Widerstand gegen Polizei kostet 3500 Euro

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Mit einer saftigen Geldstrafe wurde ein 29-Jähriger* aus einer Kreisgemeinde vom Amtsgericht Rottweil belegt, weil er sich bei einem Rottweiler Montagsspaziergang im Februar gegen polizeiliche Maßnahmen gewehrt und dabei zwei Polizeibeamte leicht verletzt hatte. Gegen einen Strafbefehl hatte er Einspruch eingelegt, so dass es heute zur Verhandlung kam.

Maskenpflicht

Kurz vor dem Ereignis hatte das Landratsamt eine Allgemeinverfügung erlassen, wonach bei Ansammlung von mehr als zehn Personen eine Gesichtmaske zu tragen ist. Die hiesige Polizei, verstärkt durch Beamte der Bereitschaftspolizei, musste nun an besagtem Montagabend die Maskenpflicht durchsetzen. Das tat sie und machte zunächst Gruppen von Spaziergängern auf die neue Vorschrift aufmerksam. „Bei den meisten hat das Früchte getragen“, berichtete ein Beamter, der als Zeuge aussagte.

Keine Früchte trug die Aufforderung beim Angeklagten – einem bislang unbescholtenen Bürger, durchaus aus der „Mitte der Gesellschaft“, wie man so schön sagt. Er bezog die Aufforderung zum Masketragen nicht auf sich. „Ich wurde nicht direkt angesprochen“, sagte er bei Gericht, er hatte auch keine dabei und sah auch nicht ein, warum er eine tragen sollte („ich habe die Notwendigkeit nicht gesehen“). Und so wollten die Beamten seine Personalien aufnehmen, um eine Ordnungswidrigkeiten-Anzeige zu machen.

Hilferuf

Wie dies im Einzelnen abgelaufen ist, darüber gingen die Schilderungen zwischen Beamten und Angeklagtem auseinander. Dass dieser sich aber an einem Haus (oder einer Regenrinne) festhielt, als ihn die Beamten in die Sprengergasse bringen wollten, und dass er um Hilfe gerufen hat, darüber gab es Einigkeit. Aus Sorge um eine Eskalation wurde die Sprengergasse dann abgesperrt, berichtete der Beamte.

Der Mann wehrte sich nach Kräften, auch als ihm eine Handschelle angelegt wurde, und trat auch nach hinten. Zwei Beamte erlitten dabei leichte Wunden an den Händen. Aber: „Ich wollte niemand verletzen“, betonte der Angeklagte. So beschrieben es auch die beiden Beamten: Der Mann habe sie wohl eher auf Distanz halten und nicht verletzen wollen.

Ein kleiner aber wichtiger Unterschied: Der Vorwurf eines „tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte“ fiel dadurch weg, eben weil der Angeklagte die Polizisten nicht bewusst verletzt hatte. Es blieben aber Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung. Dafür gab es eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 50 Euro, insgesamt also 3500 Euro. Das waren 20 Tagessätze weniger als noch im Strafbefehl. Und exakt das, was Staatsanwalt Robin Schray auch gefordert hatte.

Am Rande

Der Saal 31 des Amtsgerichts stieß bei der Verhandlung fast an seine Grenzen: Für die etwas über 15 Zuschauer, offensichtlich überwiegend Sympathisanten der Spaziergänger, waren zunächst zu wenig Stühle im Zuschauerraum. Unmutskundgebungen unterband die Richterin schnell mit dem Hinweis, sie könne Störer aus dem Saal verweisen. Ihrem Unmut machten einige Zuschauer erst in der Verhandlungspause und nach Ende der Verhandlung Luft.

Kreisrat Horst Niehues (AfD) bot sich als Zeuge an und musste daher aus dem Saal gehen, allerdings wurde seine Aussage nicht gebraucht. Er berichtete später, die Situation hätte damals leicht kippen können, als der Angeklagte um Hilfe gerufen hatte.

Zum Vergleich: Hätte der Angeklagte gleich seine Personalien angegeben, dann hätte er 150 Euro als Geldbuße zahlen müssen.

Zitat

„Trommeln und Pfeifen weglassen? So weit kommt’s no!“ (Ein Zuschauer über die Initiative von Innenstadtbewohnern).

*Wir hatten zunächst geschrieben, der Mann sei 39. Ein Tippfehler.

 

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2 Kommentare

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Olaf
Olaf
2 Jahre her

Ein bis dato „unbescholtener Bürger“ aus der „Mitte der Gesellschaft“ trägt im Freien beim Spaziergang keine Maske und wird dann von der Polizei herausgezerrt, um seine Personalien festzustellen. Handschellen, 3500 € Strafe etc…
Unser Kanzler, der Vizekanzler und ca. 80 … (Beleidigung gelöscht) sind auf dem Flug nach Kanada und posten stolz Interviews und Videos, alles natürlich ohne Maske, obwohl im Flieger vorgeschrieben. Keine Handschellen, keine Strafen etc.. Ok, vielleicht sind die Fluggäste im Staatsflieger nicht aus der Mitte der Gesellschaft…
Staat Justiz, Polizei ihr könnt stolz auf euch sein, wie ihr eure Normalbürger behandelt !!

Olaf
Olaf
Antwort auf  Olaf
2 Jahre her

Stimmt, Sie haben Recht. Aber waren da wirklich Vollstreckungsbeamte am Flughafen in Kanada ?

Wolf-Dieter Bojus
Wolf-Dieter Bojus
... war 2004 Mitbegründer der NRWZ und deren erster Redakteur. Mehr über ihn auf unserer Autoren-Seite.

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Mit einer saftigen Geldstrafe wurde ein 29-Jähriger* aus einer Kreisgemeinde vom Amtsgericht Rottweil belegt, weil er sich bei einem Rottweiler Montagsspaziergang im Februar gegen polizeiliche Maßnahmen gewehrt und dabei zwei Polizeibeamte leicht verletzt hatte. Gegen einen Strafbefehl hatte er Einspruch eingelegt, so dass es heute zur Verhandlung kam.

Maskenpflicht

Kurz vor dem Ereignis hatte das Landratsamt eine Allgemeinverfügung erlassen, wonach bei Ansammlung von mehr als zehn Personen eine Gesichtmaske zu tragen ist. Die hiesige Polizei, verstärkt durch Beamte der Bereitschaftspolizei, musste nun an besagtem Montagabend die Maskenpflicht durchsetzen. Das tat sie und machte zunächst Gruppen von Spaziergängern auf die neue Vorschrift aufmerksam. „Bei den meisten hat das Früchte getragen“, berichtete ein Beamter, der als Zeuge aussagte.

Keine Früchte trug die Aufforderung beim Angeklagten – einem bislang unbescholtenen Bürger, durchaus aus der „Mitte der Gesellschaft“, wie man so schön sagt. Er bezog die Aufforderung zum Masketragen nicht auf sich. „Ich wurde nicht direkt angesprochen“, sagte er bei Gericht, er hatte auch keine dabei und sah auch nicht ein, warum er eine tragen sollte („ich habe die Notwendigkeit nicht gesehen“). Und so wollten die Beamten seine Personalien aufnehmen, um eine Ordnungswidrigkeiten-Anzeige zu machen.

Hilferuf

Wie dies im Einzelnen abgelaufen ist, darüber gingen die Schilderungen zwischen Beamten und Angeklagtem auseinander. Dass dieser sich aber an einem Haus (oder einer Regenrinne) festhielt, als ihn die Beamten in die Sprengergasse bringen wollten, und dass er um Hilfe gerufen hat, darüber gab es Einigkeit. Aus Sorge um eine Eskalation wurde die Sprengergasse dann abgesperrt, berichtete der Beamte.

Der Mann wehrte sich nach Kräften, auch als ihm eine Handschelle angelegt wurde, und trat auch nach hinten. Zwei Beamte erlitten dabei leichte Wunden an den Händen. Aber: „Ich wollte niemand verletzen“, betonte der Angeklagte. So beschrieben es auch die beiden Beamten: Der Mann habe sie wohl eher auf Distanz halten und nicht verletzen wollen.

Ein kleiner aber wichtiger Unterschied: Der Vorwurf eines „tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte“ fiel dadurch weg, eben weil der Angeklagte die Polizisten nicht bewusst verletzt hatte. Es blieben aber Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung. Dafür gab es eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 50 Euro, insgesamt also 3500 Euro. Das waren 20 Tagessätze weniger als noch im Strafbefehl. Und exakt das, was Staatsanwalt Robin Schray auch gefordert hatte.

Am Rande

Der Saal 31 des Amtsgerichts stieß bei der Verhandlung fast an seine Grenzen: Für die etwas über 15 Zuschauer, offensichtlich überwiegend Sympathisanten der Spaziergänger, waren zunächst zu wenig Stühle im Zuschauerraum. Unmutskundgebungen unterband die Richterin schnell mit dem Hinweis, sie könne Störer aus dem Saal verweisen. Ihrem Unmut machten einige Zuschauer erst in der Verhandlungspause und nach Ende der Verhandlung Luft.

Kreisrat Horst Niehues (AfD) bot sich als Zeuge an und musste daher aus dem Saal gehen, allerdings wurde seine Aussage nicht gebraucht. Er berichtete später, die Situation hätte damals leicht kippen können, als der Angeklagte um Hilfe gerufen hatte.

Zum Vergleich: Hätte der Angeklagte gleich seine Personalien angegeben, dann hätte er 150 Euro als Geldbuße zahlen müssen.

Zitat

„Trommeln und Pfeifen weglassen? So weit kommt’s no!“ (Ein Zuschauer über die Initiative von Innenstadtbewohnern).

*Wir hatten zunächst geschrieben, der Mann sei 39. Ein Tippfehler.

 

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