Zusammenspiel von Fusion und Konfusion

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Wie der Landkreis Rottweil feiert auch Villingen-Schwenningen derzeit 50jähriges Bestehen. Dabei mischt die Kunst kräftig mit. Sie erweitert das Sichtfeld dafür, was man unter „Fusionen“ verstehen kann. Mit dabei: der Rottweiler Künstler Fritz Rapp. Er erprobt mit Licht, was es heißt, wenn zwei Komponenten verschmelzen.

Allseits beliebt waren sie ja nicht, die Vereinigungen, die nun ein halbes Jahrhundert alt werden. Einerseits gab es Hoffnung auf Chancen und Fortschritt. Andererseits Ängste, im neuen größeren Ganzen Identitäten zu verlieren. Manche Befürchtung war überzogen, manche Erwartung freilich auch. Die Jubiläen, bei denen nun meist zufrieden zurückgeblickt wird, bieten jedenfalls eine gute Gelegenheit, auch darüber nachzudenken, wie man beim Zusammenwachsen zusammen wachsen kann – ohne sich dabei ganz zu verlieren.

Kunst öffnet dafür weiter gespannte Denkhorizonte als dies reine Zahlen-Bilanzen oder historische Einordnungen vermögen. Das erlebt man dieser Tage beim Gang durch die Städtische Galerie in der Schwenninger Ebertstraße. Dort ist zu entdecken, was 29 Kreativen zum Thema „Fusionen“ eingefallen ist – dem Motto der aktuellen Jahresausstellung des Kunstvereins der Doppelstadt.

Die gezeigten Bilder, plastische Arbeiten sowie Licht- und Klanginstallationen wurde von einer Jury aus 46 Vorschlägen ausgewählt. Mit von der Partie ist Fritz Rapp. Der Rottweiler Künstler, Jahrgang 1946, befragt das Thema mit einer für ihn typischen lichtexperimentellen Arbeit: klar und konzentriert im Konzept, subtil, gedankenstreng, zerbrechlich – und gerade in dieser Kombination sehr ausdrucksstark.

Im dunklen Keller der Galerie hat er ein flaches Wasserbecken aufgebaut, dessen Oberfläche davor installierte Linienlaser einen perfekten Spiegel bildet. Ein grüner und zwei rote Laser sind so ausgerichtet, dass sie – den Gesetzen der additiven Farbmischung folgend – auf der dahinter stehenden Projektionswand zu einem gelben Lichtstrich verschmelzen.

Allein das schon wäre eine sinnfällige Umsetzung des Themas „Fusionen“. Zumal Rot und Grün in der Symbolik der Doppelstadt für die beiden Teile stehen – „Was ich zuvor aber nicht gewusst habe“, wie Fritz Rapp im Gespräch mit der NRWZ lachend, aber glaubhaft berichtet.

Diese starre Basisanordnung ist ihm allerdings zu bieder und reizlos. Rapp bringt– ähnlich wie man es bei anderen seiner fragilen Lichtinstallationen schon gesehen hat – zusätzlich Bewegung in die Sache. Er lässt gelegentlich eine Winzigkeit Wasser ins Becken tropfen und bringt das wohlgeordnete, stabile System auf diese Weise gehörig durcheinander.

Erst gelben Lichtband fusioniert, dann dynamisch aufgebrochen, dann wieder im Gleichklang: Momentaufnahme der Lichtinstallation von Fritz Rapp.

Dieses Gewirbel, das an hektische Ausschläge eines seismischen Senors oder aktuell an aufflackernde Polarlichter denken lässt, verebbt freilich auch wieder. Aus Konfusion wird also wieder ausbalancierte Fusion – und umgekehrt.

Bei Fritz Rapp gelingt also beides: Eine Verbindung, die Neues schafft. Und gleichzeitig ist das Vorangegangene nicht verloren, sondern zeigt und erweist sich immer wieder als höchst lebendig. Zumindest in der Kunst gelingt dieses Sowohl-als-auch bemerkenswert elegant und sehenswert.

Info: Die Ausstellung „Fusionen“ in der Städtischen Galerie Villingen-Schwenningen (Friedrich-Ebert-Straße 35) ist nur noch bis 29. Januar zu sehen. Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags 13 bis 17 Uhr, donnerstags 13-20 Uhr.

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Wie der Landkreis Rottweil feiert auch Villingen-Schwenningen derzeit 50jähriges Bestehen. Dabei mischt die Kunst kräftig mit. Sie erweitert das Sichtfeld dafür, was man unter „Fusionen“ verstehen kann. Mit dabei: der Rottweiler Künstler Fritz Rapp. Er erprobt mit Licht, was es heißt, wenn zwei Komponenten verschmelzen.

Allseits beliebt waren sie ja nicht, die Vereinigungen, die nun ein halbes Jahrhundert alt werden. Einerseits gab es Hoffnung auf Chancen und Fortschritt. Andererseits Ängste, im neuen größeren Ganzen Identitäten zu verlieren. Manche Befürchtung war überzogen, manche Erwartung freilich auch. Die Jubiläen, bei denen nun meist zufrieden zurückgeblickt wird, bieten jedenfalls eine gute Gelegenheit, auch darüber nachzudenken, wie man beim Zusammenwachsen zusammen wachsen kann – ohne sich dabei ganz zu verlieren.

Kunst öffnet dafür weiter gespannte Denkhorizonte als dies reine Zahlen-Bilanzen oder historische Einordnungen vermögen. Das erlebt man dieser Tage beim Gang durch die Städtische Galerie in der Schwenninger Ebertstraße. Dort ist zu entdecken, was 29 Kreativen zum Thema „Fusionen“ eingefallen ist – dem Motto der aktuellen Jahresausstellung des Kunstvereins der Doppelstadt.

Die gezeigten Bilder, plastische Arbeiten sowie Licht- und Klanginstallationen wurde von einer Jury aus 46 Vorschlägen ausgewählt. Mit von der Partie ist Fritz Rapp. Der Rottweiler Künstler, Jahrgang 1946, befragt das Thema mit einer für ihn typischen lichtexperimentellen Arbeit: klar und konzentriert im Konzept, subtil, gedankenstreng, zerbrechlich – und gerade in dieser Kombination sehr ausdrucksstark.

Im dunklen Keller der Galerie hat er ein flaches Wasserbecken aufgebaut, dessen Oberfläche davor installierte Linienlaser einen perfekten Spiegel bildet. Ein grüner und zwei rote Laser sind so ausgerichtet, dass sie – den Gesetzen der additiven Farbmischung folgend – auf der dahinter stehenden Projektionswand zu einem gelben Lichtstrich verschmelzen.

Allein das schon wäre eine sinnfällige Umsetzung des Themas „Fusionen“. Zumal Rot und Grün in der Symbolik der Doppelstadt für die beiden Teile stehen – „Was ich zuvor aber nicht gewusst habe“, wie Fritz Rapp im Gespräch mit der NRWZ lachend, aber glaubhaft berichtet.

Diese starre Basisanordnung ist ihm allerdings zu bieder und reizlos. Rapp bringt– ähnlich wie man es bei anderen seiner fragilen Lichtinstallationen schon gesehen hat – zusätzlich Bewegung in die Sache. Er lässt gelegentlich eine Winzigkeit Wasser ins Becken tropfen und bringt das wohlgeordnete, stabile System auf diese Weise gehörig durcheinander.

Erst gelben Lichtband fusioniert, dann dynamisch aufgebrochen, dann wieder im Gleichklang: Momentaufnahme der Lichtinstallation von Fritz Rapp.

Dieses Gewirbel, das an hektische Ausschläge eines seismischen Senors oder aktuell an aufflackernde Polarlichter denken lässt, verebbt freilich auch wieder. Aus Konfusion wird also wieder ausbalancierte Fusion – und umgekehrt.

Bei Fritz Rapp gelingt also beides: Eine Verbindung, die Neues schafft. Und gleichzeitig ist das Vorangegangene nicht verloren, sondern zeigt und erweist sich immer wieder als höchst lebendig. Zumindest in der Kunst gelingt dieses Sowohl-als-auch bemerkenswert elegant und sehenswert.

Info: Die Ausstellung „Fusionen“ in der Städtischen Galerie Villingen-Schwenningen (Friedrich-Ebert-Straße 35) ist nur noch bis 29. Januar zu sehen. Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags 13 bis 17 Uhr, donnerstags 13-20 Uhr.

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