude mit Blick auf die Größe, den Zustand, das  Baurecht, den  Brandschutz und  die Kosten für die Nutzung als Jugendzentrum geeignet wäre. Auch habe die Verwaltung geprüft, ob das JUKS³ dort unterkäme. Schließlich habe man untersucht, ob das Haus Schlossstraße 10 für mindestens weitere zehn Jahre genutzt werden könnte. Ergebnis: In das Dach, die Fassade und den Brandschutz müsste die Stadt „zwingend“ größere Summen investieren. Das wäre, weil das Haus ohnehin im Zuge des Schulcampusplans abgerissen werden soll und fast 180 Jahre alt ist, wirtschaftlich nicht sinnvoll.

Baugenehmigung nötig

Aber auch beim Notariat gäbe es Hürden zu überwinden. Eine Umnutzung für Jugendräume im Erdgeschoss und Verwaltungsräume und Gruppenräume für Beratungsstellen und Vereine im ersten und zweiten Obergeschoss machten eine neue Baugenehmigung erforderlich. Auch müsste der Umbau „den Anforderungen von Brandschutz, Statik, Barrierefreiheit, Denkmalschutz und der Versammlungsstättenverordnung genügen“.

Nach Ansicht der Verwaltung würde das Gebäude der Berneckstraße 19 die Anforderungen an ein Jugendzentrum gut erfüllen. Es liege zentrumsnah am Busbahnhof sowie nah an Gymnasium und der Erhard-Junghans-Schule in der Schillerstraße und sei dadurch für alle gut erreichbar.

Für die Barrierefreiheit müsste die Stadt einen Aufzug auf der Gebäuderückseite anbauen lassen. Foto: him

Dreyer möchte zeitnah ein Jugendzentrum in der Talstadt anbieten und mittelfristig eine Lösung für die Gebäudesituation der JUKS³-Verwaltung finden. Langfristig sollten alle Aktivitäten in einem „Haus Mittendrin“ in der dann ehemaligen Realschule Schillerstraße angesiedelt werden.

Umsetzung in drei Phasen

Für die Umsetzung schlägt er drei Phasen vor, um das Projekt auch finanziell stemmen zu können: Im kommenden Jahr soll das Erdgeschoss renoviert werden. Dazu gehört ein zweiter Fluchtweg, WCs und Garderobenanlage, der Brandschutz , eine Küche. Außerdem müsste man die Elektrik erneuern und die Räume für die IT verkabeln. Das würde etwa 207.000 Euro kosten.

So stellt sich Architekt Christof Birkel von der Stadtverwaltung den Umbau im Erdgeschoss vor. Grafik: Stadt

In den Jahren 2022 bis 2024 würden dann die beiden Obergeschosse renoviert und moderne Verwaltungsräume entstehen. Für die Barrierefreiheit müsste die Stadt einen Aufzug anbauen. Das  JUKS³ würde im Notariat einziehen, und das alte Haus an der Schlossstraße könnte abgerissen werden. Dreyer schätzt die Kosten für Phase 2 auf etwa 850.000 Euro.

und so könnten die Obergeschosse umgebaut werden. Grafiken: Stadt

Nach dem Jahr 2032 stünde dann der Ausbau des „Hauses Mittendrin“ an, und die Stadt könnte das Notariat entweder weiter vermieten oder anderweitig nutzen.

Etliche Vorteile

Dreyer sieht viele Vorteile in dieser Planung: Die Stadt würde das denkmalgeschützte Gebäude an zentraler Stelle in der Stadt aufwerten. Es wäre für die Allgemeinheit in unmittelbarer Nähe zu Busbahnhof, Schulen und Mediathek nutzbar.

Endlich würde die Stadt ein für eine Große Kreisstadt dringend notwendiges Jugendzentrum schaffen und die Möglichkeiten in der Kinder- und Jugendarbeit, sowie Jugendbeteiligung aufwerten. Weiterer Vorteil: Die Phasen 2 und 3 ließen sich flexibel umsetzen.

Kann die Stadt 207.000 Euro im nächsten Jahr finanzieren?

Auch durch Eigenleistungen der Jugendlichen etwa bei Malerarbeiten habe man die ursprünglichen Kosten für die Phase 1 von 283.000 Euro auf 207.000 gedrückt, schreibt Dreyer. Trotz intensiver Suche nach Fördermitteln und Zuschüssen habe man für Phase 1 bisher keine Töpfe erschlossen. „In Phase 2 gibt es aufgrund des größeren Volumens und des dann bestehenden Gesamtkonzepts im Gebäude gute Aussichten auf Fördermittel.“

Im Verwaltungsausschuss, der gegenwärtig noch wie geplant am 5. November zusammen kommen soll, will Dreyer die Idee zunächst einmal ohne Beschlussempfehlung vorstellen und offene Punkte klären. Der Gemeinderat am 19. November soll dann einen Grundsatzbeschluss treffen. Über die mögliche Investition von 207.000 Euro soll der Rat im Rahmen der Haushaltsplanberatungen entscheiden, schlägt Dreyer vor.

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Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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