Wolfram-Mangel belastet Simon in Aichhalden

Lieferbeschränkungen aus China drücken auf die Produktion / Recycling als Alternative

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Die Zoll-Politik von US-Präsident Donald Trump hat die Weltwirtschaft in große Turbulenzen versetzt. Auf seine Politik hat China mit strikten Ausfuhrbeschränkungen für bestimmte Rohstoffe reagiert.

Aichhalden. Davon betroffen sind auch wichtige Unternehmen in unserer Region. Die Simon Group in Aichhalden sei deshalb „mit hohen Unsicherheiten konfrontiert“, so Geschäftsführer Tobias Hilgert. Die NRWZ hat Hilgert dazu befragt.

NRWZ: Herr Hilgert, inwiefern ist Ihr Unternehmen denn von den chinesischen Maßnahmen betroffen?

Tobias Hilgert: Die Simon Group bezieht größere Mengen wolframhaltiger Vorprodukte aus China. China hat im Februar 2025 die Exportkontrolle über die Ausfuhr von Wolfram und Wolframverbindungen ausgeweitet und einen umfangreichen Genehmigungsprozess in Kraft gesetzt. Seitdem wurden weltweit nur geringe Mengen freigegeben.

Damit wird die Produktion bei Ihnen nicht mehr planbar?

Aufgrund aktueller Entwicklungen ist die benötigte Zeit bis zur Erteilung der Ausfuhrgenehmigung nicht mehr vorhersehbar, und es ist unklar, ob die Genehmigungen überhaupt im benötigten Umfang erteilt werden. So kommt es bereits zu erheblichen Lieferverzögerungen.

Simon-Geschäftsführer Tobias Hilgert bei einem KI-Workshop. Foto: him

Was sind die konkreten Folgen für das Werk in Aichhalden?

Trotz eines sofort eingeleiteten umfangreichen Maßnahmenpakets besteht das konkrete Risiko, dass im zweiten Halbjahr 2025 durch die Versorgungsprobleme Umsätze bei der Simon-Gruppe nicht realisiert werden können. Es ist jedoch auch nicht auszuschließen, dass die Versorgung im Laufe des Jahres wieder gesichert werden kann.

Gäbe es zum Lieferanten China bei Wolfram Alternativen?

Nach den öffentlich verfügbaren Quellen kommen rund 85 Prozent des in der Welt aktuell geförderten Wolframs aus China. Weitere Vorkommen gibt es in Russland, Vietnam und auch in Europa. Weltweit gesehen besteht strategisch keine Wolframknappheit mit Blick auf die Vorkommen an sich, so dass die Versorgungsknappheit für den europäischen Markt mittel- bis langfristig lösbar erscheint. Jedoch liegt in China das Wolfram mit hoher Konzentration. Je geringer die Konzentration im Gestein, desto aufwändiger und damit kostenintensiver ist der Abbau.

Warum ist Wolfram denn so wichtig?

Wolfram hat durch seine speziellen Eigenschaften (Dichte, Härte, Schmelzpunkt > 3400 Grad) eine hohe strategische Bedeutung für eine Vielzahl von Schlüsselindustrien. Darunter Automotive, Luft- und Raumfahrt, High-Tech, Produkte für die Energiewende oder für den Maschinen- und Anlagenbau. Es wird unter anderem in der Herstellung von Halbleitern, Raketenantrieben, Schutzausrüstungen und in der Rüstungsindustrie beispielsweise für Geschosskerne eingesetzt sowie in einer Vielzahl von industriellen Anwendungen wie Bohrer oder Schneidwerkzeuge.

Wie sehr ist die Simon-Group von diesen Lieferungen abhängig?

Für die Simon Group ist Wolfram ein essenzieller Rohstoff zur Herstellung des Hartmetalls, das in Produkten der Tochter BETEK verarbeitet wird. Die Simon Group ist weltweit ein sehr großer Verarbeiter von Wolfram, da große Mengen in die Produktion der Produkte für den Straßenbau, die Landwirtschaft, den Bergbau und so weiter fließen.

Steht jetzt alles still bei Ihnen ohne Wolfram?

Nein. Wir bekommen auch aktuell die Ausfuhr einzelner Materiallieferungen aus China genehmigt – allerdings mit großer Verzögerung und in sehr geringen Mengen.

 Wie geht die Belegschaft mit der Lage um?

Wir arbeiten mit unserem gesamten Team an den Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgungslage. Unsere Mitarbeitenden zeigen hier sehr hohen Einsatz und auch Kreativität, in neuen Wegen zu denken, wofür wir sehr dankbar sind.

Wie wollen Sie die Materiallieferschwierigkeiten kompensieren?

Wir arbeiten parallel an einer Vielzahl von Maßnahmen. Wir befassen uns schon seit vielen Jahren auch im Sinne der Kreislaufwirtschaft mit dem Recycling von Wolframcarbid aus benutzten Produkten. Wir haben eine eigene Hartmetallrecycling-Technologie entwickelt und industrialisiert. Das kommt uns jetzt zugute. Hier werden wir unsere Kapazitäten durch zusätzliche Investitionen kurzfristig erhöhen und unsere Recyclingkapazität mehr als verdoppeln.

Und sonst?

Wir sind in intensivem Gespräch mit unseren europäischen Lieferanten, die ihrerseits mit Hochdruck an der Schaffung alternativer Lieferquellen arbeiten.

Denken Sie auch an Kurzarbeit?

Kurzarbeit ist eine Option, wenn sich an der aktuellen Situation nichts ändert.

Inzwischen scheint sich ja im Zollstreit zwischen den USA und China eine Entspannung abzuzeichnen. Haben Sie Signale aus China, dass auch die Wolframexporte wieder anlaufen könnten?

Prinzipiell ist es möglich, dass die Versorgung im Laufe des Jahres wieder gesichert werden kann. Nach unserem aktuellen Kenntnisstand ist mit einer Beschleunigung der Genehmigungsprozesse für Materialausfuhren aus China aber kurzfristig noch nicht zu rechnen.

Die Fragen stellte Martin Himmelheber




NRWZ-Redaktion Schramberg

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