Waldmössinger Bürgerfragen zum alten Pfarrhaus

Protokoll einer Fragerunde im Ortschaftsrat

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Die Diskussion um das ehemalige Pfarrhaus in Waldmössingen geht unvermindert weiter. Zwar hatte der Ortschaftsrat einem Kompromissvorschlag zugestimmt, wonach das Gebäude in den kommenden sieben bis zehn Jahren als Unterkunft für Geflüchtete genutzt werden soll. Doch im Ort hält sich die gegen die Flüchtlingsunterbringung gerichtete Stimmung. Das dokumentiert das Protokoll der Einwohnerfragestunde in der Ortschaftsratssitzung vom vergangenen Montag.

Schramberg. Die „Niederschrift über die öffentliche Beratung des Ortschaftsrates Waldmössingen“ macht aber auch deutlich, wie tief der Graben zwischen Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr und dem geschäftsführenden  Ortsvorsteher Reiner Ullrich inzwischen ist.

Wir geben das Protokoll vom 12. 5.2025 zu TOP 2 Einwohnerfragestunde zum Punkt „Altes Pfarrhaus“ im Wortlaut wider. (Bei der Fragestunde kamen  dazwischen noch mehrere Wortmeldungen zum Thema Mobilfunk. Darüber werden wir noch berichten.)

Bürger 1: Ich möchte mich in Bezug auf die Berichterstattung in der Presse zum Tagesordnungspunkt Altes Pfarrhaus äußern. Die Berichterstattung hat in Teilen der Bevölkerung für Verwunderung und zu Enttäuschung geführt. Am Wochenende haben sich Signale ergeben, dass das alte Pfarrhaus einer sinnvolleren Nutzung zugeführt werden soll. Deswegen lautet meine Empfehlung an den Ortschaftsrat sich zu überlegen, den Tagesordnungspunkt zu vertagen und heute noch keinen Beschluss zu fassen. Ich halte 4 bis 6 Monate durchaus als angemessen und die Flüchtlingsproblematik scheint auch nicht mehr so ganz gegeben zu sein. Insofern würde ich den Ortschaftsrat bitten sich zu überlegen, ob es nicht sinnvoll wäre, den Tagesordnungspunkt zu vertagen.

Herr Ullrich: Vielen Dank. Der Ortschaftsrat muss aber über eine Vertagung entscheiden.

Bürger 2: Ich möchte dem Ortschaftsrat nahelegen, momentan noch keine Entscheidung zum Pfarrhaus zu treffen. Das Pfarrhaus ist ein Filetstück in Waldmössingen und ich möchte wissen, wer auf die Schnapsidee kam, darin Asylbewerber und Flüchtlinge unterzubringen? Ich finde solch eine Nutzung, wie in der Beschlussvorlage beschrieben, nicht zielführend. Wenn man sich die Beschlussvorlage so durchliest, dann könnte man meinen, dass die Stadt Schramberg kurz vor der Pleite steht.

Oberbürgermeisterin Frau Eisenlohr: Wir haben große finanzielle Probleme. Unser Haushalt weist ein Minus in Höhe von 8,9 Millionen Euro aus. Zum Beispiel, Baden-Baden steht vor der Zahlungsunfähigkeit. Die Gewerbesteuereinnahmen sind bei uns sehr stark eingebrochen. In einem sehr guten Jahr konnten wir Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 29 Millionen Euro erwarten. Dieses Jahr befinden wir uns bei unter 15 Millionen Euro und das ist eine Halbierung der Gewerbesteuereinnahmen.

Bürger 2: Mir geht es darum, warum die Bevölkerung nicht miteinbezogen wurde.

Oberbürgermeisterin Frau Eisenlohr: Wir müssen unseren Haushalt stabilisieren. Im Jahr 2022 haben wir eine sogenannte Haushaltspotenzialanalyse durchgeführt und festgestellt, dass wir sparen müssen. Die Stadt Schramberg besitzt weit aus über 200 Gebäude und im Gemeinderat diskutieren wir schon lange darüber, Gebäude abzustoßen. Die Gebäude verursachen Unterhaltungs- und Betriebskosten.

Ich sage Ihnen ehrlich, dass ich von Anfang an das Pfarrhaus nicht kaufen wollte. Es gelten aber Wertgrenzen, bis zu welcher Höhe der Ortschaftsrat für den Kauf von Gebäuden zuständig ist. Die Wertgrenze liegt bei 250.000 Euro, und deshalb wurde der Kauf rechtmäßig im Ortschaftsrat entschieden. Meine Haltung war immer, dass Pfarrhaus nicht zu kaufen.

Herr Ullrich: Städtisches Vermögen dient grundsätzlich zur Aufgabenerledigung. Ich werbe aber für einen intelligenteren und differenzierteren Blick auf dieses Thema. Der Ortschaftsrat hat den Beschluss gefasst, das Pfarrhaus anzukaufen und es bestehen eingehende Überlegungen dahinter, da das Pfarrhaus Teil des Gesamtensembles in der Ortsmitte ist und damit die architektonische Einheit gewahrt bleibt. Eine öffentliche Nutzung durch die Vereine wäre unter anderem auch möglich gewesen. Das kulturelle Leben könnte weiterbefördert werden.

Natürlich ist die Flüchtlingsunterbringung eine Pflichtaufgabe der Kommune. Sie kennen aber alle die Problematik mit dem Migrationsthema und wie die Kommunen in ganz Deutschland herausgefordert sind, damit zurecht zu kommen. Es liegt ein Beschluss des Gemeinderates vor, Flüchtlinge dezentral unterzubringen und durch diesen Ankauf kann diese Aufgabe theoretisch erledigt werden, Flüchtlinge dezentral unterzubringen. Trotzdem werbe ich für einen weiteren differenzierteren Blick.

Bürger 9: In der Presse stand zum alten Pfarrhaus drin, dass ältere Menschen und Familien im Pfarrhaus unterkommen sollen. Frau Eisenlohr hatte in einer Ortschaftsratssitzung gesagt, dass sie keine Garantie geben kann, auf die Belegung Einfluss zu nehmen und ich glaube das nicht.

Oberbürgermeisterin Frau Eisenlohr: Meine Aussage von damals trifft nach wie vor zu. Die Vorlagen, die für den Ortschaftsrat erstellt werden, liegen in der Verantwortung des Vorsitzenden. Wir hatten im Vorfeld darum gebeten, den Beschlussvorschlag anders zu formulieren. Denn es ist so, dass der Landkreis uns die Geflüchteten zuweist, die wir unterbringen müssen.

Wir hätten gerne im Beschlussvorschlag bevorzugt, dass bei der Unterbringung von Flüchtlingen im alten Pfarrhaus durch die Stadtverwaltung nach Möglichkeit darauf geachtet werden, vorrangig Familien oder ältere Menschen dort unterzubringen. Wir können den Wunsch, ältere Menschen und Familien im Pfarrhaus unterzubringen, verstehen. Wir können nach Möglichkeit schauen, können aber nichts versprechen. Wenn der Landkreis nur alleinstehende Männer schickt, dann müssen wir die unterbringen. Deshalb trifft meine Aussage nach wie vor zu.

Herr Ullrich: Der Beschlussvorschlag ist das Gesprächsergebnis des Ortschaftsrates mit dem Vereinsring. Bei dieser Besprechung war niemand von der Ortsverwaltung beteiligt. Ich verweise auf den späteren Tagesordnungspunkt.

Bürger 9: Frau Eisenlohr, wenn es im Pfarrhaus Probleme mit Flüchtlingen gibt, nehmen Sie dann die Verantwortung auf sich?

Oberbürgermeisterin Frau Eisenlohr: Bei allem Respekt, aber ich finde Ihre Frage nicht angemessen. Wir sind als Stadt verpflichtet, Geflüchtete unterzubringen.




NRWZ-Redaktion Schramberg

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