„Keiner trug eine Maske“

Für NRWZ.de+ Abonnenten: 

Er sei kein Rechter, er sei kein Nazi, er möchte aber, dass seine Beobachtung bekannt wird. Das schreibt uns ein Leser. Er habe eine „komplette Missachtung bestehender Gesetze und Regeln“ erlebt. Es geht um eine Gruppe Jugendlicher „arabischer Herkunft“, die der Mann beobachtet haben will, als sie per Zug in Rottweil angekommen ist. Keiner davon habe einen Mund-Nasen-Schutz getragen. Die NRWZ hat dazu die Bahn und den Freundeskreis Asyl befragt.

Am 15. Januar 2022 kam der IC aus Stuttgart mit 5 Minuten Verspätung um 14.47 Uhr am Bahnhof Rottweil an. So beginnt die Mail des Lesers. Dem Zug sei unter anderem „eine Gruppe von 18 Jugendlichen arabischer Herkunft“ entstiegen. Wobei der Leser glaubt, dass die NRWZ „allein diese wahrheitsgemäße Formulierung … mit Sicherheit (für) ein Kriterium“ hält, seinen Leserbrief nicht zu veröffentlichen. „Soviel zur Presse- und Meinungsfreiheit“, schreibt er schon in seiner ersten Mail. Nun, die NRWZ will seinen Leserbrief tatsächlich nicht einfach veröffentlichen, sondern in einen Kontext rücken. Hinterfragen. Soviel zur Pressefreiheit.

Zurück zu der aus dem Zug aussteigenden Gruppe: „Was alle miteinander gemeinsam hatten, war der Umstand, dass es in Zeiten der Pandemie keiner für nötig hielt, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Auch in den Händen hatte keiner einen dabei“, so die weiteren Beobachtungen des Lesers. Er halte das als unsolidarisch gegenüber der Gesellschaft, in der sie sich bewegen.

Im Übrigen hätte er nach seinen Angaben diesen Leserbrief genauso geschrieben, wenn es sich hierbei um deutsche Jugendliche gehandelt hätte. Aber: „Über die Spaziergänger wird pausenlos berichtet, wobei dieser Vorfall ebenso erwähnenswert ist. Es ist eine komplette Missachtung bestehender Gesetze und Regeln.“ Er selbst sei dreifach geimpft, kein „Spaziergänger“ gegen die Coronamaßnahmen, er wolle nur darauf aufmerksam machen, dass es Verstöße gegen Coronaauflagen und Gesetze nicht nur in Rottweils Innenstadt gibt, sondern auch auf der anderen Seite von Rottweil.“ Er sehe dieses Verhalten im Zug als Pendant zu den „Spaziergängern“ in Rottweil, und möchte „den Gegnern der Spaziergänger lediglich die andere Seite, die es ebenso gibt, und die ebenso ärgerlich ist, aufzeigen“.

„Nicht repräsentativ und reine Spekulation“

„Repräsentativ für eine gesamte Gruppe, für die arabische Bevölkerung in Deutschland ist das sicher nicht“, so Mathis Heidger vom Freundeskreis Asyl Rottweil. Ihn hat die NRWZ befragt, um mehr über die Hintergründe zu erfahren. In der arabischen – und ebenso in der syrischen und afrikanischen – Community, wie Heidger sie nennt, sei die Akzeptanz der Maske eigentlich weitverbreitet. Er habe eigens nachgefragt, es herrsche Einigkeit, dass Maske nun mal Pflicht sei. Auch die Impfbereitschaft sei „recht hoch bei den Geflüchteten.“ Die meisten erklärten, dass sie der Gesellschaft etwas schuldig seien, dass sie sich entsprechend auch anpassen würden an die Wünsche der Gesellschaft.

Was sich tatsächlich im Zug abgespielt habe, liege doch nun im Bereich der Spekulation. „Es wäre interessant gewesen, die jungen Leute direkt zu fragen“, nett und freundlich ins Gespräch zu gehen, so Heidger. Oder den Schaffner zu fragen. Dann hätten wir mehr über die Geschichte und ihre wirklichen Hintergründe erfahren. Außerdem: Nur, weil der NRWZ-Leser keine Masken gesehen habe, sei es ja nicht zwangsweise so, dass die jungen Leute keine Masken dabei gehabt hätten. Und ob sie tatsächlich der arabischen Community zugehörig seien. Auch das bliebe jetzt Spekulation.

Der Leser allerdings sieht es so: „Ich selbst würde mich in diesem Fall auch nicht mit dieser Anzahl Jugendlicher verbal anlegen. Das ist schon für zwei uniformierte Polizeibeamte sehr schwierig.“

Wie in allen Bevölkerungsgruppen gebe es auch unter den vom Freundeskreis betreuten Geflüchteten im Allgemeinen und in der arabischen Community im Besonderen „ganz unterschiedliche Beweggründe“, eine Maske zu tragen oder nicht. Nun diese Gruppierung in den Mittelpunkt zu zerren, hält Heidger daher für falsch. Es falle auf diese Weise unter den Tisch, wie gut sich viele integrierten, einen Job gefunden hätten, gegen den Fachkräftemangel arbeiteten.

In der Beratung durch den Freundeskreis Asyl würden die Hygienemaßnahmen zudem grundsätzlich eingehalten. „Da gilt 3G, vorzugsweise 2G, da herrschen Maske, Abstand, Plexiglas“, so Heidger. Ohnehin sei aktuell fast alles auf digital umgestellt.

„Geringe Zahl an Fällen“

Die NRWZ hakt auch bei der Deutschen Bahn nach. Wir wollen wissen, ob es häufiger passiert, dass eine Gruppe (arabisch aussehender) Jugendlicher auf die Maskenpflicht pfeift. Ein Bahnsprecher antwortet ganz allgemein: „Das Bedecken von Mund und Nase mit einem wirkungsvollen Schutz ist – durch wissenschaftliche Studien belegt – ein wichtiger Faktor in der Bekämpfung der Coronapandemie“, schreibt er. Reisende in Zügen und Bussen der Deutschen Bahn seien verpflichtet, Mund und Nase zu bedecken. „Das schreiben die gesetzlichen Regelungen gemäß den Landesverordnungen vor“.

Die Deutsche Bahn empfiehlt ihren Fahrgästen im Sinne des Gesundheitsschutzes das Tragen von FFP2-Masken.

„Sowohl unsere Mitarbeitenden als auch die Bundespolizei berichten, dass sich nach wie vor die große Mehrheit der Reisenden an die Maskenpflicht hält“, so der Bahnsprecher weiter. Würden Fahrgäste angesprochen, seien sie „fast ausnahmslos einsichtig und ziehen die Maske an beziehungsweise richtig an“. Sollten sich Fahrgäste nach einer wiederholten Aufforderung weigern, eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen, könne die Bahn das jedenfalls nicht akzeptieren und hinnehmen. In solchen Fällen käme es zu einem Beförderungsausschluss. „In Konfliktsituationen holen wir wie allgemein üblich die Bundespolizei hinzu, die das dann umsetzt, weil eine begründete Wiederholungsgefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorliegt“, so der Sprecher der Deutschen Bahn. Das sei aber nur eine geringe Zahl an Fällen.

Klar sei: Der Schutz der Gesundheit von Mitarbeitenden und Fahrgästen hat für die Bahn nach den Angaben des Sprechers oberste Priorität. „Wer sich schützt, schützt auch die anderen Mitreisenden.“ Von Anfang an habe das Unternehmen über die Maskenpflicht in Zügen, Bahnhöfen sowie in allen Medien (bahn.de, Bahn-App DB Navigator) informiert und an Fahrgäste appelliert, dies zum Schutz aller Kunden und DB-Mitarbeiter zu beachten. Neben der Einhaltung verbindlicher Verordnungen gehe es zudem darum, gegenseitige Rücksichtnahme zu leben und Verantwortung für die Gesundheit jedes Einzelnen und in der Gesamtbevölkerung zu empfinden.

Die gesamtgesellschaftliche Verantwortung aller hat die Bahn in Baden-Württemberg während Corona zum Beispiel mit prominenten Persönlichkeiten adressiert. Unter anderem hat in den DB-Zügen des Regionalverkehrs im Land und in der S-Bahn Stuttgart Ministerpräsident Winfried Kretschmann zeitweise mit Ansagen darauf aufmerksam gemacht.

Das interessiert diese Woche



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Er sei kein Rechter, er sei kein Nazi, er möchte aber, dass seine Beobachtung bekannt wird. Das schreibt uns ein Leser. Er habe eine „komplette Missachtung bestehender Gesetze und Regeln“ erlebt. Es geht um eine Gruppe Jugendlicher „arabischer Herkunft“, die der Mann beobachtet haben will, als sie per Zug in Rottweil angekommen ist. Keiner davon habe einen Mund-Nasen-Schutz getragen. Die NRWZ hat dazu die Bahn und den Freundeskreis Asyl befragt.

Am 15. Januar 2022 kam der IC aus Stuttgart mit 5 Minuten Verspätung um 14.47 Uhr am Bahnhof Rottweil an. So beginnt die Mail des Lesers. Dem Zug sei unter anderem „eine Gruppe von 18 Jugendlichen arabischer Herkunft“ entstiegen. Wobei der Leser glaubt, dass die NRWZ „allein diese wahrheitsgemäße Formulierung … mit Sicherheit (für) ein Kriterium“ hält, seinen Leserbrief nicht zu veröffentlichen. „Soviel zur Presse- und Meinungsfreiheit“, schreibt er schon in seiner ersten Mail. Nun, die NRWZ will seinen Leserbrief tatsächlich nicht einfach veröffentlichen, sondern in einen Kontext rücken. Hinterfragen. Soviel zur Pressefreiheit.

Zurück zu der aus dem Zug aussteigenden Gruppe: „Was alle miteinander gemeinsam hatten, war der Umstand, dass es in Zeiten der Pandemie keiner für nötig hielt, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Auch in den Händen hatte keiner einen dabei“, so die weiteren Beobachtungen des Lesers. Er halte das als unsolidarisch gegenüber der Gesellschaft, in der sie sich bewegen.

Im Übrigen hätte er nach seinen Angaben diesen Leserbrief genauso geschrieben, wenn es sich hierbei um deutsche Jugendliche gehandelt hätte. Aber: „Über die Spaziergänger wird pausenlos berichtet, wobei dieser Vorfall ebenso erwähnenswert ist. Es ist eine komplette Missachtung bestehender Gesetze und Regeln.“ Er selbst sei dreifach geimpft, kein „Spaziergänger“ gegen die Coronamaßnahmen, er wolle nur darauf aufmerksam machen, dass es Verstöße gegen Coronaauflagen und Gesetze nicht nur in Rottweils Innenstadt gibt, sondern auch auf der anderen Seite von Rottweil.“ Er sehe dieses Verhalten im Zug als Pendant zu den „Spaziergängern“ in Rottweil, und möchte „den Gegnern der Spaziergänger lediglich die andere Seite, die es ebenso gibt, und die ebenso ärgerlich ist, aufzeigen“.

„Nicht repräsentativ und reine Spekulation“

„Repräsentativ für eine gesamte Gruppe, für die arabische Bevölkerung in Deutschland ist das sicher nicht“, so Mathis Heidger vom Freundeskreis Asyl Rottweil. Ihn hat die NRWZ befragt, um mehr über die Hintergründe zu erfahren. In der arabischen – und ebenso in der syrischen und afrikanischen – Community, wie Heidger sie nennt, sei die Akzeptanz der Maske eigentlich weitverbreitet. Er habe eigens nachgefragt, es herrsche Einigkeit, dass Maske nun mal Pflicht sei. Auch die Impfbereitschaft sei „recht hoch bei den Geflüchteten.“ Die meisten erklärten, dass sie der Gesellschaft etwas schuldig seien, dass sie sich entsprechend auch anpassen würden an die Wünsche der Gesellschaft.

Was sich tatsächlich im Zug abgespielt habe, liege doch nun im Bereich der Spekulation. „Es wäre interessant gewesen, die jungen Leute direkt zu fragen“, nett und freundlich ins Gespräch zu gehen, so Heidger. Oder den Schaffner zu fragen. Dann hätten wir mehr über die Geschichte und ihre wirklichen Hintergründe erfahren. Außerdem: Nur, weil der NRWZ-Leser keine Masken gesehen habe, sei es ja nicht zwangsweise so, dass die jungen Leute keine Masken dabei gehabt hätten. Und ob sie tatsächlich der arabischen Community zugehörig seien. Auch das bliebe jetzt Spekulation.

Der Leser allerdings sieht es so: „Ich selbst würde mich in diesem Fall auch nicht mit dieser Anzahl Jugendlicher verbal anlegen. Das ist schon für zwei uniformierte Polizeibeamte sehr schwierig.“

Wie in allen Bevölkerungsgruppen gebe es auch unter den vom Freundeskreis betreuten Geflüchteten im Allgemeinen und in der arabischen Community im Besonderen „ganz unterschiedliche Beweggründe“, eine Maske zu tragen oder nicht. Nun diese Gruppierung in den Mittelpunkt zu zerren, hält Heidger daher für falsch. Es falle auf diese Weise unter den Tisch, wie gut sich viele integrierten, einen Job gefunden hätten, gegen den Fachkräftemangel arbeiteten.

In der Beratung durch den Freundeskreis Asyl würden die Hygienemaßnahmen zudem grundsätzlich eingehalten. „Da gilt 3G, vorzugsweise 2G, da herrschen Maske, Abstand, Plexiglas“, so Heidger. Ohnehin sei aktuell fast alles auf digital umgestellt.

„Geringe Zahl an Fällen“

Die NRWZ hakt auch bei der Deutschen Bahn nach. Wir wollen wissen, ob es häufiger passiert, dass eine Gruppe (arabisch aussehender) Jugendlicher auf die Maskenpflicht pfeift. Ein Bahnsprecher antwortet ganz allgemein: „Das Bedecken von Mund und Nase mit einem wirkungsvollen Schutz ist – durch wissenschaftliche Studien belegt – ein wichtiger Faktor in der Bekämpfung der Coronapandemie“, schreibt er. Reisende in Zügen und Bussen der Deutschen Bahn seien verpflichtet, Mund und Nase zu bedecken. „Das schreiben die gesetzlichen Regelungen gemäß den Landesverordnungen vor“.

Die Deutsche Bahn empfiehlt ihren Fahrgästen im Sinne des Gesundheitsschutzes das Tragen von FFP2-Masken.

„Sowohl unsere Mitarbeitenden als auch die Bundespolizei berichten, dass sich nach wie vor die große Mehrheit der Reisenden an die Maskenpflicht hält“, so der Bahnsprecher weiter. Würden Fahrgäste angesprochen, seien sie „fast ausnahmslos einsichtig und ziehen die Maske an beziehungsweise richtig an“. Sollten sich Fahrgäste nach einer wiederholten Aufforderung weigern, eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen, könne die Bahn das jedenfalls nicht akzeptieren und hinnehmen. In solchen Fällen käme es zu einem Beförderungsausschluss. „In Konfliktsituationen holen wir wie allgemein üblich die Bundespolizei hinzu, die das dann umsetzt, weil eine begründete Wiederholungsgefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorliegt“, so der Sprecher der Deutschen Bahn. Das sei aber nur eine geringe Zahl an Fällen.

Klar sei: Der Schutz der Gesundheit von Mitarbeitenden und Fahrgästen hat für die Bahn nach den Angaben des Sprechers oberste Priorität. „Wer sich schützt, schützt auch die anderen Mitreisenden.“ Von Anfang an habe das Unternehmen über die Maskenpflicht in Zügen, Bahnhöfen sowie in allen Medien (bahn.de, Bahn-App DB Navigator) informiert und an Fahrgäste appelliert, dies zum Schutz aller Kunden und DB-Mitarbeiter zu beachten. Neben der Einhaltung verbindlicher Verordnungen gehe es zudem darum, gegenseitige Rücksichtnahme zu leben und Verantwortung für die Gesundheit jedes Einzelnen und in der Gesamtbevölkerung zu empfinden.

Die gesamtgesellschaftliche Verantwortung aller hat die Bahn in Baden-Württemberg während Corona zum Beispiel mit prominenten Persönlichkeiten adressiert. Unter anderem hat in den DB-Zügen des Regionalverkehrs im Land und in der S-Bahn Stuttgart Ministerpräsident Winfried Kretschmann zeitweise mit Ansagen darauf aufmerksam gemacht.

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Peter Arnegger (gg)
Peter Arnegger (gg)https://www.nrwz.de
... ist seit gut 25 Jahren Journalist. Mehr über ihn hier.

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