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„Cryptoqueen Ignatova: Es wird eng“, Veröffentlicht: Dienstag, 18. Mai 2021, 14.16 Uhr

Cryptoqueen Ignatova: Es wird eng

Der französischen Polizei ist bereits Ende April ein Mann ins Netz gegangen, der wohl am ehesten weiß, wo die Cryptoqueen Ruja Ignatova heute sein könnte: Frank Schneider. In Dubai habe die Polizei schon vor knapp einem Jahr Ermittlungen gegen sie eingestellt und ihre Konten wieder freigegeben, wie Anwalt Jonathan Levy berichtet. Nach der in Schramberg aufgewachsenen Ruja Ignatova wird im Zusammenhang mit einem riesigen Betrug um die angebliche Kryptowährung OneCoin weltweit gefahndet. Ihr Bruder und Nachfolger Konstantin befindet sich nach einem umfangreichen Geständnis und einem Deal mit der Staatsanwaltschaft seit Jahresanfang im Hausarrest im südlichen Distrikt von New York.

Die Zeitung Le Republicain Lorraine meldet am 30. April, Schneider, der Ex-Geheimdienstler aus Luxemburg, sei in Joudreville festgenommen worden. Joudreville ist etwa eine halbe Autostunde von Luxemburg entfernt. Das FBI und ein New Yorker Richter hätten nach ihm geforscht. Inzwischen sitze Schneider in Auslieferungshaft in Nancy.

Französische Medien berichten, Schneider habe in Joudreville in einem luxuriösen Anwesen mit seiner Familie gelebt.

Rujas Mann fürs Grobe

Schneider war Ignatovas Mann fürs Grobe. Er sorgte ab 2015 dafür, dass in Großbritannien Ermittlungen gegen OneCoin fallen gelassen wurden. Er soll bei der Geldwäsche geholfen haben, war für ihre Sicherheit zuständig und soll sie vor den FBI-Ermittlungen gewarnt haben. Schließlich, so hat es Konstantin Ignatov im Prozess gegen den OneCoin-Geldwäscher Mark Scott ausgesagt, habe Schneider „beste Verbindungen“ und „überall Informanten“.

In the beginning he was introduced to me as that he is in charge of Ruja’s online security but later on I learned that she got all her information about ongoing investigations from law enforcement and also that he’s one of her money launderers.    Konstantin Ignatov laut Gerichtsprotokoll vom 6. November 2019

Schneider habe seiner Schwester geraten, sich falsche Pässe in Kirgisistan zu besorgen. Solche hätten alle aus ihrem näheren Umfeld. Konstantin kaufte Ruja 2017 ein Flugticket nach Bishkek, der Hauptstadt Kirgisistans. Dort habe sie die Pässe besorgt, sagte er am 6. November 2019 in New York aus.

Auch Schneider findet Ruja nicht

Später berichtet Ignatov dem Gericht, Frank Schneider habe ihm erklärt, auch er werde in den US-Dokumenten erwähnt, aber nur sehr kurz, seine Rolle sei „unbedeutend“, habe Schneider versichert. Die US-Behörden ermittelten nicht gegen ihn. Ein Irrtum, wie  er im März 2019 feststellen musste.

In diesem New Yorker Gericht hat Konstantin Ignatov als Zeuge gegen Mark Scott ausgesagt. Foto: Lee

Schneiders Leute hätten auch die Wohnung unter Gilbert Armentas Appartment  gemietet, ein Loch durch die Decke gebohrt und Rujas Geliebten und Geschäftspartner abgehört. Ruja misstraute Gilbert. In einem seinerseits vom FBI abgehörten Telefonat nennt sie ihren Geliebten ein „rückgratloses A…“

Schließlich hat Ignatov laut seiner Aussage Schneider beauftragt, nach seiner Schwester zu suchen, nachdem diese im Oktober 2017 verschwunden war. Schneider sei ein paar Monate später im OneCoin-Gebäude in Sofia mit zwei Männern aufgetaucht. Einer der beiden sei ein ehemaliger Special-Forces-Mann gewesen, der sich auf das Entführen von Leuten verstanden habe. Doch die Suche nach Ruja sei erfolglos geblieben.

Wer ist Frank Schneider?

Schneider war im kleinen Luxemburger Geheimdienst der dritte  Mann in der Hierarchie. Er verließ allerdings den Dienst und gründete 2008 seine eigene Sicherheitsfirma Sandstone. Dass er nun so einfach festgenommen wurde, darüber wundern sich Kenner der OneCoin-Ermittlungen. Bei all dem, was Schneider wisse, sei seine Festnahme vielleicht noch wichtiger als die von Ruja. Später werde man sicherlich sagen, schreibt ein Kenner der Szene, Schneiders Festnahme sei wohl „eines der wichtigsten Ereignisse im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität und Korruption“ gewesen. Andere spekulieren, Schneider könne entweder frei gelassen werden und wieder untertauchen, oder man werde von einem „überraschenden Tod in der Haft“ erfahren.

Das „Luxemburger Wort“ berichtet, dass Schneider auch in einen Geheimdienst-Skandal in Luxemburg verwickelt sei. In erster Instanz war Schneider freigesprochen worden. Im Herbst soll die Revisionsverhandlung stattfinden. Die sei möglicherweise gefährdet, wenn Frankreich Schneider an die USA ausliefert.

 

Wo ist Ruja? In Dubai?

Unterdessen hat Rechtsanwalt Levy weitere Dokumente im Zusammenhang mit Ruja Ignatovas Verbindungen in Dubai veröffentlicht. Levy vertritt einige der OneCoin-Geschädigten und ist deshalb an Dokumente gekommen, die belegen sollen, dass Ruja in einem Staat im nahen Osten untergeschlüpft sei, der Terror unterstütze.

Schreiben aus Kuweit an die Polizei von Dubai

Levy legt dazu ein Schreiben des Kuwaitischen Innenministeriums vor. Dies sei dem Polizeichef von Dubai per Kurier zugestellt worden. Darin verdächtigen die Kuwaitischen Behörden Ignatova, sie unterstütze Terrororganisationen. OneCoin sei lediglich eine Tarnung, um Terrorismus zu finanzieren. In der englischen Übersetzung stünde dort: „Ignatova used accounts at Mashreq Bank to launder money for terrorist groups and made several bank transfers to Afghanistan, Pakistan, and Yemen, which included terrorist organizations.“ („Ignatova verwendete Konten bei der Mashreq Bank (in Dubai, die Redaktion) um Gelder für terroristische Gruppen zu waschen und machte mehrere Banküberweisungen nach Afghanistan Pakistan und Jemen, wobei auch Terrorgruppen dabei waren.“)

Dubai stellt Ermittlungen gegen Ignatova und Co ein – im Jahr 2020

Schließlich hat Levy eine Einstellungsverfügung der Polizei von Dubai vom Juni 2020 zu Ermittlungen gegen Ignatova, Karl Sebastian Greenwood und andere vorgelegt. Damals war Ruja bereits fast drei Jahre untergetaucht. Ihr Bruder Konstantin saß in US-Haft, genauso wie Greenwood, der zusammen mit Ignatova das OneCoin-Pyramidensystem erdacht haben soll.

Aus dem umfangreichen Dokument gehe hervor, dass  die Behörden in Dubai zwar die Vorwürfe der Geldwäsche untersucht hätten, sie seien aber zu Schluss gekommen, das Verfahren zu schließen, weil es keine Beweise für Geldwäsche durch Ruja Ignatova, Karl Sebastian Greenwood und die anderen Personen gebe. Die Gelder seien aus Hongkong nach Dubai geflossen und es habe keine Beschwerden dagegen gegeben. Auch die Kontensperren  würden aufgehoben.

Titelseite der Einstellungsverfügung der Polizei in Dubai

„No doubt well protected“

Levy schließt aus dieser Entscheidung der Behörden in Dubai, dass sich Ignatova mit großer Wahrscheinlichkeit in den Vereinigten Arabischen Emiraten aufhalte, wahrscheinlich in einem Teil, den die königliche Familie Al Qassimi kontrolliere. Sultan bin Mohamed al-Qassimi ist Herrscher des Emirats Schardscha und Mitglied des Obersten Rates der Vereinigten Arabischen Emirate.

Sein Sohn, so hatte es Levy berichtet, soll im Jahr 2015 Ruja 230.000 Bitcoins im Gegenzug für eine OneCoin-Firma in Dubai gezahlt haben. „Die Vereinigten Arabischen Emirate haben kein Auslieferungsabkommen mit den USA“, schreibt Levy, „und sie wird zweifelsohne gut geschützt.“ („UAE has no extradition treaty with the United States and she is no doubt well protected.”)

 

 

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