Dizzy & Co.: Jazz vom Feinsten
93. Hammond Jazz Night im Schramberger Gut Berneck

In illustrem Ambiente genossen zahlreiche Jazzfans die 93. Hammond-Jazz Night. Auf Gut Berneck hatte die Stammbesetzung mit Reinhold Hettich an der Hammond-Orgel, Jörg Bach am Schlagzeug und Gitarrist Rares Popsa den (Dauer)gast Arno Haas am Saxofon und Dizzy Krisch am Vibraphon hinzugeholt. Um es vorwegzunehmen: Es wurde ein wunderbarer Sonntagabend.
Schramberg. „Dizzy’s Vibes“ nannte sich die Combo. Das sei einmalig, wie bei jeder Hammond Jazz-Night, wie Hettich gegen Ende erklärte: „Alles, war Ihr heute hört, hört Ihr zum ersten – und zum letzten Mal.“ In dieser Art werde die Gruppe nur an diesem einen Abend musizieren. Das sei eben das Besondere der Hammond Jazz Nights. Und weil es etwas Einmaliges ist, hören die Besucherinnen auch jedes Mal aufmerksam zu, beklatschen die Soli, freuen sich mit den Musiker über gelungene Improvisationen und Variationen.
Ein Hammond Monster und ein Leslie als Fundament
Auf einem schönen (Peter-Renz-)Teppich hatte Hettich sein „Hammond-Monster“ aufgebaut. 91 Tonräder drehen sich im Innern und sorgen für den ungewöhnlichen Klang. Eine riesige Leslie-Box mit einem rotierenden Lautsprecher im Gehäuse sorgte für zusätzliche Effekte.
Arno Haas, gerade aus Israel zurückgekehrt, sorgte gleich im Eingangsstück für besondere Momente. Es folgte der erste Auftritt von Dizzy Krisch mit einem Blues von Milt Jackson. Vor dem nächsten Stück, wieder ein Blues von Jackson, erzählte Krisch dem kundigen Publikum von seiner Kindheit und Jugend in Schramberg, den beiden Quartetten seines Vaters: dem Junior Quartett des Vaters mit seinen drei Söhnen und dem Senior-Quartett.

Die halbe Klavierstunde
Schön auch die Geschichte, dass er als zehnjähriger Bub seine ersten Klavierstunden bei Frau Linkenheil „ganz oben in der Weihergasse“ hatte. „Ich musste nicht viel üben“, erklärte er dem staunenden Publikum. „Wenn man von unten die ganze Weihergasse hoch läuft, ist man ordentlich verschwitzt. Frau Linkenheil hat mir dann immer eine selbstgemachte Limonade angeboten. ‚Trink erst einmal, Martin‘ hat sie gesagt – und dann war die erste Hälfte der Klavierstunde schon rum.“

Es folgte Nat Adderleys „Work Song“, in dem Schlagzeuger Bach die vier Musikerkollegen ordentlich vor sich hertrieb. Wieder ruhiger ging es mit Quincy Jones „Quintessenz“ weiter.
Mit Cole Porters „It’s alright with me“ verabschiedeten sich die fünf in die Pause.
Von der Melodica zum Melodion
Anschließend kehrte die Stammbesetzung zurück – und Hettich hatte ein besonderes Instrument dabei: ein Hammond-Melodion. Sein erstes Instrument als Kind sei eine Hohner Melodika gewesen. „Ich habe den Sound gehasst“. Nach zwei Jahren üben sei er aufs Fußballfeld zurückgekehrt und habe erst mit 13 oder 14 Jahren zurück zu den Tasten gefunden.
Für Stevie Wonders „Isn’t she lovely“ holte er das der Melodika ähnelnde Pendant von Hammond, eben das Melodion, hervor. Und diesmal passte der Sound.


Wieder als Quintett folgten „O Mädle sei so guad“, besser bekannt als „Lady be good“ von Lionel Hampton. Dieser habe das Vibrafon in den Jazz eingeführt, erzählte Krisch. Schlagzeuger Hampton sei mit Louis Armstrong in einem Studio gewesen. Da sei so ein Vibrafon rumgestanden. Armstrong habe zu Hampton gesagt: “Probier‘ das doch man, du haust doch auch sonst mit Stöcken auf was rum.“ Später habe Hampton erzählt, er habe in zehn Minuten gelernt, Vibrafon zu spielen. „Ich in fünf“, scherzte der gutgelaunte Dizzy Krisch und wirbelte los.
Es folgte der „Bossa-Nova do Marilla“ mit Scherzen über die Marillen aus der Wachau angereichert.

Ein Schlagzeugsolo der besonderen Art
Mit „Soul Fusion“ von Milt Jackson und Monty Alexander wurde es wieder bluesig auf Gut Berneck bis dann bei „Georgia on my mind“ Dizzy Krisch anfangs ein wunderschönes Solo auf dem Vibraphon erklingen ließ.
Das letzte Stück, Duke Ellingtons „Caravan“ hatte sich die Band für ein ganz ungewöhnliches Schlagzeugsolo von Jörg Bach vorgemerkt. Was der Balinger Schlagzeuglehrer da im seinem Instrument anstellte – das muss man gehört, aber auch gesehen haben. Da bediente er die snare drum wie Bongos mit den Händen, dann wirbelte er die Drumsticks gegeneinander. Mit einem Schlauch pustete er Luft in die große Trommel und veränderte so die Tonhöhe. Phänomenal.

Nach dem Schlusswirbel gab es Standing Ovations für das Quintett. Den Klassiker „What a wonderful world“, berühmt gemacht von Louis Armstrong, spiele er immer als Zugabe, versicherte Krisch, „ob ihr wollt oder ned“. Das Lied sei immer aktuell in seinem Gehalt, Melodie und Text.
Die „Dizzy Vibes“ zeigten nochmal ihr ganzen Können und Gefühl. Und das Publikum lauschte ergriffen.