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Aus für das „Ein-Euro-Ticket“ in Schramberg

Haushaltskonsolidierung als Ziel

Obwohl alle Rednerinnen und Redner den Erfolg des Ein-Euro-Tickets gelobt haben, hat am Ende der Rat mit deutlicher Mehrheit das Aus zum Jahresende für das sehr gut nachgefragte Ticket beschlossen. Der Zwang zu sparen überwog für die Rätinnen und Räte von CDU, Freier/Neuer Liste und Aktiven Bürgern.

Schramberg. Da auf Antrag der CDU die Punkte Haushaltskonsolidierung und Ein-Euro-Ticket zu einem Punkt verschmolzen wurde, ist das Abstimmungsergebnis kompliziert. Eigentlich wollten die Mitglieder der Fraktion SPD-Buntspecht mit den anderen Fraktionen für die geplante Haushaltskonsolidierung stimmen. Dadurch wollte man Geschlossenheit zeigen.

Wegen der Verknüpfung der beiden Punkte stimmte ein Teil der Fraktion gegen die Haushaltskonsolidierung oder enthielten sich wie auch der Vertreter der ÖDP Volker Liebermann. Die AfD-Vertreterin war nicht anweisen.

Haushaltskonsolidierung und Ein-Euro Ticket zusammen beschließen

Zu Beginn der Beratungen hatte CDU-Sprecher Thomas Brantner beantragt, die Tagesordnungspunkte Haushaltskonsolidierung und Ein-Euro-Ticket zusammen zu fassen und zusammen abzustimmen. Das Ein Euro Ticket sei zwar „eine gute Sache, wir können es uns aber angesichts der Haushaltlage nicht mehr leisten“.

Bei fünf Gegenstimmen aus der Fraktion SPD-Buntspecht und einer Enthaltung hat der Rat den Geschäftsordnungsantrag angenommen. Damit war die Rollenverteilung eigentlich klar.

Kämmerer:  Haushaltlage zwingt zum Sparen

Zunächst hat Kämmerer Klemens Walter nochmals über die desolate Finanzlage der Stadt berichtet. Wenn ein Kämmerer eine Haushaltssperre vorschlagen müsse, sei das „ein negatives Highlight“. Schon beim Einbringen des Haushalts 2025 habe man versucht zu kürzen. Wegen des Gewerbesteuereinbruchs lande man dennoch bei einem Defizit von 8,5 Millionen Euro. Gegenwärtig hätte sich die Gewerbesteuer auf niedrigerem Niveau stabilisiert.

Schrambergs Kämmerer Klemens Walter sprach von einem „negativen Highlight“. Foto: him

Schon 2022 habe die Verwaltung innerhalb der Budgets differenziert in Ausgaben, die kürzbar und solche, die nicht kürzbar seien. Im Ergebnishaushalt seien 25 Prozent Einsparung bei den kürzbaren Ausgaben „vertretbar“, so Walter. Das brächte bis zu 2,3 Millionen Euro. Im investiven Bereich habe die Verwaltung mit den Betroffenen über individuelle Kürzungen gesprochen, und komme auf eine ähnliche Summe.

Eisenlohr: Ein-Euro-Ticket trotz Erfolg beenden

Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr nannte das Ein-Euro-Ticket „sehr erfolgreich“. Die Verwaltung schlage dennoch „schweren Herzens“ vor, den Vertrag zum Jahresende zu kündigen. Die Fahrgastzahlen und damit die Ausgaben seien „nach oben geschossen“. Schon für 2024 müsse die Stadt statt der geplanten 105.000 Euro 147.000 Euro an die Busunternehmen zahlen.

Weil die Fahrpreise gestiegen seien, werde es 2025 noch teurer. Und für 2026 sind weitere Tariferhöhungen angekündigt. Deshalb könne man es nicht fortführen. Auch die Gemeinde Hardt sei informiert und werde ebenfalls aussteigen.

Ernste Gesichter im Ratssaal. Foto: him

Witkowski : Unkluge Entscheidung

Mit einem leidenschaftlichen Plädoyer für das Ein-Euro-Ticket meldete sich die Sprecherin von SPD-Buntspecht Tanja Witkowski zu Wort. Die Abschaffung wäre eine „ausgesprochen unkluge Entscheidung für Schramberg“.

Klar, es müsse gespart werden, ihre Fraktion sei bei den nichtöffentlichen Beratungen bei den meisten Punkten mitgegangen. Es habe „große Übereinstimmung“ gegeben. Beim Ein-Euro-Ticket sei es nicht „zukunftsgerichtet, wenn wir eines der erfolgreichsten Projekte der vergangene Jahre nach zwei Jahren wieder abschaffen. Und dies um jährlich 150.000 Euro zu sparen, die wir an anderer Stelle ohne mit der Wimper zu zucken für Projekte oder Investitionen mit einem weitaus geringeren Nutzen ausgeben.“

Die Ziele des Tickets seien alle erreicht worden, nämlich den ÖPNV zu stärken, auf Busse umsteigen, die Mobilität verbessern und auch Menschen mit weniger Geld zu Mobilität verhelfen. Es sei eine große Verbesserung für viele Menschen erreicht worden. „Und ausgerechnet ein solches Erfolgsmodell soll jetzt wieder abgeschafft werden“, fragte Witkowski. Sie erinnerte daran, das weltweit Mobilität ein großes Thema sei – und Schramberg weiß es besser…

Viele andere Dinge, um den ÖPNV zu verbessern, hätten nicht funktioniert. Beim Ein-Euro Ticket sei es anders. „Und ausgerechnet das wollen wir jetzt einstampfen?“ Obwohl es wie kaum ein anderes Projekt erfolgreich sei, und von so vielen Menschen angenommen werde.

Plakat für das Angebot. Foto: him

Mit den Unternehmen verhandeln

Ihre Fraktion sehe die finanziellen Probleme und mache konkrete Vorschläge, wie man den Abmangel verringern könnte. So solle die Stadt mit den fünf betroffenen Busunternehmen darüber reden, wie der Abmangel verringert werden könnte. Die Unternehmen hätten ja sichere Einnahmen durch das Ticket.

Auch mit Lauterbach solle man wegen einer Ausweitung reden. Schließlich habe ihre Fraktion eine Erhöhung der Vergnügungssteuer vorgeschlagen, was etwa 60.000 Euro brächte.

Gwosch: Verhandeln schwierig

Fachbereichsleiterin Susanne Gwosch erwiderte, die Stadt habe beim Verkehrsverbund Move angefragt, aber als Auskunft erhalten, man sei nur „Clearingstelle“ und gebe die Gelder an die fünf betroffenen Unternehmen weiter.

Verhandlungen bis zum Kündigungstermin 30. Juni halte sie für „schwierig“. Bei Lauterbach sei das Problem, dass Schramberg keinen Stadtverkehr habe und die Linien bei Lauterbach Durchgangsverkehr seien.

Susanne Gwosch, Klemens Walter und Dorothee Eisenlohr. Foto>: him

Brantner: „Sparen tut weh“

CDU-Sprecher Brantner ging zunächst auf die Haushaltssperre ein. Es gehe kurzfristig um 25 Prozent für das zweite Halbjahr 2025. Die mittel- und langfristigen Kürzungen würden in der nächsten Gemeinderatssitzung auf den Tisch kommen.

Beim Ein-Euro-Ticket verstehe er die Argumente. Es könne aber sein, das nächstes Jahr die Ausgaben auf 250.000 Euro ansteigen. Er bezweifelte auch den großen Nutzen des Tickets. Feriengäste beispielsweise hätten die Konuskarte. Auch er sei schon mit dem Ein-Euro-Ticket gefahren. „Bei Acht-Millionen Minus müssen wir eisernen Sparwillen zeigen“, so Brantner. „Sparen tut weh.“ Reduzierte Öffnungszeiten bei den Bädern würde ebenfalls die Bevölkerung treffen.

Thomas Brantner und Clemens Maurer. Foto: him

Kiolbassa: Vertrag schlecht für die Stadt

Lara Kiolbassa (SPD-Buntspecht) machte auf die unglückliche Vertragsgestaltung aufmerksam: „Wenn es gut läuft, läuft es für die Stadt schlecht.“ Die Stadt muss für jedes verkaufte Ein-Euro-Ticket draufzahlen, obwohl die Kosten für die Busunternehmen gleichbleiben. „Für die Busunternehmer ist es besser als für uns.“ Kiolbassa befürchtete, dass das Aus für das Ein-Euro-Ticket jetzt auch eine langfristige Entscheidung bedeute. Man müsse acht Millionen einsparen. Der an sich richtigen Haushaltssperre könne sie wegen der Verknüpfung mit dem Ein-Euro-Ticket nicht zustimmen.

OBin Eisenlohr widersprach. Es müsse nicht dauerhaft das Ende sein. Bei besserer wirtschaftlicher Entwicklung könne eine Fraktion die Wiedereinführung beantragen. Die Verwaltung habe damals den Antrag von SPD-Buntspecht positiv aufgenommen und unterstützt.

Maurer: Ein-Euro-Ticket ist Umverteilung

Clemens Maurer (CDU) spürte, dass es sich beim „Ein-Euro-Ticket um ein Herzensprojekt der SPD-Buntspechtfraktion“ handle. Er riet zu Nüchternheit. Schramberg sei keineswegs allein Vorreiter, der Verkehrsverbund Move und andere wie der Landkreis hätten mit der Vereinfachung der Tarifzonen ebenfalls „mit viel Grips und Geld“ den ÖPNV verbessert.

„Wir dürfen nicht so tun, als ob wir den Schrambergern etwas wegnehmen“, so Maurer. “Es ist eine Umverteilung. Die anderen Schramberger zahlen es. Wir nehmen niemandem etwas weg.“ Es wäre ihm lieber, man würde das Geld in Schulen oder Kitas investieren, „die allen etwas bringen“.

Rückert: „Kein Aus für ewig“

Ralf Rückert (Freie/Neue Liste) sah sich im Zwiespalt, einerseits sparen müssen, andererseits den guten Ergebnissen beim Ein-Euro-Ticket. Das jetzige Aus müsse „nicht in alle Ewigkeit“ gelten, aber irgendwo müssen die Einsparungen kommen. „Wir können es uns in der aktuellen Lage nicht leisten.“

Tanja Witkowski berichtete, man habe in der Haushaltsstrukturkommission und der Klausur viele neue Informationen erhalten. Weil dies nichtöffentlich sei, könne sie dazu nichts sagen. An Kämmerer Walter richtete sie die Frage was es mit der Ankündigung der Landesregierung auf sich habe, man werde den Kommunen entgegenkommen und diese flüssig halten?

Eisenlohr bedauerte, es werde kein zusätzliches Geld geben nur Mittel würden früher überwiesen.  Langfristig helfe es nicht, ergänzte Walter.

Günter: Bedrängnis wegen Koppelung

Reinhard Günter (SPD-Buntspecht) wies darauf hin, dass die Streichung des Ein-Euro-Tickets für das laufende Jahr keine Einsparung brächte. Die Kopplung mit der Haushaltssperre bringe ihn deshalb in Bedrängnis. Er werde sich deshalb zur Haushaltssperre, die er eigentlich für richtig halte, enthalten.

Thomas Brantner erinnerte an frühere Sparrunden. Da sei das Ausklammern bestimmter Punkte schädlich gewesen. Wegen der Kündigungsfrist Ende Juni müsse man das Ein Euro-Ticket jetzt beschließen.

Eisenlohr: Weiteres Sparpaket kommt

Eisenlohr teilte der Öffentlichkeit mit, die Haushaltsstrukturkommission habe sich zwei Mal getroffen. Am 16. und 17. Mai habe es eine nichtöffentliche Haushaltsklausur des Gemeinderates gegeben. Das dort beschlossene Sparpaket werde in der Verwaltung nun aufbereitet und soll am 10. Juli im Rat diskutiert und beschlossen werden.

Ein Antrag von Tanja Witkowski, alles auf den 10. Juli zu vertagen, lehnte die Ratsmehrheit ab.

Mirko Witkowski (SPD/Buntspecht) fühlte sich durch die Kopplung unter Druck gesetzt. Die Kürzungen hätte er mitgetragen. Nun müsse er gegen etwas stimmen, dem er eigentlich zugestimmt hätte.

Eisenlohrs Kompromissvorschlag, die Entscheidung in zwei Unterpunkte aufzuteilen, lehnte Brantner ab. Sparen müsse einheitlich sein, da könne man nicht einzelne Punkte rausnehmen.

Die Abstimmung

So entschieden sich die Fraktionen von CDU und Freier/Neuer Liste, sowie die Aktiven Bürger und Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr für die Haushaltskürzungen und das Ende des Ein-Euro-Tickets.

Dagegen stimmten Tanja und Mirko Witkowski, Lara Kiolbassa und Monika Kaltenbacher, der Stimme enthalten haben sich Reinhard Günter, Susanne Andreae und Guido Neudeck (alle SPD/Buntspecht) sowie Volker Liebermann (ÖDP).




Martin Himmelheber (him)

... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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