Hundewegnahme mit teurem Nachspiel für die Stadt Schramberg
Städtische Aktion im Meierhof / Tierheimaufenthalt kostete mehr als 6000 Euro / Verwaltungsgericht verurteilt Stadt

Das Halten von Hunden in Obdachlosenunterkünften ist ein Problem. Darüber hat der Verwaltungsausschuss ausführlich diskutiert, weil die Stadt die bisherige „Satzung über die Nutzung von Wohnungen für besondere Bedarfsgruppe“ ändern möchte (wir haben berichtet).
Schramberg. In der Sitzung berichtete Fachbereichsleiter Matthias Rehfuß von einem Fall. Da habe die Stadt zwei bissige Hunde in einer städtischen Unterkunft beschlagnahmen wollen. Das Verwaltungsgericht habe „in einem konkreten Fall entschieden, dass eine Untersagung der Hundehaltung auf Basis der früheren Satzung nicht möglich sei, da die bisherige Regelung zu unkonkret gefasst sei“, wie Rehfuß in der Vorlage erläutert.
Teure Geschichte
Wie die NRWZ herausgefunden hat, ist die Geschichte für die Stadt richtig teuer geworden – und sie wäre wohl vermeidbar gewesen, wenn stimmt, was der Anwalt der Hundehalterin, Mathias Hörnisch, berichtet.
Es sei richtig, dass seine Mandantin nach einem Gerichtsverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung eine Auflage erhalten habe. In einem weiteren Verfahren erteilte die Verwaltung ein Haltungsverbot. Ihre Hunde hatten zuvor einen anderen Bewohner gebissen.
Laut Anwalt Hörnisch war allerdings das damalige Beiß-Opfer zum Prozesstermin nicht erschienen. Er soll zuvor heftig an der Tür der Frau getrommelt haben. Auch habe er laut der damaligen Halterin ein Messer bei sich gehabt. Bei anderer Gelegenheit soll er Feuerwerkskörper nach den Hunden geworfen haben.
Neuer Halter zahlte Hundesteuer
Seine Mandantin, die in einer städtischen Unterkunft wohnt, habe die beiden Hunde daraufhin einem anderen Bewohner übergeben. Gegen diesen liegt kein Haltungsverbot vor.
Darüber hätten die Frau und der neue Halter die Stadt informiert. Der neue Halter habe eine neue Hundesteuermarke erhalten, aber auch die bisherige Halterin. Aufgrund der fortlaufenden Nummerierung sei zu erkennen, dass diese erst dann erteilt worden seien, nachdem der neue Halter der Hunde bei der Stadt angemeldet hatte, wundert sich der Anwalt. Drei Sachbearbeiter seien in dem Verfahren beim Verwaltungsgericht beschäftigt gewesen und hätten Schriftsätze ans Verwaltungsgericht formuliert.
Großaktion im Meierhof
Anlass für das Verfahren: Im Mai 2024 gab es eine Großaktion. Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Hundeführer und Ordnungsamt seien angerückt, um die zwei Hunde aus dem Meierhof abzuholen, berichtete die ursprüngliche Hundehalterin dem Anwalt am Telefon.
„Die Hunde waren in der Wohnung des neuen Halters “, versichert Hörnisch, „die Beamten und Mitarbeiter haben aber immer nur mit der Vorbesitzerin geredet.“
Die Mitarbeiter hätten die Hunde schließlich mitgenommen und in ein Tierheim in Tübingen gebracht. Er habe von seiner Mandantin von der Aktion erfahren und sofort bei der Stadt angerufen, um den Fehler aufzuklären. Eben dass die Tiere ja nicht mehr von seiner Mandantin, sondern von einer anderen Person gehalten würden. Doch bei der Stadt habe sich jemand gemeldet, der offenbar nicht zuständig war.
Ein versprochener Rückruf von einer zuständigen Person sei aber nie erfolgt. Die betreffende Mitarbeiterin sei zum Zeitpunkt von Hörnischs Anruf gerade mit den Tieren auf dem Weg ins Tübinger Tierheim gewesen. „Ich habe nie einen Anruf von der Stadt in der Sache bekommen.“
Ein Anruf hätte tausende Euros erspart
Ein Versäumnis „mit fatalen Folgen“, wie der Anwalt sagt. Denn die beiden Hunde waren vom 7. Mai bis zum 18. Oktober 2024 im Tierheim in Tübingen auf städtische Kosten untergebracht. Tagessatz je Hund 19 Euro, macht bei zwei Hunden und 164 Tagen, summa summarum 6.396 Euro, wie Hörnisch ausgerechnet hat. Dazu kamen die Transportkosten von Schramberg nach Tübingen und zurück und die Kosten für die unrechtmäßige Wegnahmeaktion. Außerdem natürlich die Anwalts- und Gerichtskosten.
Hätte die Stadtverwaltung gleich die Halterfrage geklärt, hätten die Hunde gar nicht erst nach Tübingen gebracht werden müssen, sondern beim Halter verbleiben können, so der Anwalt.
Verwaltungsgericht kritisiert Stadtverwaltung
Das Verwaltungsgericht habe in seinem Beschluss nicht nur moniert, dass die städtische Satzung nicht präzise genug sei, berichtet der Rechtsanwalt. Vielmehr bemängle das Gericht, dass die Stadt der ursprünglichen Hundehalterin nicht zunächst Auflagen wie Leinen- und Maulkorbzwang gemacht oder die Hunde als gefährlich eingestuft habe. Das wären Maßnahmen, um der Gefährlichkeit der Hunde zu begegnen.
Die Stadt habe vielmehr ein Haltungsverbot erlassen, weil nach deren Ansicht die Halterin nicht ausreichend geeignet sei, Hunde zu halten. Ein solches Haltungsverbot bestand aber nicht gegen den neuen Halter. In der Zeit, in der dieser die beiden Hunde gehalten habe, sei es auch zu keinen weiteren Vorfällen gekommen.
Stellungnahme der Stadt: Acht Fragen, eine Antwort
Die NRWZ hat der Stadtverwaltung einen umfangreichen Fragenkatalog zu diesem Vorfall vorgelegt, um sich die Angaben von Anwalt Hörnisch entweder bestätigen oder richtig stellen zu lassen. Bis auf eine Frage (siehe unten) allerdings hat die Stadtverwaltung diese nicht beantwortet. Zu sieben Fragen heißt es: “Informationen zu konkreten Fällen können aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht weitergegeben werden.“
Der gute, alte Datenschutz….
Wir wollten beispielsweise wissen, ob sich die Hunde bei der Wegnahme wirklich in der Wohnung des neuen Halters befanden oder ob tatsächlich der neue Halter die Hundesteuer für die beiden Tiere bezahlt hat. Ebenfalls unbeantwortet bleibt die Frage, ob die Stadt tatsächlich mit Anwalt Hörnisch in dieser Sache nicht gesprochen hat.
Welche datenschutzrechtlichen Gründe dagegen sprechen sollen, die Frage zu beantworten, ob die Stadt tatsächlich für die Unterbringung der beiden Hunde im Tierheim Tübingen mehr als 6000 Euro bezahlt hat, bleibt schleierhaft.
Die eine Antwort
Die einzige Antwort, die die Stadt gegeben hat, war auf die Frage, ob es zutrifft, „dass die Stadt Schramberg gegenüber der Hundehalterin ein Haltungsverbot erlassen hat, nicht aber zu den Hunden Auflagen wie Maulkorb- und Leinenzwang angeordnet hat?“
Die Antwort im Wortlaut: „Auflagen wie Maulkorb- und Leinenzwang können nicht separat angeordnet werden; bzw. nur unter engen Grenzen. Der Verordnungsgeber hat die Polizeiverordnung zum Halten gefährlicher Hunde erlassen (https://im.baden-wuerttemberg.de/de/sicherheit/polizei/praevention/kampfhundeverordnung/). Dort ist geregelt, dass Hunde, die bissig sind, als gefährlich eingestuft werden können (Ermessensentscheidung; Ermächtigungsgrundlage: §§ 3, 1 PolG i.V.m. 2 PolVOgH). Exkulpationsmöglichkeiten liegen vor bei einem Angriff auf den Hund / Halter, der Verteidigung des Reviers oder des Fressens. Wenn eine Einstufung als gefährlicher Hund vorgenommen wurde, gehen mit dieser automatisch gesetzlich normierten Halterpflichten gemäß § 4 PolVOgH einher. Das bedeutet, dass diese nicht separat angeordnet werden (müssen bzw. dürfen), sondern dass diese Kraft Gesetz gelten. Bitte in diesem Zuge (sofern Bedarf besteht) auch die Verwaltungsvorschrift PolVOgH beachten.“