Aus für das Ein-Euro-Ticket?
Gemeinderat beschließt über die Zukunft am Donnerstag / Verwaltung empfiehlt Aufgabe wegen hoher Kosten

Der große Erfolg des Ein-Euro-Tickets in Schramberg wird ihm nun möglicherweise zum Verhängnis. Weil der Abmangel 2024 mit knapp 148.000 Euro wegen der vielen Nutzerinnen und Nutzer deutlich über den ursprünglich veranschlagten 105.000 Euro lag, schlägt die Verwaltung dem Gemeinderat vor, das Angebot zum Jahresende aufzugeben.
Schramberg. Die Stadt hatte auf Antrag der Fraktionsgemeinschaft SPD-Buntspecht das Ein-Euro-Ticket zum 1. Januar 2024 im gesamten Stadtgebiet Schramberg eingeführt. Es sollte probeweise für die Jahre 2024 und 2025 gelten.
Mit dem Zweckverband Verkehrsverbund Schwarzwald-Baar-Heuberg (MOVE) hatte die Stadt eine entsprechende Vereinbarung abgeschlossen. Schramberg erstattet Move die Differenz des Verkaufspreises des Ortstarifs zum jeweils gültigen Ticketpreis.
Am Erfolg zu Grunde gegangen?
Die Abrechnung für das Jahr 2024 zeigt den Erfolg: die Fahrgastzahlen haben sich deutlich erhöht. Im Vergleich zu 2019 – dem letzten Jahr vor der Corona-Pandemie – stieg die Zahl der verkauften Einzelfahrscheine für Erwachsene von 40.170 auf 83.196, also mehr als das Doppelte an. Auch Kinder, die für nur 50 Cent fahren, nutzten das Ticket gerne. Hier stieg die Zahl von 2521 auf 6314.
Die Aufwendungen für das Jahr 2024 betrugen insgesamt 147.579 Euro. „Neben den höheren Fahrgastzahlen haben auch die Tariferhöhungen der Fahrkarten zu einem höheren Abmangel geführt, so dass für das Jahr 2024 überplanmäßige Ausgaben notwendig wurden“, heißt es in der Vorlage. Geplant war für 2024 ein Abmangel von etwa 105.000 Euro.
Fachbereichsleiterin Gwosch fürchtet nun, dass die bereits eingeführten und noch geplanten Tariferhöhungen den Abmangel weiter in die Höhe treiben, „so dass bei den kommenden Abrechnungen mit einem noch höheren Abmangel gerechnet werden muss.“
Die Stadt kann den Vertrag mit MOVE mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Jahresende kündigen, frühestens zum 31.12.2025. In ihrer Vorlage bringt Gwosch die schwierige Haushaltslage ins Spiel, die bei einer Entscheidung zum Ein-Euro-Ticket berücksichtigt werden müsse. Am Donnerstag wird der Gemeinderat über die Zukunft des Ein-Euro-Ticket entscheiden.

Kommentar: „Schlechter Deal“
Es wäre jammerschade, wenn das so erfolgreiche Ein-Euro-Ticket nach zwei Jahren beendet werden müsste. Klar, angesichts der desolaten Haushaltslage ist eine solche Freiwilligkeitsleistung am ehesten entbehrlich. Andererseits ist der Erfolg ja enorm. Die Zahl der verkauften Einzelfahrscheine hat sich mehr als verdoppelt, Busfahren ist plötzlich für viele Menschen attraktiv geworden. Gerade Menschen mit kleinem Geldbeutel hat das Ticket geholfen. Wie viele Fahrten mit dem privaten Auto deshalb entfallen sind, ist schwer abzuschätzen. Aber geschadet hat das Ein-Euro-Ticket der Umwelt sicher nicht.
Dass das Ticket die Stadt nun so teuer zustehen kommt, liegt an einem Webfehler der Vereinbarung mit Move. Die Stadt zahlt für jedes verkaufte Ticket drauf: die Differenz zwischen dem regulären Tarif und dem einen Euro des Fahrgastes. Für Move ein gutes Geschäft, denn die Busse rollen ohnehin. Ob nun fünf Fahrgäste mit Ein-Euro-Ticket zusätzlich im Bus sitzen oder nicht.
Vielleicht wäre es wert, bevor man das Ticket ganz abschafft, nochmals mit Move zu verhandeln. Statt einer Erstattung je Ticket könnte die Stadt eine Pauschale vereinbaren. Etwa auf der Grundlage von Fahrgastzahlen vor Corona. Das wären grob gerechnet 40.000 Fahrgäste mal 2 Euro (wenn man die Tariferhöhungen gleich einkalkuliert) macht 80.000 Euro. Dann gibt es noch einen Zuschlag für eventuellen Mehraufwand von, sagen wir, 20.000 Euro und wir landen bei für die Stadt erträglichen und für Move auskömmlichen 100.000 Euro.
Man könnte auch noch so rechnen: Move hat dank Ein-Euro-Ticket zusätzliche Einnahmen durch die zusätzlichen 43.000 Fahrgäste. Diese 43.000 Euro hätte Move ohne das Ein-Euro-Ticket ja nicht generiert. Und sie kamen ohne irgendwelchen zusätzlichen Aufwand bei Fahrern und Bussen oder gefahrenen Kilometer in die Kasse. Move hat also in den beiden Vertragsjahren erheblich einen über den Durst bekommen. Da wäre Entgegenkommen angesagt.
Bevor der Gemeinderat dieses erfolgreiche Angebot aus Sparzwang streicht, sollte man nochmals versuchen, mit Move zu verhandeln. Denn auch der Tarifverbund sollte ein Interesse haben, seine Busse mit Fahrgästen zu füllen, statt nur warme Luft durch die Gegend zu fahren.