Freitag, 19. April 2024

Luftige Kleidung im Büro: Was der Chef verbieten darf

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(Anzeige). Der Sommer naht: Bald ist es Zeit für Flip-Flops statt Schnürschuh, Bermuda-Shorts statt Anzug und Krawatte, Top statt Bluse. Für Arbeitnehmer im Home-Office gar kein Problem. Aber in immer mehr Firmen kämpfen sie mit der Kleiderordnung. Darf man die bei großer Hitze ignorieren? Für einige Berufsgruppen ist das schlichtweg undenkbar. Was erlaubt ist und was der Chef verbieten darf, verraten die Rechtsexperten der ARAG. Dazu weitere Rechtstipps.

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Sicherheits- oder Hygiene-Vorschriften

Was erlaubt ist, hängt immer auch von der Branche ab. Ganz einfach ist es bei Sicherheits- oder Hygiene-Vorschriften, die häufig schon per Gesetz vorgegeben sind. Selbstverständlich darf ein Arbeitgeber einem Bauarbeiter vorschreiben, dass der einen Helm trägt. Auch wenn jemand zum Beispiel in der Küche arbeitet, darf der Arbeitgeber ihm eine Kopfbedeckung – bei Männern zusätzlich auch einen Bartschutz – vorschreiben.

Wie individuell darf es sein?

Grundsätzlich stehen sich bei Bekleidungsvorschriften am Arbeitsplatz zwei Interessen gegenüber. Dabei wiegt das Interesse des Chefs an einem einheitlichen Erscheinungsbild seiner Mitarbeiter schwerer als das Interesse des Mitarbeiters, sich individuell zu kleiden. Ein solcher Eingriff in die Freiheit der Mitarbeiter muss nach Auskunft von Rechtsexperten aber immer verhältnismäßig sein. Dabei verweisen sie auf einen konkreten Fall, in dem es um eine Betriebsvereinbarung für die Fluggastkontrolleure am Flughafen Köln-Bonn ging (Landesarbeitsgericht Köln, Az.: 3 TaBV 15/10). Hier musste das modische Interesse zurücktreten und der Chef durfte einige Vorschriften machen, die sogar unter die Gürtellinie gingen: So muss die Unterwäsche weiß oder hautfarben sein und darf keine Embleme, Beschriftungen oder Muster enthalten. Zudem müssen Flughafen-Mitarbeiter Feinstrumpfhosen oder Socken tragen. Für die Fingernägel gilt eine vorgeschriebene maximale Länge von 0,5 Zentimeter über der Fingerkuppe, damit eine Verletzungsgefahr im Umgang mit den Passagieren so weit wie möglich ausgeschlossen werden kann. Auch zum Körperhaar gibt es Vorschriften: Mitarbeiter sind verpflichtet, die Haare grundsätzlich sauber, niemals ungewaschen oder fettig zu tragen. Bei den Männern ist vor Dienstbeginn eine Komplettrasur verpflichtend vorgeschrieben; wer einen Bart trägt, muss ihn gepflegt stutzen.

Der Betriebsrat entscheidet mit

Will der Chef den Mitarbeitern allerdings aus optischen Gründen bestimmte Bekleidungsregeln verordnen, hat der Betriebsrat ein Wörtchen mitzureden. Mit dessen Zustimmung kann man sich auf bestimmte Regeln einigen und diese in einer Betriebsvereinbarung festschreiben. Diese Kleiderordnung ist dann bindend für alle Beteiligten.

Arbeitsrecht – Kurz gemeldet

+++ Kündigung per WhatsApp erlaubt? +++
Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses muss schriftlich erfolgen (Paragrafen 126 Absatz 1 und 623 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Ein Chat per Messenger ist zwar auch irgendwie geschrieben, erfüllt aber nicht das sogenannte Schriftformerfordernis. In einem konkreten Fall übermittelte ein Arbeitgeber seinem Mitarbeiter die Kündigung per WhatsApp, weil dieser betrunken zur Arbeit erschienen war. Da ihm die Anschrift des Mitarbeiters nicht vorlag, hatte er das Kündigungsschreiben kurzerhand fotografiert und per Messenger übermittelt. Der Trunkenbold akzeptierte die Kündigung nicht und bekam Recht: Eine Kündigung muss vom Arbeitgeber eigenhändig unterschrieben oder notariell beglaubigt unterzeichnet werden und dem Empfänger als Original zugehen. Übrigens: Auch ein Fax reicht bei einer Kündigung nicht aus (Landesarbeitsgericht München, Az.: 3 Sa 362/21).

+++ Fristlose Kündigung wegen vorgetäuschter Krankheit +++
Lässt sich ein gesunder Auszubildender krankschreiben, um eine Prüfung zu schwänzen, begeht er dadurch eine schwere Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten. Eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber kann nach laut ARAG Experten gerechtfertigt sein (Arbeitsgericht Siegburg, Az.: 5 Ca 1849/21). Sie wollen mehr erfahren? Lesen Sie die Pressemitteilung des ArbG Siegburg

+++ Fristlose Kündigung wegen gefälschtem Impfausweis +++
Legt eine Arbeitnehmerin ihrer Arbeitgeberin zwecks weiterer Wahrnehmung von Kundenterminen einen gefälschten Impfausweis vor, schädigt dies das Vertrauensverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien so nachhaltig, dass selbst eine befristete Weiterbeschäftigung unzumutbar ist. ARAG Experten verweisen auf eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln, welches die fristlose Kündigung einer Arbeitnehmerin für wirksam befunden hatte (Az.: 18 Ca 6830/21). Sie wollen mehr erfahren? Lesen Sie die Pressemitteilung des ArbG Köln.

+++ Arbeit an Feiertagen muss mit Ersatzruhetag ausgeglichen werden +++
Arbeitnehmer, deren normaler Arbeitstag auf einen Feiertag fällt, haben Anspruch auf einen kompletten Ersatzruhetag. In einem konkreten Fall endete die Nachtschicht eines Nachtarbeiters, der an fünf Tagen pro Woche von 19 bis 3.30 Uhr arbeitete, an einem Feiertag. Als Freizeitausgleich forderte der Lkw-Verlader einen vollen Kalendertag als Ersatzruhetag. Und zwar so, wie ihn das Arbeitszeitgesetz (ArbZG, Paragraf 11, Absatz 3, Satz 2) vorsieht, also von 0 bis 24 Uhr. Der Chef wollte ihm stattdessen einen „Rolltag“ einräumen, zumal sein Mitarbeiter einen Lohnzuschlag von 200 Prozent für die Arbeit an einem Feiertag erhalten habe. Durch den „Rolltag“ hätte der Arbeitnehmer am ersten Tag bis 3.30 Uhr gearbeitet und am Abend des Folgetags wieder mit der Schicht beginnen müssen, also rund 40 Stunden Ruhezeit gehabt. Die Richter des Bundesarbeitsgerichts ließen diese Begründungen jedoch nicht gelten, so dass der Mitarbeiter einen vollen Ersatzruhetag zugesprochen bekam (Az.: 10 AZR 641/19). Sie wollen mehr erfahren? Lesen Sie die aktuelle Entscheidung des BAG .

+++ Mitarbeiter-Foto in Werbebroschüre +++
Arbeitnehmer, deren Foto ungefragt und womöglich ungewollt in einer Werbebroschüre ihres Arbeitgebers auftaucht, haben Anspruch auf Schmerzensgeld. In einem konkreten Fall hatte eine Universität für eine englisch verfasste Werbebroschüre Fotos von einer Mitarbeiterin machen lassen. Sie sollten die Internationalität der Hochschule unterstreichen. Allerdings fehlte die schriftliche Einwilligungserklärung der Frau. Sie hatte der Uni vielmehr zu verstehen gegeben, dass sie keinesfalls wegen ihrer Ethnie für eine „bunte Gesellschaft“ abgelichtet werden wolle. Damit verstieß die Uni gegen die Datenschutzgrundverordnung und musste der Frau 5.000 Euro Schmerzensgeld zahlen (Az.: 3 Ca 391/20). Sie wollen mehr erfahren? Lesen Sie die aktuelle Entscheidung des Arbeitsgerichts Münster .

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