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Leserbrief: „Wenn jemand provoziert, dann sind es die angeblichen ‚Spaziergänger‘!“

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(Meinung). Der AfD-Landtagsabgeordnete Emil Sänze behauptet also, es provoziere eine Eskalation, wenn seine Gesinnungsfreunde und die angeblichen „Spaziergänger“ nicht mehr unwidersprochen ihre selbstgerechten Ansichten und ihr unsolidarisches und rücksichtsloses Verhalten propagieren können, sondern sich Anderen, die unverschämterweise eine andere Meinung haben, gegenüber sehen.

Das ist das altbekannte Muster: Nur sie dürfen ihre Meinung kundtun, und wehe es widerspricht ihnen jemand, dann geht das Heulen los, sie dürften ihre Meinung nicht sagen, es gebe ja überhaupt keine Meinungsfreiheit. Meinungsfreiheit heißt für sie: Meine Meinung muss frei von Widerspruch bleiben, jede andere Meinung gehört verboten. Das kennen wir aus Geschichtsbüchern.

Jeder kann eine Demonstration anmelden, stellt Sänze richtig fest. Die vermeintlichen „Spaziergänger“ tun das nicht und begehen damit die erste Ordnungswidrigkeit. Die nächste begehen sie, indem sie keine Masken tragen und keinen Abstand halten, aber die Maskenpflicht ist für Sänze ebenfalls eine Provokation. Nach dem Motto: Gesetze, die mir nicht passen, kann ich ruhig übertreten, aber wehe ein anderer hält sich nicht an die Regeln. Verbrecher sind immer die anderen, ich in meiner großartigen Selbstherrlichkeit bin auch dann im Recht, wenn ich Gesetze breche.

Die Klepfer haben jetzt ihr Klepfen als Veranstaltung angemeldet. So weit ist es schon gekommen, dass man in Rottweil in der Fasnetszeit Klepfen behördlich anmelden muss. Weil besserwissende „Spaziergänger“ glauben, die Obere Hauptstraße und überhaupt die ganze Welt gehöre ihnen alleine. Warum wählen sie nicht eine andere Route, wo es doch bloß ein „Spaziergang“ ist?

Äußerst erfreulich ist hingegen, dass sich in kurzer Zeit bereits 2148 Menschen mit ihrer Unterschrift auf www.unserrottweil.de gegen die angeblichen „Spaziergänger“ positioniert haben.

Die Corona-Maßnahmengegner, meint Sänze, sollen also gänzlich unwidersprochen ihrer Wege ziehen und weiterhin Egoismus und Verantwortungslosigkeit demonstrieren dürfen. Wenn jemand provoziert, dann sind es die angeblichen „Spaziergänger“!

Sänze schiebt schon mal vorsorglich die Schuld an einer möglichen Eskalation den anderen zu. Das lässt tief blicken und Schlimmes befürchten und ist an Unverfrorenheit und antidemokratischer Gesinnung kaum zu überbieten. Aber auch das wird die AfD noch schaffen.

Thomas Loisl Mink

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NRWZ-Redaktion
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Unter dem Label NRWZ-Redaktion beziehungsweise NRWZ-Redaktion Schramberg veröffentlichen wir Beiträge aus der Feder eines der Redakteure der NRWZ. Sie sind von allgemeiner, nachrichtlicher Natur und keine Autorenbeiträge im eigentlichen Sinne. Die Redaktion erreichen Sie unter [email protected] beziehungsweise [email protected]

10 Kommentare

  1. Lieber Thomas Loisl Mink,
    für manche ist es besser wenn man das klepfen anmelden muss ;-)

    Doch in einem irrst Du gewaltig. Weder den Klepfer noch den Spaziergänger gehört die obere Hauptstraße. Und ich bin gespannt welchen Hexenkessel heute nach dieser Werbung in der Stadt ist ..,..

  2. Nun ist es so, dass die Spaziergänger seit, ich glaube 5 Wochen laufen. Es nehmen Immer mehr Menschen teil. Es ist damit zu rechnen, dass es heute um die 2000 sein werden. Mit dieser Lage kann jeder rechnen. Dann aber eine Veranstaltung und eine Versammlung, die dem Infektionsschutz gerecht werden soll, genau dann anzumelden, wenn 2000 Menschen in die Stadt kommen, lässt eine gewisse Doppelmoral erkennen. Da sich bei den Spaziergänger niemand dazu berufen fühlt den Zeitpunkt zu ändern, da dieser dann Veranstalter wäre, bleibt es wohl bei 18 Uhr. Aber die anderen Parteien, die genau wissen, dass um 18.00 wieder die Spaziergänger unterwegs sind, könnte ihre Veranstaltungen früher oder später, oder an einem anderen Tag statt finden lassen. Klar steht ihnen, wenn sie es anmelden der Montag zu, doch im Sinne des Infektionsschutzes ist dies sicher nicht.
    Und zu Letzt ist eine nicht angemeldete Versammlung keine Ordnungswidrigkeit für die Teilnehmer, sondern für den nicht vorhandenen Veranstalter.
    Und ich glaube, sobald sich an den Spaziergängen die AFD mit Bannern oder ähnlichem profiliert, wird die Teilnehmerzahl auf ein Minimum zusammenbrechen.

    • Als erstes muss man doch festhalten, dass der Leserbrief überhaupt nicht zu einer Gegendemo aufruft und auch nicht dazu, beim Klepfen als Zaungäste anwesend zu sein.
      Dafür macht er Werbung für eine völlig kontaktlose Unterschriftenaktion.

      Ich erkenne da keine Doppelmoral:

      Das Klepfen bringt per se einen gewissen Sicherheitsabstand mit sich. Und wir haben auch nicht so viele Peitschenschwinger, dass man Angst haben müsste, dass das Städtchen aus allen Nähten platzt.

      Die Botschaft ist doch wichtig dabei:
      Ein Zeichen setzen gegen die Spaziergänger. Klar machen, dass man ihren Anspruch, „für alle“ auf der Straße zu sein, nicht toleriert, weil man sich nicht „als Volk“ von ihnen und ihren Forderungen vertreten lassen will.

      Mir fällt ehrlich gesagt kein besserer, an Schutzmaßnahmen orientierter, Weg ein, dies zu tun.

      Im Übrigen bezweifle ich stark, dass die Teilnehmerzahl merklich zurück gehen würde, sollten AfD-Plakate geschwungen werden. Mangelndes Differenzierungsvermögen von Seiten der Teilnehmenden ist doch mit der Hauptgrund für die Spaziergänge.

  3. Ich bin kein AFD-Sympatisant. Dennoch sehe ich mich provokanten und möglicherweise gewaltbereiten Gegendemonstranten gegenüber.

    Klar darf in Rottweil geklepft werden. Aber wer ist denn hier der Meinung, die Welt gehöre ihm/ihr alleine? Wer möchte, dass die Fußgängerzone für seine Zwecke abgesperrt und die Fußgänger daraus verbannt werden?

    Klepfen die aus Tradition jeden Montag in der Fußgängerzone oder hat das villeicht doch einen provokanten Hintergrund? Ich bin schon mein ganzes Leben Rottweiler aber ich habe (abgesehen vom Fasnets Mondig) noch nie was von einem traditionellen Klepfermontag gehört.

    Ausserdem kann man eine Anzahl von Unterschriften nicht mit einer Anzahl von Menschen auf der Straße vergleichen. Nicht jeder traut sich auf die Straße zu gehen und nicht jeder hat die Zeit dazu. Unterschrieben ist allerdings schnell und man hat ja mehrere Tage Zeit bzw. kann das auch online mitten in der Nacht erledigen.

    Meiner Ansicht nach darf jeder seine Meinung äußern. Wer allerdings versucht anderen dieses Recht zu verwehren oder dabei gewalttätig wird, der ist im Unrecht.

    Noch eins zu Herr Sänze: Sie brauchen keine Angst zu haben. Die Klepfer können das in der Regel gut einschätzen, wie weit ihr Zwick reicht.

  4. Was für eine dubiose Piratenwebseite ist http://www.unserrottweil.de eigentlich?

    Keinerlei Impressum, keinerlei ladungsfähige Anschrift. Und DAS wollen die angeblich Guten sein? Aber dann versteckt aus der Hecke agieren, ganz großes Kino!

    Das stinkt, Mister Loisl.

  5. Wie ist da eigentlich die Rechtslage: bei einer nicht angemeldeten Demo, was die Spaziergänge ja sind, wird absichtlich gegen die Maskenpflicht verstoßen und es laufen Mitglieder des Gemeinderats mit, was angeblich in einer Gemeinde im Kreis Rottweil der Fall war. Sollten diese Gemeinderäte nicht das Amt niederlegen?

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