„Große Fastnachtsumzüge in Baden-Württemberg wegen Corona abgesagt“, titelte der SWR am Morgen. Die großen Narrenverbände hätten am Mittwochabend entschieden, dass es keine Großveranstaltungen und somit auch keine Narrenumzüge geben werde, berichtet der Sender. Wie sieht das in der Narrenhochburg Rottweil aus – die nicht zu den Verbänden gehört? Zunftschreiber Prof. Frank Huber hat mehrere Antworten parat und eine schmerzliche Absage zu verkünden.
Einen Tag vor der Arbeitsgemeinschaft der Südwestdeutschen Narrenvereinigungen und -verbände in Bad Dürrheim tagte in Rottweil ganz unter sich die Narrenzunft. „Am Dienstag hatten wir die erste Ausschusssitzung nach dem Lockdown im Zunfthaus in der Hauptstraße 1“, berichtet Zunftschreiber Huber auf Nachfrage der NRWZ. Auch hier unter Corona-Bedingungen – das Hausmeisterteam habe die Zunftstube anders bestuhlt, insgesamt standen zwei Desinfektionsspender zur Verfügung, von denen Gebrauch gemacht werden musste, und beim Verlassen des Sitzplatzes war das Tragen eines Mund-Nasenschutzes Pflicht.
In dieser Situation wurden auch einige Entscheidungen getroffen – die wichtigste aber auf Januar vertagt. Der Reihe nach: „Nach einem Rückblick zu den zunftrelevanten Ereignissen seit März haben wir uns dem Thema Fasnet 2021 gewidmet“, so Huber. Das sei „sehr nüchtern, in jeglicher Hinsicht“ abgelaufen. So tauschten sich die anwesenden Mitglieder des Ausschusses und der Vorstandschaft auf drei Diskussionsebenen aus:
1. „Wir feiern alle zusammen“
„Nicht die Narrenzunft, sondern die ganze Stadt feiert Fasnet“, lautete die erste der Kernbotschaften. Die Rottweiler Fasnet sei für die Einheimischen ein Brauchtum, das als Identifikationsanker für das „Wir-Gefühl“ diene und das den gemeinschaftlichen Austausch über alle sozialen Schichten und Altersklassen festige, fasst Huber es zusammen. Die Narrenzunft biete hier durch die Organisation der Narrensprünge am Sonntag, Montag und Dienstag eine Plattform. „Diese Plattform muss aber von städtischer Seite genehmigt werden“, so der Zunftschreiber.
Das heißt: Die Narrenzunft braucht eine Gestattung für die Durchführung der Sprünge. Das bedeute aber auch, dass die Entscheidung der Zunft nicht unabhängig ist vom Gemeinwesen, insbesondere auch den städtischen Institutionen. „Da die Stadt für die Vergabe der Gestattung wiederum die Corona-Verordnung von Bund und Länder zu berücksichtigen hat, gelten diese Regeln auch für die Narrenzunft“, so Huber weiter.
Dazu habe sich die Narrenzunft in der Sitzung auch ausdrücklich bekannt. Würde die Stadt aufgrund der im Januar geltenden Corona-Verordnungen die Durchführung der Narrensprünge zulassen, wäre zu prüfen, ob die in der Gestattung formulierten Bedingungen zum Schutz vor Ansteckung seitens der Narrenzunft erfüllt werden können. „Aufgrund dessen wurde ein kontinuierlicher Informationsaustausch zwischen der Vorstandschaft der Narrenzunft und Oberbürgermeister Broß vereinbart“, so Huber. Ferner soll im Dezember dann noch ein persönliches Treffen zwischen den Parteien stattfinden.
2. „Wir brauchen zum Feiern Vorlauf“
Die Narrenzunft entscheidet über die Fasnet 2021 nicht allein – das führte zum nächsten Themenkomplex, der laut Huber zu erörtern gewesen sei. „Alle für die Durchführung der Sprünge relevanten Arbeitsbereiche, also von den Ansprechpartnern für die Kapellen, Reiter, Ordner, Bauhof, bis zum Ansprechpartner für den Druck der Sprungbändel, wurden um Auskunft über Vorlaufzeiten gebeten“, so der Narrenzunft-Sprecher. Die einzelnen Vorlaufzeiten seien dann in einem Prozessstrahl aneinander gefügt worden.
So wurde klar: Die Fasnet hat eine Vorlaufzeit von drei bis vier Wochen. Das heißt, im Falle der Fasnet 2021 müsse die Narrenzunft Mitte Januar die Entscheidung getroffen haben, ob eine Durchführung der Sprünge möglich ist. „So lange fliegen wir gewissermaßen auf Sicht und werden den Stand in Sachen Corona-Verordnungen von Bund und Ländern mit Argusaugen verfolgen“, sagt Huber.
3. „Wir feiern Fasnet nicht allein“
Unabhängig davon, wie die Entscheidung der Zunft im Januar ausfallen wird, wollen sich laut Huber bereits im November die Vorstandschaften der befreundeten Zünfte aus Elzach, Überlingen und Oberndorf in Rottweil treffen. „Wir haben zu diesem Gespräch eingeladen, um ein abgestimmtes Vorgehen im Viererbund zu diskutieren“, so Huber. Ungeschickt wäre es aus Sicht der Narrenzunft Rottweil, wenn etwa Überlingen und Oberndorf die Sprünge absagten und dann ein Fasnetstourismus nach Rottweil und Elzach aus diesen Städten in Gang gesetzt würde.
Zusammenfassend: „Eine Entscheidung ist also Stand Dienstag vertagt.“ Und „die Anstrengungen der Narrenzunft laufen darauf hinaus, nicht emotional eine vorschnelle Entscheidung zu treffen, sondern rational eine für alle betroffenen Personenkreise eine akzeptable Lösung zu finden“, erklärt Zunftschreiber Huber.
Eine Absage gab es allerdings dann „schweren Herzens“, wie er berichtet, doch noch. Der 2004 ins Leben gerufene Kindernachmittag findet kommendes Jahr zum ersten Mal nicht statt. „Die Narrenzunft will hier die Bemühungen der Rektoren an den Rottweiler Schulen nicht konterkarieren und würde auch die Veranstaltung nicht konform mit den Cororna-Verordnungen organisiert bekommen“, so der Zunftschreiber. Und er fügt an: „Verständlicherweise für alle Sitzungsteilnehmer eine Entscheidung, die ins Mark ging, liegt uns doch vor allem der Narrennachwuchs arg am Herzen.“