Damian (12): „Ich bin so froh, dass ich überhaupt noch lebe“

Freundschaften als Halt
„Unsere anderen Kinder sind in den vergangenen Monaten zu kurz gekommen“, bedauert Sascha Ivanovic. Seine Mutter habe sich in dieser Zeit, als die Mama bei Damian in Stuttgart war, aufgeopfert und war 24 Stunden für die Geschwister da, während der Papa das Haus renovierte. War der Papa in der Klinik bei Damian, waren Jacqueline Ivanovic und ihre Schwester bei den Kindern.
Eine Freundin und ein Freund von Damian kommen heute noch fast täglich, um zu schauen, wie es dem Zwölfjährigen geht. Es seien feste Freundschaften, die sich immer weiter festigen. Sein bester Freund hat sich beispielsweise über einen Fanclub an Bayern München gewandt und eine Eintrittskarte für ein Bundesligaspiel organisiert. Dazu gibt es extra einen Blindenführer, der den Jungen ins Stadion begleitet. Damian ist großer Fan der Bayern. Jacqueline Ivanovics Schwester Melina hat ihm ein Originaldress seines Lieblingsspielers Thomas Müller beschafft – mit Unterschrift.
Gerechtigkeit kann es in diesem Fall nicht geben. Sascha Ivanovic, Vater von Damian
Wie sieht Sascha Ivanovic dem Prozess gegen den Vater des 14-jährigen Täters entgegen, der im Besitz der Tatwaffe war? „Gerechtigkeit kann es in diesem Fall nicht geben“, sagt der Vater. „Welche Strafe kann Damian sein Augenlicht wiedergeben?“, fragt er. „Um eine Strafe geht es uns nicht, es gibt keine Strafe, die die Tat ungeschehen machen kann“, führt er aus. Er könne nicht sagen, dass er keine Wut oder sogar Hass auf den Täter und dessen Familie verspüre. „Aber das ist nicht das Hauptproblem“, sagt Sascha Ivanovic, „es geht um Damian“. Sein Sohn sei nicht nur physisch, sondern auch psychisch stark angeschlagen. Er sei oft nur schwer zu motivieren, müsse Antidepressiva und Schlafmittel nehmen. Vor kurzem sei er gestolpert und habe einen Flashback bekommen. „Da ist dann alles in ihm hochgekommen“, erzählt der Vater, „der Tag war gelaufen.“
Bald schon wird sein Sohn eine Sonderschule für gehandicapte Kinder besuchen. „Wir wissen aber bisher nicht, wie Damian seine Zukunft gestalten kann, was mit ihm wird, wenn wir einmal nicht mehr sind“, umschreibt Sascha Ivanovic seine Sorgen.
„Die körperlichen Wunden verheilen“, sagt der Vater, „die seelischen Wunden aber wird Damian sein ganzes Leben lang mit sich tragen.“