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Aufnahmestopp im Stadtarchiv

Alles voll / Jahresbericht 2024 im Verwaltungsausschuss

Also ob die Stadt Schramberg nicht schon genug Probleme hätte. Nun hat Stadtarchivar Carsten Kohlmann im Verwaltungsausschuss auf ein weiteres drängendes Problem hingewiesen: Das Stadtarchiv am Hammergraben ist voll.

Schramberg. Ohne Erweiterungsmöglichkeiten könne das Stadtarchiv keine weiteren Akten und Objekte mehr annehmen, betonte er in seinem Bericht für das Jahr 2024. Mit einer Karikatur von Uwe Rettkowski aus vergangenen Zeiten dokumentierte er das Dilemma: Einerseits muss die Stadt ein Archiv haben, das sei eine gesetzlich geregelte Pflichtaufgabe. Andererseits seien inzwischen alle Lagerräume „definitiv voll“.

Auf diesen Tag X habe er schon lange hingewiesen. Es herrsche Aufnahmestopp, so Kohlmann. Die Stadt müsse sich über perspektivische Lösungen Gedanken machen.

Carsten Kohlmann bei seinem Bericht. Foto: him

Auch personell hapere es. Der Rat habe zwar eine Stelle beschlossen, doch die sei bis heute nicht besetzt. „Bisher konnten wir leider aufgrund von bedauerlichen Absagen oder fehlender Eignung niemanden finden.“

Akten lagern

2024 seien ganze Lieferwagenladungen aus der Stadtverwaltung ins Archiv gekommen. Das geschehe immer dann, wenn wichtige Mitarbeiter in Ruhestand gehen. Auch die Galerie der Ehrenbürger aus dem großen Sitzungssaal landete im Archiv. Ebenso seien viele Unterlagen aus der Bürgerschaft, beispielsweise eine Sammlung mit Gegenständen und Akten zur Geschichte des Bahnhofes, 2024 hinzu gekommen.

Harald Heller schenkte dem Stadtarchiv seine Unterlagen zum früheren Bahnhof. Foto: Stadtarchiv

Außerdem habe das Archiv 2024 zahlreiche Auskünfte erteilt: Innerhalb der Stadtverwaltung, an die Bürgerschaft und die Medien, aber auch Benutzer bei Recherchen betreut.

Forschung zu den NS-Opfern

Im Bereich „Forschung“ habe er die Recherchen für die ersten 25 Stolpersteine zur Erinnerung an Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft abgeschlossen. Da habe man den Auftrag an den Künstler Gunter Demnig erteilt. Mit Blick auf die Stadtteile möchte Kohlmann einen neuen Spendenaufruf für weitere Stolpersteine starten. Von dort seien bisher keine Spenden eingegangen.

Auf Wunsch der Projektgruppe „Tennenbronner Heimathaus“ im Museums- und Geschichtsverein Schramberg habe sich ein Forschungsprojekt mit der Ermordung des polnischen Zwangsarbeiters Wladyslaw Repetowski am 5. Juni 1942 in Tennenbronn befasst. An ihn gedenkt die Stadt am Volkstrauertag .

Wladyslaw Repetowski, ermordet am 5. Juni 1942 in Tennenbronn.

Kohlmanns Dank ging auch an die “Ehrenamtlichen“, die das Stadtarchiv unterstützen: Renate Mauch, Martin King und Hans-Jürgen Ramuschkat. Außerdem dankte er Katharina Ehrentraut aus Schramberg und Dominik Schrenk aus Waldmössingen für ihren Dienst im Freiwilligen Sozialen Jahr Kultur.

Hans-Jürgen Ramuschkat mit Glasplatten von Foto Kasenbacher. Foto: Stadtarchiv

Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr lobte Kohlmann, er bereichere das kulturelle Leben der Stadt und sei ein gefragter Festredner in und außerhalb Schrambergs. Jürgen Reuter (Aktive Bürger) meinte, die spannende Stadtgeschichte läge überwiegend im Stadtarchiv. Er könne sich für deren Bewahrung „keinen besseren als Carsten Kohlmann vorstellen“. Dieser sei schließlich in Schramberg geboren.

Wann kommen die Stolpersteine?

Tanja Witkowski (SPD-Buntspecht) hakte bei den Stolpersteinen nach, wann diese denn nun verlegt würden. Ein neuer Termin hänge vom Künstler Demnig ab, er rechne im nächsten Jahr mit der Verlegung. Ursprünglich war schon mal Ende 2024 im Gespräch gewesen.

Muster für „Stolpersteine“ zur Erinnerung an August Ludwig Ackermann (1896-1983) und Charlotte Dreyfuss (1900-1980) vor dem Gebäude Berneckstraße 20 in Schramberg am 28. April 2022.Foto: Stadtarchiv Schramberg

Witkowski wollte weiter wissen, was mit den Beständen passiere, wenn diese digitalisiert seien. Die Digitalisierung böte keine schnelle Lösung für die Raumnot, antwortete Kohlmann. In der Übergangszeit müsse man „analog und digital“ arbeiten. Auch koste die Digitalisierung Geld. Alte Verträge müssten sowieso im Original aufbewahrt werden. Eisenlohr erinnerte daran, dass die neue Stelle gerade für das Digitalisieren gedacht sei. Wenn es beispielsweise um Anliegerbeiträge gehe, seien alte Verträge sehr wichtig.

Das Stadtarchiv hätte noch Erweiterungsspielraum in den Garagen Richtung Hang. Foto: him

Udo Neudeck (Freie/Neue Liste) erwähnte das Problem der Vergänglichkeit moderner Medien wie Videokassetten. Er wollte wissen, welche Anforderungen ein Raum als Zwischenarchiv erfüllen müsste.

Es dürfe keine großen Klima- und Temperaturschwankungen geben, so Kohlmann. Der Rat sollte überlegen, ob man auf die Ausbaureserven am Stadtarchiv zurückkommen wolle. Das DRK nutze dort Garagen. Diese wären als Zwischenarchiv geeignet, so Kohlmann. Mit der Bemerkung, darüber werde man sich Gedanken machen müssen, schloss Eisenlohr die Aussprache.




Martin Himmelheber (him)

... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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