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Engagement für benachteiligte Kinder und Jugendliche

Erinnerung an Hannelore Wenter aus Schramberg zum 100. Geburtstag

Als Hannelore Wenter vor drei Jahren im hohen Alter von 96 Jahren in ihrer Heimatstadt Schramberg starb, erschien kein Nachruf auf sie – wohl ganz in ihrem Sinne, da sie einmal sagte: „Ich wirke lieber im Stillen.“ Zu ihrem 100. Geburtstag soll sie als eine der wenigen Frauen, die in Schramberg bisher das Bundesverdienstkreuz erhalten haben, mit einer nachgetragenen Lebensskizze in Erinnerung gerufen werden.

Schramberg. Mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes durch Bundespräsident Roman Herzog (1934 – 2017) – vor Ort vertreten durch Oberbürgermeister Dr. Herbert O. Zinell – am 17. Oktober 1997 im „Kulturzentrum Schloss“ wurde das beispielhafte Engagement einer Bürgerin für benachteiligte Kinder und Jugendliche gewürdigt.

Nach einer Berufstätigkeit von 1968 bis 1985 als Lehrkraft an der Wittumschule für Geistesbehinderte, für die Hannelore Wenter als „Frau der ersten Stunde“ Pionierarbeit geleistet hatte, stand sie von 1986 bis 1996 in ihrem Ruhestand an der Spitze des Fördervereins der Peter-Meyer-Schule. „Es ist das große Verdienst von Frau Wenter, zusammen mit anderen, ein Netz der sozialpädagogischen Betreuung der Schülerinnen und Schüler der Förderschule aufgebaut zu haben“, begründete Oberbürgermeister Zinell die hochrangige Ehrung in seiner Laudatio.

Verbunden mit Schramberg

Mit den Menschen ihrer Heimatstadt war Hannelore Wenter als Schrambergerin eng verbunden. Sie wurde am 19. Juni 1925 als zweites von fünf Kindern des Arztes Dr. Karl King (1894 – 1969) aus Schramberg und seiner ersten Ehefrau Maria Luise King, geborene Menne (1900 – 1938) in Munderkingen geboren. Bald darauf zog die Familie nach Schramberg, in der sich Dr. Karl King in seiner Heimatstadt als bekannter und beliebter Hausarzt niederließ und ein Praxis- und Wohnhaus baute (Burgweg 9).

Die Tochter Hildegard Wenter erlernte den Beruf der Kindergärtnerin („Hortnerin“). Erste Berufserfahrungen erwarb sie im Zweiten Weltkrieg in einem Betriebskindergarten in Ebingen und in der Nachkriegszeit im Betriebskinderheim der Uhrenfabrik Gebrüder Junghans im Werk H.A.U., wo sie mit der Betreuung von vierzehn verwaisten und verwahrlosten Jungen aus Berlin vor einer großen Herausforderung stand, die sie aber wie viele andere Herausforderungen in ihrem beruflichen und persönlichen Leben mit dem ihr eigenen Optimismus bewältigte.

Am 19. Juni 1950 heiratete sie Robert Wenter (1913 – 1967) aus Meran, Ingenieur bei Junghans. Der Ehe wurden zwei Töchter geschenkt. Das Familienglück währte aber nicht lange, da Robert Wenter im Alter von nur 54 Jahren nach langer, schwerer Krankheit starb.

Neustart mit 42

Die 42 Jahre alte Witwe richtete aber den Blick nach vorn und begann im Herbst 1967 zunächst als Lehrkraft für Handarbeiten an der Berneckschule und wurde im Sommer 1968 mit dem Aufbau einer „Sonderschule für Bildungsschwache“ in einem Raum des alten Krankenhauses beauftragt, einer der ersten Schulen für Geistesbehinderte in Baden-Württemberg, aus der sich im Lauf der Zeit die heutige Wittumschule in Trägerschaft des Landkreises Rottweil entwickelte.

„Frau Wenter hatte einen sehr guten Kontakt zu Schülern und Eltern. Sie versuchte auch immer, für bessere Schüler Kontakte zu anderen Schulen aufzubauen“, erinnert sich die langjährige Rektorin Adelheid Kurz an ihre dienstälteste Lehrkraft.

Betteln für den guten Zweck

Ihre große Berufs- und Lebenserfahrung kam dann nach ihrer Berufstätigkeit über ein Jahrzehnt dem 1980 gegründeten Förderverein der Peter-Meyer-Schule zugute, insbesondere dem Sammeln von Fördergeldern für den Aufbau der Ganztagesbetreuung „Treff 12“ und der Hausaufgabenbetreuung.

In ihrer Amtszeit bewegte der Förderverein schließlich pro Jahr über 400.000 DM an Fördergeldern. Die langjährige Kassierin Irmgard Braunschweiger (1938 – 2021) sagte dazu einmal: „Frau Wenter kann immer noch sehr hartnäckig für unseren Verein betteln.“ 1997 übergab sie ihr Amt an ihre Nachfolgerin Patricia Diethelm und wurde zur Ehrenvorsitzenden ernannt.

In ihren letzten Lebensjahren unterstützte Hildegard Wenter immer wieder das Stadtarchiv ihrer Heimatstadt, indem sie sich im Jahr 2015 an der Ausstellung „Mein Kriegsende – Zeitzeugen berichten“ zum 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges beteiligte und im Jahr 2017 der Übergabe des Nachlasses des Fotografen Wilhelm Weiss (1893 – 1974) durch ihre Cousine Hildegard Schuster (1931 – 2023) in Staufen-Grunern nach Schramberg den Weg bereitete.

Am 29. Mai 2022 starb die engagierte und verdiente Schrambergerin kurz vor ihrem 97. Geburtstag, die in ihrer Heimatstadt in guter Erinnerung geblieben ist.




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