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Der Fall R.: Vorwürfe gegen verstorbenen Pfarrer – Missbrauchsfälle sollen aufgearbeitet werden

Diözese Rottenburg-Stuttgart lädt zu Informationsveranstaltungen in Oberndorf am Neckar und in Wangen ein

Die Diözese Rottenburg-Stuttgart hat angekündigt, Missbrauchstaten eines Pfarrers öffentlich machen und diese zusammen mit den betroffenen Kirchengemeinden aufarbeiten zu wollen. Es geht um einen inzwischen verstorbenen Kirchenmann, der unter anderem in der Seelsorgeeinheit Oberndorf tätig gewesen ist. Kurzfristig lädt die Diözese hier zu einer frei zugänglichen Informationsveranstaltung ein.

Es geht um Pfarrer Bernhard R. Er war nach Angaben der Diözese von 1999 bis zu seinem Tod im Jahr 2012 als Pfarrvikar in den Gemeinden der Seelsorgeeinheit Oberndorf am Neckar eingesetzt. Zuvor war Bernhard Rapp Pfarrer in Wangen im Allgäu. Der Mann soll sich sexueller Verfehlungen schuldig gemacht haben, die posthum nun aufgearbeitet werden sollen, so die Diözese.

„Auch wenn für die Seelsorgeeinheit Oberndorf bislang keine Hinweise vorliegen, dass es von 1999 bis 2012 vor Ort zu einem missbräuchlichen Verhalten gekommen ist, hat das Bekanntwerden der Missbrauchsvorwürfe gegen Pfarrer Rapp aus dem Jahr 1996 in der Seelsorgeeinheit für Betroffenheit und Empörung gesorgt“, heißt es in einer Stellungnahme aus Rottenburg. Damals seien Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen und Heranwachsenden im Zeitraum von 1974 bis 1995 an drei Orten in der Diözese Rottenburg-Stuttgart bekannt geworden. Der damalige Bischof Walter Kasper habe nach Bekanntwerden der Vorwürfe Pfarrer R. mit den Fällen konfrontiert. „Im Zuge der Konfrontation hat R. die Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs an drei Personen eingeräumt: in Ulm, Schwäbisch Gmünd und in Wangen“, schreibt die Diözese jetzt. Pfarrer R. habe sich sexueller Verfehlungen schuldig gemacht, „indem er wiederholt und fortgesetzt mit Heranwachsenden sexuelle Beziehungen und Begegnungen hatte“. Da die Vorwürfe zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens strafrechtlich bereits verjährt gewesen seien, gab es keine strafrechtliche Verfolgung.

Eine abschließende Beurteilung der Situation sowie die Würdigung der Zeitzeugenaussagen soll nach Angaben der Kirche erst im Zuge des Abschlussberichtes der Aufarbeitungskommission erfolgen – geplant für das Frühjahr 2027. Dennoch findet bereits am heutigen Mittwoch, 16. Juli 2025, ab 19 Uhr im Don-Bosco-Haus in Oberndorf eine Informationsveranstaltung für die Seelsorgeeinheit Oberndorf zu diesem Themenkomplex statt. Die Teilnahme an der Veranstaltung ist laut Diözese ohne Anmeldung möglich. Da R. von Oberndorf nach Wangen wechselte, ist auch dort eine entsprechende Veranstaltung geplant. Diese ist für Mittwoch, 30. Juli 2025, ab 19.30 Uhr im Gemeindezentrum St. Ulrich, Karl-Speidel-Str. in Wangen, vorgesehen. Für Ulm ist laut der kirchlichen Mitteilung eine Informationsveranstaltung im Oktober 2025 in Planung.

Domkapitular Holger Winterholer, der im Tandem mit Ordinariatsrätin Regina Seneca für das pastorale Personal der Diözese Rottenburg-Stuttgart zuständig ist, steht nach Angaben seines Arbeitsgebers in engem Kontakt mit den betroffenen Kirchengemeinden. Ziel sei es, die Kirchengemeinderätinnen und -räte über die zurückliegenden Missbrauchsvorfälle zu informieren und das weitere Vorgehen im Fall R. abzustimmen.

Regelmäßige Gespräche mit den damaligen Verantwortlichen 

Unabhängig davon habe es jedoch eine Sanktionierung durch den damaligen Bischof Walter Kasper in Form eines kirchenrechtlichen Verweises und einer Verwarnung gegeben. Ein kirchenrechtliches Strafverfahren habe dagegen angesichts der Verjährung nicht erfolgen können. Die Bußauflage sah nach Angaben der Diözese unter anderem eine Therapie vor. Zugleich sei Pfarrer R. durch Bischof Kasper bis zur Beendigung seiner Therapie die seelsorgerliche Tätigkeit mit Minderjährigen untersagt worden. Mit dieser Auflage wurde Pfarrer R. dann pastoraler Mitarbeiter in der Seelsorgeeinheit Oberndorf. „Der damalige Gemeindepfarrer war über die Auflagen und die Hintergründe zu Pfarrer R. informiert“, schreibt die Diözese jetzt. Infolgedessen habe es regelmäßige Gespräche mit den damaligen Verantwortlichen der Hauptabteilung Pastorales Personal im Bischöflichen Ordinariat sowie R. und einem weiteren Pfarrer gegeben.

Seit Bestehen der von dem emerierten Bischof Dr. Gebhard Fürst im Jahr 2002 ins Leben gerufenen Kommission sexueller Missbrauch (KsM) bis zum Tod von Pfarrer R. seien die Taten aus dem Zeitraum 1974 bis 1995 und die regelmäßigen jährlichen Gespräche mit ihm mehrfach Thema in den Kommissions-Sitzungen gewesen, teilt die Kirche mit.

Schutz- und Präventionskonzept  

Bischof Dr. Klaus Krämer zeigte sich nach Angaben der Diözese zutiefst betroffen über das Leid und das Unrecht, das den Opfern der Missbrauchstaten von Pfarrer Bernhard R. widerfahren sei. Zugleich sicherte Krämer nach Angaben der Kirche den betroffenen Kirchengemeinden seine volle Unterstützung im Umgang und bei der Aufarbeitung der Missbrauchstaten zu. Gleichzeitig habe der Krämer die Erarbeitung eines standardisierten Verfahrens zur Begleitung von Kirchengemeinden nach Bekanntwerden von Missbrauchsfällen angekündigt.

Im konkreten Fall von Pfarrer R. sei zwischen Domkapitular Winterholer und der Seelsorgeeinheit Oberndorf vereinbart worden, dass zusammen mit den Kirchengemeinden ein Informations- und Begleitungsformat erarbeitet wird. So soll es Gesprächsangebote in den Gemeinden sowie für weitere Gruppierungen geben. Begleitet werden soll dieses Format auch von Beratungsangeboten, in denen möglichen Opfern der Raum gegeben wird, sich zu melden. Zudem soll mit den Verantwortlichen vor Ort das bestehende Schutz- und Präventionskonzept aktualisiert und die aktuellen Begebenheiten eingearbeitet werden.




Peter Arnegger (gg)

… ist seit gut 25 Jahren Journalist. Seine Anfänge hatte er bei der Redaktion der “Schwäbischen Zeitung” in Rottweil, beim Schwäbischen Verlag in Leutkirch volontierte er. Nach einem Engagement bei der zu diesem Verlag gehörenden Aalener Volkszeitung wechselte Arnegger zur PC Welt nach München, einem auf Computer-Hard- und -Software spezialisierten Magazin. Es folgten Tätigkeiten in PR und Webentwicklung.2004, wieder in seiner Heimat angekommen, half Arnegger mit, die NRWZ aus der Taufe zu heben. Zunächst war er deren Chefredakteur, und ist zwischenzeitlich Geschäftsführer der NRWZ Verwaltungs GmbH – und als solcher der verantwortliche Journalist der NRWZ.Peter Arnegger ist 1968 in Oberndorf / Neckar geboren worden.

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