„Heimliche Corona-Schule“: Stadt und RP reagieren +++ aktualisiert

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SCHRAMBERG – Der Bericht in der Berliner Tageszeitung (und nachfolgend in der NRWZ) über die „heimliche Corona-Schule“ hat die Behörden aufgeschreckt. Das Regierungspräsidium prüft, ob die Eltern gegen die Schulbesuchspflicht verstoßen haben. „Sollte unsere Prüfung dies bestätigen, wird die Schule gebeten, nochmals das Gespräch mit den Eltern aufzunehmen mit dem Ziel, diese zur Einsicht zu bewegen“, schreibt der stellvertretende Sprecher des RP, Matthias Henrich, auf Nachfrage der NRWZ.  Und weiter: „Sollte dies nicht zum Erfolg führen, würde die Schulaufsicht das Ordnungsamt bitten, in Abstimmung mit dem Jugendamt ein Bußgeldverfahren einzuleiten.“

Dem Regierungspräsidium und damit dem Oberschulamt als Schulaufsicht sei bis letzte Woche, also bis zur Anfrage der TAZ, der Fall an der Grundschule in Waldmössingen nicht bekannt gewesen. „Wir sind der Sache aber nachgegangen. Die Schule hat bestätigt, dass seit September fünf Kinder aus fünf Familien den Unterricht nicht mehr besuchen.“

Als Begründung hätten vier Elternpaare die Corona-Testpflicht angegeben, ein Elternpaar die Maskenpflicht, der sie nicht zustimmten. Atteste zur Befreiung von den Pflichten hätten die Eltern nicht vorgelegt. Die Schule habe das zuständige Ordnungsamt sowie das Jugendamt eingebunden.

Stadt weiß seit Herbst Bescheid

Das bestätigt auch eine Sprecherin der Stadt Schramberg: „Die Stadtverwaltung weiß seit Herbst von den Problemen. Zeitgleich sind alle Maßnahmen angelaufen.“ Gemäß Schulgesetz haben Schulpflichtige grundsätzlich die Schule zu besuchen, in deren Schulbezirk sie wohnen, erläutert die Sprecherin. „Andernfalls ist dies einen Verstoß gegen die Schulbesuchspflicht.“

Deshalb habe die Stadt Schramberg ein Bußgeldverfahren gegen die betroffenen Eltern eingeleitet.  Zunächst würden die Eltern angehört und verwarnt. „Wenn sich aus der Anhörung kein neuer Sachverhalt ergibt, kommt es zu einem Bußgeldbescheid mit der Möglichkeit, Einspruch zu erheben. An diesem Punkt stehen wir derzeit.“

RP: Juristische Prüfung läuft

Auch die Schulaufsicht des Regierungspräsidiums Freiburg gehe der Angelegenheit nun in Abstimmung mit der Schule und dem Staatlichen Schulamt Donaueschingen nach, so Henrich. „Die juristische Prüfung läuft derzeit“.

Er betont, die Schulaufsichtsbehörde habe keine Genehmigung zum Betreiben einer Ersatzschule als „Ableger“ der Grundschule in Schramberg-Waldmössingen erteilt. Entsprechende Anträge seien von Eltern nach seiner Kenntnis auch nicht gestellt worden.

„Wir sind keine Corona-Leugner“

Laut „Schwarzwälder Bote“ habe eine der fünf Mütter erklärt, sie betrieben keine Schule, sondern wechselten sich nur in der Beaufsichtigung ihrer Kinder ab.  Ohne  Maske oder Test dürften die Kinder ja nicht in die Schule. Die Kinder erhielten die Aufgaben von der Schule.

Sie seien auch keine Corona-Leugner, sondern es sei ihnen nur darum gegangen, für ihr Kind den ihrer Ansicht nach besten Weg zu suchen. Weshalb sie sich gegen die Corona-Tests oder das Tragen einer  medizinischen Maske wehren, bleibt offen.

Freie Schule in Aichhalden oder Rötenberg?

Der „Schwarzwälder Bote“ berichtet außerdem, Waldmössinger Eltern hätten in Aichhalden nachgefragt, ob sie in der dortigen früheren Werkrealschule eine „Freie Schule“ einrichten könnten. Das habe die Gemeinde aber wegen Eigenbedarf abgelehnt. Als Alternative gebe es leer stehende Gewerberäume in Rötenberg.

Praxisnaher Unterricht als Konzept

Im Gespräch mit der NRWZ bestätigt Bürgermeister Lehrer die Pläne, die aus dem Kreis der Eltern der „heimlichen Corona-Schule“ stammten. Diese hätten ein pädagogisches Konzept vorgelegt. Sie wollten eine „praxisnahe“ Erziehung. Eigenständiges Lernen würden sie fördern wollen, nicht streng nach Lehr- und Stundenplan, sondern nach den Interessen der Kinder. Auch das Stichwort Waldorfpädagogik sei gefallen.

Starten wolle die Initiative mit einer Klasse. An wie viele Schülerinnen und Schüler insgesamt die Gruppe denke, sei noch unklar. Angelehnt sei das wohl an eine Werkrealschule. Das Konzept, so Lehrer, wäre „passend“, auch mit Blick auf das Konzept, das bis zur Schließung der Aichhalder Werkrealschule in diesem Herbst dort verfolgt worden sei.

Lehrer fordert Distanzierung von Coronaleugnern

Lehrer erklärt aber auch: „Die Beweggründe für eine solche Schule sollten allerdings nicht die Umgehung der Maskenpflicht, Umgehung der Testpflicht oder Leugnen der Corona-Pandemie sein.“ Vor allem müsse eine solche Schule auf dem gültigen Rechtssystem aufbauen. Bürgermeister Lehrer betont: „Hier müssen die Verantwortlichen sich klar distanzieren, sonst hat eine solche Schule keinen Platz in Aichhalden.“

Außerdem gebe es mehrere Unwägbarkeiten: Die Umsetzung erfordere die Genehmigung des Regierungspräsidiums. Auch werde eine Änderung des Flächennutzungsplanes und des Bebauungsplanes nicht so einfach. Anderthalb bis zwei Jahre daure das Verfahren mindestens. „Es hängt nicht nur an Formalitäten“, so Lehrer. Das angedachte Gebäude befinde sich nämlich im Außenbereich. Ob das RP einer solchen Umwidmung zustimme, sei „ungewiss“.

Das interessiert diese Woche



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SCHRAMBERG – Der Bericht in der Berliner Tageszeitung (und nachfolgend in der NRWZ) über die „heimliche Corona-Schule“ hat die Behörden aufgeschreckt. Das Regierungspräsidium prüft, ob die Eltern gegen die Schulbesuchspflicht verstoßen haben. „Sollte unsere Prüfung dies bestätigen, wird die Schule gebeten, nochmals das Gespräch mit den Eltern aufzunehmen mit dem Ziel, diese zur Einsicht zu bewegen“, schreibt der stellvertretende Sprecher des RP, Matthias Henrich, auf Nachfrage der NRWZ.  Und weiter: „Sollte dies nicht zum Erfolg führen, würde die Schulaufsicht das Ordnungsamt bitten, in Abstimmung mit dem Jugendamt ein Bußgeldverfahren einzuleiten.“

Dem Regierungspräsidium und damit dem Oberschulamt als Schulaufsicht sei bis letzte Woche, also bis zur Anfrage der TAZ, der Fall an der Grundschule in Waldmössingen nicht bekannt gewesen. „Wir sind der Sache aber nachgegangen. Die Schule hat bestätigt, dass seit September fünf Kinder aus fünf Familien den Unterricht nicht mehr besuchen.“

Als Begründung hätten vier Elternpaare die Corona-Testpflicht angegeben, ein Elternpaar die Maskenpflicht, der sie nicht zustimmten. Atteste zur Befreiung von den Pflichten hätten die Eltern nicht vorgelegt. Die Schule habe das zuständige Ordnungsamt sowie das Jugendamt eingebunden.

Stadt weiß seit Herbst Bescheid

Das bestätigt auch eine Sprecherin der Stadt Schramberg: „Die Stadtverwaltung weiß seit Herbst von den Problemen. Zeitgleich sind alle Maßnahmen angelaufen.“ Gemäß Schulgesetz haben Schulpflichtige grundsätzlich die Schule zu besuchen, in deren Schulbezirk sie wohnen, erläutert die Sprecherin. „Andernfalls ist dies einen Verstoß gegen die Schulbesuchspflicht.“

Deshalb habe die Stadt Schramberg ein Bußgeldverfahren gegen die betroffenen Eltern eingeleitet.  Zunächst würden die Eltern angehört und verwarnt. „Wenn sich aus der Anhörung kein neuer Sachverhalt ergibt, kommt es zu einem Bußgeldbescheid mit der Möglichkeit, Einspruch zu erheben. An diesem Punkt stehen wir derzeit.“

RP: Juristische Prüfung läuft

Auch die Schulaufsicht des Regierungspräsidiums Freiburg gehe der Angelegenheit nun in Abstimmung mit der Schule und dem Staatlichen Schulamt Donaueschingen nach, so Henrich. „Die juristische Prüfung läuft derzeit“.

Er betont, die Schulaufsichtsbehörde habe keine Genehmigung zum Betreiben einer Ersatzschule als „Ableger“ der Grundschule in Schramberg-Waldmössingen erteilt. Entsprechende Anträge seien von Eltern nach seiner Kenntnis auch nicht gestellt worden.

„Wir sind keine Corona-Leugner“

Laut „Schwarzwälder Bote“ habe eine der fünf Mütter erklärt, sie betrieben keine Schule, sondern wechselten sich nur in der Beaufsichtigung ihrer Kinder ab.  Ohne  Maske oder Test dürften die Kinder ja nicht in die Schule. Die Kinder erhielten die Aufgaben von der Schule.

Sie seien auch keine Corona-Leugner, sondern es sei ihnen nur darum gegangen, für ihr Kind den ihrer Ansicht nach besten Weg zu suchen. Weshalb sie sich gegen die Corona-Tests oder das Tragen einer  medizinischen Maske wehren, bleibt offen.

Freie Schule in Aichhalden oder Rötenberg?

Der „Schwarzwälder Bote“ berichtet außerdem, Waldmössinger Eltern hätten in Aichhalden nachgefragt, ob sie in der dortigen früheren Werkrealschule eine „Freie Schule“ einrichten könnten. Das habe die Gemeinde aber wegen Eigenbedarf abgelehnt. Als Alternative gebe es leer stehende Gewerberäume in Rötenberg.

Praxisnaher Unterricht als Konzept

Im Gespräch mit der NRWZ bestätigt Bürgermeister Lehrer die Pläne, die aus dem Kreis der Eltern der „heimlichen Corona-Schule“ stammten. Diese hätten ein pädagogisches Konzept vorgelegt. Sie wollten eine „praxisnahe“ Erziehung. Eigenständiges Lernen würden sie fördern wollen, nicht streng nach Lehr- und Stundenplan, sondern nach den Interessen der Kinder. Auch das Stichwort Waldorfpädagogik sei gefallen.

Starten wolle die Initiative mit einer Klasse. An wie viele Schülerinnen und Schüler insgesamt die Gruppe denke, sei noch unklar. Angelehnt sei das wohl an eine Werkrealschule. Das Konzept, so Lehrer, wäre „passend“, auch mit Blick auf das Konzept, das bis zur Schließung der Aichhalder Werkrealschule in diesem Herbst dort verfolgt worden sei.

Lehrer fordert Distanzierung von Coronaleugnern

Lehrer erklärt aber auch: „Die Beweggründe für eine solche Schule sollten allerdings nicht die Umgehung der Maskenpflicht, Umgehung der Testpflicht oder Leugnen der Corona-Pandemie sein.“ Vor allem müsse eine solche Schule auf dem gültigen Rechtssystem aufbauen. Bürgermeister Lehrer betont: „Hier müssen die Verantwortlichen sich klar distanzieren, sonst hat eine solche Schule keinen Platz in Aichhalden.“

Außerdem gebe es mehrere Unwägbarkeiten: Die Umsetzung erfordere die Genehmigung des Regierungspräsidiums. Auch werde eine Änderung des Flächennutzungsplanes und des Bebauungsplanes nicht so einfach. Anderthalb bis zwei Jahre daure das Verfahren mindestens. „Es hängt nicht nur an Formalitäten“, so Lehrer. Das angedachte Gebäude befinde sich nämlich im Außenbereich. Ob das RP einer solchen Umwidmung zustimme, sei „ungewiss“.

Das interessiert diese Woche

Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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