Vernunftehe hält

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Schramberg – Am Sonntag feierten Waldmössingen und die Stadt die Eingemeindung Waldmössingens vor 50 Jahren und gleichzeitig die Ernennung Schrambergs zur Großen Kreisstadt. In der Kastellhalle hieß Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr die zahlreiche Gäste willkommen.

Unter ihnen der FDP-Landtagsabgeordnete Daniel Karrais, Landrat Wolf Rüdiger Michel und Ehrenbürger Herbert O. Zinell. Auch der frühere Waldmössinger Bürgermeister Egbert Zäh und drei ehemalige Ortsvorsteherinnen und Ortsvorsteher waren  anwesend: Franz Moser, Berthold Kammerer und Claudia Schmid. Zur Begrüßung hatte der Schützenverein geböllert. Das Akkordeonorchester begleitete den Festakt musikalisch.

70 Prozent für Schramberg

Eisenlohr erinnerte an die Abstimmung zur Eingemeindung 1971. Damals hätten sich 70 Prozent für das Zusammengehen mit Schramberg entschieden. Am 1. Dezember 1971 dann habe der Gemeinderat die Eingemeindung vollzogen, die am 1. Januar 1972 in Kraft trat.

Die Eingemeindung sei für die Waldmössingerinnen und Waldmössinger „ein einschneidendes Ereignis“, gewesen so Eisenlohr. Für sie habe sich viel geändert „Aus dem Gemeinderat wird ein Ortschaftsrat, das Rathaus wird zur Ortsverwaltung, und der Bürgermeister, lieber Herr Zäh, braucht eine neue Aufgabe.“

Die Menschen habe die Frage beschäftigt, ob sie in der Einheit Schramberg untergehen oder gar „untergebuttert“ werden. „Meine Wahrnehmung ist, dass Waldmössingen heute sehr gut dasteht.“

Picobello

Waldmössingen habe eine „tolle Dorfgemeinschaft, viele lebendige Vereine, schöne Plätze zum Wohnen und viel Freizeitqualität.

Eisenlohr erwähnte den eigenen Bauhof, der das Dorf „picobello“ in Ordnung halte. Waldmössingen habe wieder  einen eigenen Metzger  mitdem „Franz“und „bald“ mit Norma einen Supermarkt am Ort. Die Ärzteversorgung sei gut. Der Ort verfüge über eine Industrie, die sich „unglaublich stark entwickelt“ habe.

Die Oberbürgermeisterin wies auf eine Ausstellung des Heimatpflegefördervereins hin. Sie zeigt einen Rückblick auf die vergangenen 50 Jahre.

Der große Rahmen

In seinem Festvortrag stellte Stadtarchivar Carsten Kohlmann die gemeinsame Geschichte der beiden Kommunen dar. Kohlmann ist bekanntlich drei Tage nach der Eingemeindung in Schramberg zur Welt gekommen und damit der erste Bürger der „Großen Kreisstadt“, wie er gerne betont.

Er hat die damalige Eingemeindung in einen größeren bundesdeutschen, ja internationalen Rahmen gestellt. Die Eingemeindung damals sei „keine Liebesheirat, sondern eine Vernunftehe“ gewesen.

Ortsvorsteher Rainer Ulrich nannte Waldmössingen einen „Joker im Spiel der Großen Kreisstadt“.

Es tat und tut sich viel

Eisenlohr zählte danach die Zukunftsprojekte für Waldmössingen auf. Wie zwei Tage zuvor beim Sommerempfang der Stadt hatte sich auch in Waldmössingen eine lange Liste mit Bauvorhaben, Kindergartenum- und Neubauten, Schulsanierungen, Bebauungsplänen und Baulückenbörse zusammengestellt.

Die Stadt finanziere die Sanierung und Erweiterung unddes Kindergartens St. Josef mit etwa 3,5 Millionen Euro zu  80 beziehungsweise 100 Prozent, betont die Oberbürgermeisterin.

Zugleich entstehe im Gewerbegebiet eine betrieblich unterstützte Kinderbetreuung (Beki). Das werde „den Wirtschafts- und Arbeitsstandort Waldmössingen noch attraktiver machen“, war Eisenlohr überzeugt.

Tempo 30 umstritten

Für einige Unruhe im Publikum sorgte ihre Ankündigung, dass auf der Seedorfer Straße Tempo 30 eingeführt werde. Das stehe im Zusammenhang mit dem Gewerbegebiet Webertal III. Und zwar, weil bei der Lärmmessung für den Bebauungsplan sich herausgestellt habe, „dass es überall entlang der Seedorfer Straße zu laut ist“.

Der Einbau von Lärmschutzfenstern oder das Auftragen von Flüsterasphalt wären zwar auch möglich. „Aber die Tempo-30-Zone ist schlicht und einfach am günstigsten, und am schnellsten dazu.“ Das Regierungspräsidium werde das festsetzen.

„Trotz der mitunter hitzigen Diskussion hoffe ich, dass die Anwohnerinnen und Anwohner das Tempolimit am Ende des Tages als entlastend wahrnehmen werden“, fügte sie an. Wegen der hohen Nachfrage arbeite die Stadt außerdem an einer weiteren Gebietserweiterung im Webertal und im angrenzenden Interkommunalen Gewerbegebiet.

Sie erwähnte die neue Seniorenresidenz, das bis Jahresende in Betrieb gehen soll. Für das Weiherwasengelände möchte die Stadt ein Gesamtkonzept erarbeiten und das Parkierungschaos in den Griff kriegen.

Blick in die Kastellhalle. Foto: privat

„Einfach so“ miteinander reden

Mit einem neuen Konzept zur Bürgerbeteiligung überraschte Eisenlohr die Besucherinnen und Besucher: Sie möchte „alle zwei Jahre im Sommer“ mit der Stadtverwaltung und dem Gemeinderat „einfach so“, ohne konkreten Anlass, in die Stadtteile kommen.

Nach dem Auftakt kürzlich in Heiligenbronn sei der nächste Termin „einfach so“ für den 21. September in Sulgen geplant. Sie werde mit diesem Format auch nach Waldmössingen kommen, versprach Eisenlohr.

Nach den Reden konnten sich die Besucherinnen und Besucher noch an der Musik des Musikvereins Waldmössingen vor der Halle erfreuen. Im nahegelegenen Kastell war zum ersten Mal die neue Impulsausstellung zu sehen.

Nachbau des Römerkastells in Waldmössingen. Foto: Stadt Schramberg

Sie entstand in Kooperation mit dem Archäologischen Landesmuseum und dem Landesamt für Denkmalpflege. „Im Mittelpunkt steht ein 2000 Jahre altes Fluchtäfelchen, das beweist, dass die Menschen auch damals schon gerne ihrem Frust schriftlich Ausdruck verliehen“, erläuterte Eisenlohr,  und das „völlig ohne die Sozialen Medien!“

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Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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Schramberg – Am Sonntag feierten Waldmössingen und die Stadt die Eingemeindung Waldmössingens vor 50 Jahren und gleichzeitig die Ernennung Schrambergs zur Großen Kreisstadt. In der Kastellhalle hieß Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr die zahlreiche Gäste willkommen.

Unter ihnen der FDP-Landtagsabgeordnete Daniel Karrais, Landrat Wolf Rüdiger Michel und Ehrenbürger Herbert O. Zinell. Auch der frühere Waldmössinger Bürgermeister Egbert Zäh und drei ehemalige Ortsvorsteherinnen und Ortsvorsteher waren  anwesend: Franz Moser, Berthold Kammerer und Claudia Schmid. Zur Begrüßung hatte der Schützenverein geböllert. Das Akkordeonorchester begleitete den Festakt musikalisch.

70 Prozent für Schramberg

Eisenlohr erinnerte an die Abstimmung zur Eingemeindung 1971. Damals hätten sich 70 Prozent für das Zusammengehen mit Schramberg entschieden. Am 1. Dezember 1971 dann habe der Gemeinderat die Eingemeindung vollzogen, die am 1. Januar 1972 in Kraft trat.

Die Eingemeindung sei für die Waldmössingerinnen und Waldmössinger „ein einschneidendes Ereignis“, gewesen so Eisenlohr. Für sie habe sich viel geändert „Aus dem Gemeinderat wird ein Ortschaftsrat, das Rathaus wird zur Ortsverwaltung, und der Bürgermeister, lieber Herr Zäh, braucht eine neue Aufgabe.“

Die Menschen habe die Frage beschäftigt, ob sie in der Einheit Schramberg untergehen oder gar „untergebuttert“ werden. „Meine Wahrnehmung ist, dass Waldmössingen heute sehr gut dasteht.“

Picobello

Waldmössingen habe eine „tolle Dorfgemeinschaft, viele lebendige Vereine, schöne Plätze zum Wohnen und viel Freizeitqualität.

Eisenlohr erwähnte den eigenen Bauhof, der das Dorf „picobello“ in Ordnung halte. Waldmössingen habe wieder  einen eigenen Metzger  mitdem „Franz“und „bald“ mit Norma einen Supermarkt am Ort. Die Ärzteversorgung sei gut. Der Ort verfüge über eine Industrie, die sich „unglaublich stark entwickelt“ habe.

Die Oberbürgermeisterin wies auf eine Ausstellung des Heimatpflegefördervereins hin. Sie zeigt einen Rückblick auf die vergangenen 50 Jahre.

Der große Rahmen

In seinem Festvortrag stellte Stadtarchivar Carsten Kohlmann die gemeinsame Geschichte der beiden Kommunen dar. Kohlmann ist bekanntlich drei Tage nach der Eingemeindung in Schramberg zur Welt gekommen und damit der erste Bürger der „Großen Kreisstadt“, wie er gerne betont.

Er hat die damalige Eingemeindung in einen größeren bundesdeutschen, ja internationalen Rahmen gestellt. Die Eingemeindung damals sei „keine Liebesheirat, sondern eine Vernunftehe“ gewesen.

Ortsvorsteher Rainer Ulrich nannte Waldmössingen einen „Joker im Spiel der Großen Kreisstadt“.

Es tat und tut sich viel

Eisenlohr zählte danach die Zukunftsprojekte für Waldmössingen auf. Wie zwei Tage zuvor beim Sommerempfang der Stadt hatte sich auch in Waldmössingen eine lange Liste mit Bauvorhaben, Kindergartenum- und Neubauten, Schulsanierungen, Bebauungsplänen und Baulückenbörse zusammengestellt.

Die Stadt finanziere die Sanierung und Erweiterung unddes Kindergartens St. Josef mit etwa 3,5 Millionen Euro zu  80 beziehungsweise 100 Prozent, betont die Oberbürgermeisterin.

Zugleich entstehe im Gewerbegebiet eine betrieblich unterstützte Kinderbetreuung (Beki). Das werde „den Wirtschafts- und Arbeitsstandort Waldmössingen noch attraktiver machen“, war Eisenlohr überzeugt.

Tempo 30 umstritten

Für einige Unruhe im Publikum sorgte ihre Ankündigung, dass auf der Seedorfer Straße Tempo 30 eingeführt werde. Das stehe im Zusammenhang mit dem Gewerbegebiet Webertal III. Und zwar, weil bei der Lärmmessung für den Bebauungsplan sich herausgestellt habe, „dass es überall entlang der Seedorfer Straße zu laut ist“.

Der Einbau von Lärmschutzfenstern oder das Auftragen von Flüsterasphalt wären zwar auch möglich. „Aber die Tempo-30-Zone ist schlicht und einfach am günstigsten, und am schnellsten dazu.“ Das Regierungspräsidium werde das festsetzen.

„Trotz der mitunter hitzigen Diskussion hoffe ich, dass die Anwohnerinnen und Anwohner das Tempolimit am Ende des Tages als entlastend wahrnehmen werden“, fügte sie an. Wegen der hohen Nachfrage arbeite die Stadt außerdem an einer weiteren Gebietserweiterung im Webertal und im angrenzenden Interkommunalen Gewerbegebiet.

Sie erwähnte die neue Seniorenresidenz, das bis Jahresende in Betrieb gehen soll. Für das Weiherwasengelände möchte die Stadt ein Gesamtkonzept erarbeiten und das Parkierungschaos in den Griff kriegen.

Blick in die Kastellhalle. Foto: privat

„Einfach so“ miteinander reden

Mit einem neuen Konzept zur Bürgerbeteiligung überraschte Eisenlohr die Besucherinnen und Besucher: Sie möchte „alle zwei Jahre im Sommer“ mit der Stadtverwaltung und dem Gemeinderat „einfach so“, ohne konkreten Anlass, in die Stadtteile kommen.

Nach dem Auftakt kürzlich in Heiligenbronn sei der nächste Termin „einfach so“ für den 21. September in Sulgen geplant. Sie werde mit diesem Format auch nach Waldmössingen kommen, versprach Eisenlohr.

Nach den Reden konnten sich die Besucherinnen und Besucher noch an der Musik des Musikvereins Waldmössingen vor der Halle erfreuen. Im nahegelegenen Kastell war zum ersten Mal die neue Impulsausstellung zu sehen.

Nachbau des Römerkastells in Waldmössingen. Foto: Stadt Schramberg

Sie entstand in Kooperation mit dem Archäologischen Landesmuseum und dem Landesamt für Denkmalpflege. „Im Mittelpunkt steht ein 2000 Jahre altes Fluchtäfelchen, das beweist, dass die Menschen auch damals schon gerne ihrem Frust schriftlich Ausdruck verliehen“, erläuterte Eisenlohr,  und das „völlig ohne die Sozialen Medien!“

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