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Mobilität mit Licht und Schatten

Planer stellte Erhebungsdaten im Ausschuss vor

Schramberg lässt sich einen Mobilitätskonzept erstellen. Das sei zwar keine gesetzliche Pflicht, so Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr im Ausschuss für Umwelt und Technik. Das Land fördere solche Planungen allerdings mit 60 Prozent und es sei von dort auch „sehr gewünscht“.

Schramberg. Ende 2021 hatte der Rat beschlossen, sich ein solches Konzept entwerfen zu lassen. Begonnen hat das beauftragte Planungsbüro BrennerPlan 2022 damit, Daten zu erheben. Das geschah über die Auswertung vorhandener Statistiken, eigene Verkehrszählungen und Befragungen, Polizeiangaben zu Unfällen und Fahrplänen. Außerdem gab es eine Haushaltsbefragung. Von den 4000 verschickten Fragebögen seien etwa 20 Prozent zurückgekommen so Malte Novak von BrennerPlan, das sei eine „hohe Rücklaufquote“, lobte er.

Malte Novak berichtete. Foto: him

Umfangreiche Datenerhebung

Im Ausschuss erläuterte Novak, sein Team habe alle Stadtteile gleichberechtigt betrachtet. Nach den Vorarbeiten folge nun die Arbeit an einem Konzept. Dazu werde es auch Bürgerworkshops geben, kündigte er an. Bei der Aufnahme des Ist-Zustands habe man beispielsweise im November 2022 an 19 Knotenpunkten in der Stadt den Verkehr gezählt.

Im September 2023 gab es acht Befragungsstellen. Dort interviewten Schülerinnen und Schüler die Autofahrer und fragten sie nach dem woher und wohin. Insgesamt 8360 Autofahrer und etwa 70 LKW-Fahrer haben die Schülerinnen und Schüler damals befragt, wie Stadtplanerin Carolin Münch in ihrer Vorlage schreibt. Für ein Mobilitätskonzept sei es wichtig, zu wissen, „wo welche Verkehre sind“, so Novak. Am Hammergraben beispielsweise seien mehr als 40 Prozent der Fahrzeuge Durchgangsverkehr.

Auch die Unfallstatistiken hat das Büro ausgewertet. Dabei sei man aber auf keine Unfallschwerpunkte in Schramberg gestoßen.

Parkplätze besser ausweisen

Untersucht hat das Büro auch den ruhenden Verkehr. Welche Parkplätze werden wie stark genutzt? Wie lange werden die Plätze belegt? Das sei deshalb wichtig, weil man den Parksuchverkehr, der teilweise 30 Prozent betrage, einschränken könne, wenn man für eine gleichmäßigere Auslastung der Parkplätze sorge. Das könne durch bessere Wegweiser oder eine Parkraumbewirtschaftung geschehen, so Novak.

Sehr detaillierte Grafiken sind entstanden.

Auch das Radwegnetz haben die Planer unter die Lupe genommen. Da gebe es wegen der Topografie natürlich Einschränkungen, aber diese würden durch Pedelecs inzwischen relativiert. Betrachtet haben die Planer auch die Radabstellplätze und die Erreichbarkeiten innerhalb der Ortsteile. Die letztere sei, wie auch für Fußgänger in den kleineren Ortsteilen, sehr gut.

ÖPNV mit Mängeln

Beim ÖPNV haben die Planer die Buslinien und die Haltestellendichte untersucht. „Die Busverkehre sind stark auf die Schülerverkehre ausgerichtet“, hat Novak festgestellt. Das heißt, an den Wochenenden und abends nach 18.30 Uhr sei das Angebot „sehr dünn“. Man werde schauen, was möglich wäre.

 Ebenfalls in den Blick genommen haben die Verkehrsexperten die Barrierefreiheit, die Fahrgastauskunft und die Sitzmöglichkeiten, alles „ausbaufähig“.

Beim ÖPNV mehr Schatten als Licht.

Viele Fahrten mit dem Auto

Anhand der erwähnten Haushaltsbefragung hat das Planungsteam untersucht, wie viele Wege die Schramberger am Tag zurücklegen, nämlich im Durchschnitt 3,6. Das liege etwas über dem Bundesdurchschnitt von drei.. Davon sind gut ein Viertel Wege zur Arbeit und ein weiteres Viertel für Einkäufe. 54 Prozent der Wege legen die Schramberger als selbst Fahrende mit dem Auto zurück. Dazu kommen 13 Prozent als Mitfahrerinnen und Mitfahrer.

Das bedinge sicherlich der ländliche Raum, so Novak. Er stellte aber auch fest, dass der Anteil der ganz kurzen Fahrtstrecken von ein bis zwei Kilometern recht hoch ist. Das seien Strecken, die sich zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen ließen. „Da gibt es Potenziale für Alternativen“, findet er.

Interessant sei bei der Befragung auch gewesen, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Parkraumbewirtschaftung zu 60 Prozent gut finden. Andererseits halten die Hälfte Parkgebühren nicht für sinnvoll.

Unzufrieden seien die Befragten mit der Bahnanbindung, dem ÖPNV und den Fahrradwegen. Sehr zufrieden seien sie dagegen mit den Straßen und Parkplätzen. Die Befragten würden es mehrheitlich auch begrüßen, wenn Parkplätze für mehr Grün oder Radwege entfallen würden.

Nächste Schritte

Als nächste Schritte kündigte Novak ein Maßnahmenkonzept an. Dazu werde man Bürgerworkshops organisieren und schließlich ein Gesamt- und Handlungskonzept ausarbeiten, das die Stadt dann umsetzen kann. Bis Mitte des kommenden Jahres soll das Projekt abgeschlossen werden.

So geht es weiter.

Kritik aus den Reihen des Ausschusses

Jürgen Kaupp (CDU) erkundigte sich, weshalb der inzwischen sanierte Wittumparkplatz nicht in dem Papier auftauche. Beim Parkplatz an der Kreissporthalle bezweifelte er die Ergebnisse. Während der Schulzeit sei der „immer voll“. Er halte diesen Parkplatz für die beruflichen Schulen eher für zu klein.

Novak entgegnete, man habe die Parkplatzbelegung in der Zeit von 9 bis 21 Uhr betrachtet. Der Wittumparkplatz sei nicht mit betrachtet worden. Damals sei der Platz noch nicht saniert gewesen, so Eisenlohr. Man könne das nun noch mit aufnehmen.

Kaupp hakte wegen Waldmössingen nach. Da sei der Platz bei der Kastellhalle bei Veranstaltungen und Fußballspielen voll, unter der Woche aber nicht. „Wie geht man mit solchen Plätzen um?“ Auch die neue Halle in Tennenbronn müsste man mit einbeziehen. Er erinnerte daran, dass der Gemeinderat ein Parkleitsystem bereits in Auftrag gegeben habe. Schließlich fragte er nach dem Sachstand zur Talumfahrung und einer möglichen Umfahrung von Waldmössingen.

Parkraumbewirtschaftung ausdehnen?

https://www.nrwz.de/schramberg/gemeinderat-beschliesst-stark-abgespecktes-parkleitsystem-393550.htmlDarüber habe man Verwaltungsintern auch nachgedacht, so Eisenlohr. Man könnte da ebenfalls an eine Bewirtschaftung denken, die es bisher in den Ortsteilen Tennenbronn und Waldmössingen nicht gebe. Zum Thema Parkleitsysteme berichtete Fachbereichsleiter Matthias Rehfuß, der Rat habe das von der Verwaltung vorgeschlagene teildynamische System damals abgelehnt. „Eine statische Beschilderung ist für 2026 im Haushalt vorgesehen.“

Der Austausch der Schilder sei erst sinnvoll, wenn man wisse, was man mache, ergänzte Eisenlohr. Das gelte beispielsweise für den Schweizer-Parkplatz, der zur Hälfte gebührenfrei, zur anderen Hälfte aber gebührenpflichtig sei. Die Parkgebührensatzung sei praktisch fertig. „Wir wollen das noch mit dem Handel und der Wirtschaftsförderung abstimmen“, so Eisenlohr.

Umfahrungen für Waldmössingen und Sulgen

Zur Umfahrung Waldmössingen  berichtete sie von mehreren Trassenvarianten, die man gemeinsam mit anderen Kommunen ausgearbeitet und mit dem Landratsamt und dem Regierungspräsidium besprochen habe.  „Der Ball liegt nicht bei uns.“

Jürgen Reuter (Aktive Bürger) wollte wissen, ob bei den Unfällen als Unfallursache überhöhte Geschwindigkeit untersucht worden sei. Eine Frage die die Verwaltung nicht beantworten konnte. Er kritisierte, dass die Parkplatzuntersuchung auf einen Tag begrenzt worden sei und verwies auf Lehrerparkplätze an den Schulen.

Diese seien nur von Montag bis Freitag von 7 bis 17 Uhr reserviert, entgegnete Eisenlohr. Reuter  befürchtete, dass fehlende Parkplätze an den beruflichen Schulen dazu führen könnten, dass Schülerinnen und Schüler dann an andere Schulen wechseln. Auch erkundigte er sich nach der Umfahrung Ost in Sulgen.

Stadtplaner Joschka Joos berichtete, man habe vergangenes Jahr mehrere Termine deshalb mit dem Landratsamt gemacht. Derzeit gehe es um die Erschließungsplanung. Die Frage sei, wer die Planung übernimmt, ergänzte Eisenlohr. Aus Sicht des Kreises wäre es sinnvoll, wenn die Stadt das übernehme. Dafür brauche es einen Kreistagsbeschluss. Sie schlug vor, einen eigenen Tagesordnungspunkt bei Gelegenheit zu diesem Thema einzuplanen.

„Verkehrswende muss kommen“

Guido Neudeck (SPD-Buntspecht) wurde grundsätzlicher. Er lobte die Planung, denn „die Verkehrswende muss kommen“. Im ländlichen Raum gehe am eigenen Auto kein Weg vorbei. Dennoch müsse man den ÖPNV stärken. Neudeck fragte nach Beispielen aus anderen Kommunen zur Verbesserung der Lage. Er bat die Planer auch darzustellen, welche Kosten der Individualverkehr etwa bei Parkplätzen oder in der Umwelt verursacht.

Novak versprach, Musterbeispiele für Veränderungen beim ÖPNV mit einzubringen. Auch die Kosten des Autoverkehrs werde er gern „in Umrissen“ in einem weiteren Bericht darstellen.

Der Ausschuss nahm den Bericht zur Kenntnis. Der Gemeinderat wird am Donnerstag erneut darüber beraten.




Martin Himmelheber (him)

... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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