Ikarus und Kirchenkunst: Auf den Spuren von Herbert Goeser

Kraftvolle Körper, zarte Grafik: Kaum bemerkt von einer breiten Öffentlichkeit hat der 2023 verstorbene Künstler Herbert Goeser in Ateliers in Oberndorf und Horgen ausdrucksstarke Bildwerke geschaffen und zahlreiche Kirchen ausgestattet. Nun kann man Werke von ihm entdecken – und sogar erwerben.
Das Entdecken lässt sich sowohl lang- als auch kurzfristig einplanen. Zwei große Skulpturen Goesers – der hie und da auch „Göser“ geschrieben wird – haben dieser Tage einen dauerhaften Ort im öffentlichen Raum gefunden: In der Teichlandschaft in der Oberndorfer Oberstadt.
Noch sind die imposanten Kolosse mit dunkler Folie umwickelt. Am 16. Mai jedoch werden sie feierlich der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Ort passt hervorragend. Denn der 1955 in Göppingen geborene Herbert Goeser verbrachte in Oberndorf seine Schulzeit und hatte später in der Mauserstraße ein Atelier.

In der Teichlandschaft werden die Spuren seines Schaffens nun dauerhaft zu finden sein. Kurzfristig und in noch größerer Breite lässt sich Goesers Schaffen am kommenden Wochenende in der Schlossstraße 39 in Epfendorf-Harthausen erkunden. Dort werden in einer Pop-up-Ausstellung Werke des Künstlers gezeigt und zum Kauf angeboten: Kleinplastik in Stein und Bronze, aber auch Zeichnungen und Grafiken mit freien und religiösen Motiven.
Das berichtete der in Stuttgart-Berg lebende Künstler Joachim Sauter der NRWZ. Sauter kümmert sich um den Nachlass Goesers – aus langjähriger Verbundenheit heraus, denn die beiden studierten gemeinsam unter anderem beim österreichischen Bildhauer und kreativen Multitalent Alfred Hrdlicka (1928-2009) an der Staatliche Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart.
Diesen Einfluss kann man gerade Herbert Goesers Skulpturen in Oberndorf gut ablesen: Wie Hrdlicka ist Goeser einer figurativen Bildsprache verbunden geblieben und nie ins Abstrakte abgewandert. Gerade die Skulptur eines Ikarus in Oberndorf zeigt zudem ein ähnliche Faible für vitale Körperlichkeit wie Hrdlicka – sowie ein Ringen mit existenziellen Bedrängnissen, mit Geschundenheit, Unbill und Unrecht.
Es ist eine politische engagierte, in Diskussionen eingreifende Kunst, für die Goeser wie Hrdlicka mit derartigen Bildwerken stehen. Nicht von Ungefähr hat Herbert Goeser auch das 1981 enthüllte Mahnmal für das nationalsozialistische Arbeitserziehungslager Aistaig geschaffen.
Stark inspiriert hat Herbert Goeser, der auch für das Theater arbeitete, zudem die Literatur. Werke, die aus dieser Auseinandersetzung hervorgingen, waren unter anderem Teil der Ausstellungen „Hölderlin und die Französische Revolution“ in Tübingen und „La liberté va conquérir le Monde“ in Belfort.

Den größten Anteil im Schaffen Herbert Goesers macht gerade in den späteren Jahren indes kirchlich gebundene Kunst aus. Im ganzen Südwesten hat er Sakralräume geprägt, die nach der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils umgestaltet wurden. Hier hat er, wie Joachim Sauter im Gespräch hervorhebt, stets sehr sensible, raumbezogene Lösungen gefunden. Lösungen die das Vorhandene respektvoll und klug mit aktuellen Ausdrucksformen und den neuen Anforderungen verbanden.
Davon zeugt in der Region beispielsweise die St. Mauritius-Kirche in Fluorn-Winzeln. Seit der 2001 abgeschlossenen Neugestaltung prägt Herbert Goeser deren Erscheinungsbild – wie auch bei zahlreichen anderen Gotteshäusern im Südwesten.
Info: Die Skulpturen in Oberndorf werden am 16. Mai 17.30 Uhr der Öffentlichkeit übergeben. Bürgermeister Matthias Winter wird die Gäste begrüßen, Regisseurin Edith Körber und Bildhauer Joachim Sauter werden das Werk Goesers erläutern.
Die Ausstellung in Harthausen (Schlossstr. 39) ist Samstag, 17. Mai von 14 bis 18 Uhr sowie am 18. Mai von 11 bis 15 Uhr geöffnet.