Hausers Findlings-Brunnen neu eingeweiht

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Donnerstagmittag 14 Uhr. Der Verkehr auf der Bundesstraße donnert vorbei, zwei Techniker versuchten die Ampelanlage am Paradiesplatz wieder in Betrieb zu nehmen – und Schrambergs Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr begrüßt ein gutes Dutzend Gäste an dem kleinen Platz zwischen Lichtspielhaus und Graf-von-Bissingen Straße. Die „Neueinweihung des Findlingsbrunnens“ steht an.

Eisenlohr dankt Dieter Kohlmann für dessen „hartnäckige Arbeit“, die dazu geführt habe, dass der Brunnen auf dem Platz nun wieder funktioniert. Gemeinsam mit Karl-Heinz Schmid habe er dafür gesorgt, dass nun wieder Wasser über einen der sieben Findlinge fließe. Sie dankt aber auch dem Bauhof und der Abteilung Tiefbau. Der Brunnen sei „en superschönes Beispiel, wie man mit wenig Aufwand wieder was zum Laufen bringen kann“. Etwa 1500 Euro hatte  es gekostet, den jahrzehntelang nicht mehr sprudelnden Brunnen in Gang zu setzen.

OB Dorothee Eisenlohr bedankt sich bei Karl-Heinz Schmid und Dieter Kohlmann (Mitte).

Bürgerinitiative schon zu Beginn

Stadtarchivar Carsten Kohlmann ging in einem ausführlichen Referat auf die Entstehungsgeschichte des Brunnens ein, die eng mit dem Namen Erich Hauser verbunden ist. Über die Entstehungsgeschichte hatte die NRWZ bereits ausführlich berichtet. Der Bildhauer Hauser, der nur wenige Meter entfernt in der Tiersteinstraße von 1953 bis 59 sein Atelier hatte, hatte auf Wunsch einer Interessengemeinschaft von Anwohnern den Brunnen entworfen. Er sollte den früheren Küferbrunnen ersetzen, der der Hochwasserkatastrophe von 1959 zum Opfer gefallen war.

Sieben Findlinge, überwiegend aus dem Heubachtal bei Schiltach und einige aus dem Bernecktal, stellte Hauser auf  kurze Füße aus Stahl. Einen ließ er  in eine Kupferrohrschlange einhüllen, in die Löcher gebohrt waren. Durch die lief das Wasser dann über den Stein. Die Kupferrohre hatte der Heizungs- und Sanitärinstallateurmeister Anton Vochatzer angefertigt und angebracht, wie Kohlmann der NRWZ berichtet. Sein Vater Dieter „war damals als Mitarbeiter der Firma daran beteiligt“.

So sah der Findling mit den Kupferrohren vor fünf Jahren aus. Archiv-Foto: him

 

Kohlmann erinnerte darüber hinaus an das Einweihungsfest im Sommer 1972 und ein Kinderfest, bei dem  die Kinder  bis 147,5 Zentimeter eine Freiwurst und eine Limo bekamen. Ein Dichterduell, ausgetragen im „Schwarzwälder Tagblatt“, zeige, dass schon damals die Gestaltung mit den sieben „Bachwackis“  umstritten war.  Mancher hätte dem früheren lauschigen Platz nachgetrauert.

Kohlmann stellte das Brunnenprojekt in einen Zusammenhang mit anderen Vorhaben moderner Kunst in der Region in jener Zeit. Für Schramberg sei der Hausersche Brunnen „die Premiere zeitgenössischer Kunst im öffentlichen Raum“ gewesen.

Technische Probleme von Anfang an

Allerdings plätscherte der Brunnen nur wenige Wochen, wie sich Dieter Kohlmann erinnert. Andere glauben, es waren ein paar Monate. Wieder andere erinnern sich, der Brunnen habe gar noch in den 1990er Jahren geplätschert. Jedenfalls, die Technik hat nicht mehr funktioniert. Zigarettenkippen und Schmutz verstopften die Löcher. Später kletterten Kinder auf den Wackis herum. Fahrradartisten nutzten sie für ihre waghalsigen Kunststücke. Dadurch allerdings litten die Kupferröhrle weiter. Sie wurden platt gedrückt und rissen auch teilweise auf.

Immer wieder hat man im Gemeinderat darüber nachgedacht, ob und wie der Platz  wiederbelebt und der Brunnen saniert werden könnte. Allerdings waren die Kostenschätzungen so hoch, dass  andere Projekte Vorrang hatten.

Brunnen nur ohne Kupferrohre

Als dann Dieter Kohlmann auf die Stadt zukam, ob man den Brunnen nicht wieder zum Laufen bringen könne, hat sich Tiefbauchef Konrad Ginter der Sache angenommen. Er hat festgestellt, dass die unter dem Platz liegende Zisterne funktionstüchtig wäre. Auch ein Stromanschluss für eine Pumpe wäre vorhanden. Mit vergleichsweise geringem Aufwand wäre das Problem zu lösen. Man müsste ein Loch durch den Findling bohren und eine Düse oben anbringen. Die Kupferrohre aber müsste man entfernen, zumal sie für spielende Kinder gefährlich wären.

Die Rohre waren schon 2016 kaputt. Archiv-Foto: him

Nach einer Rückfrage bei der Erich Hauser-Stiftung in Rottweil habe deren Vorsitzender dem Vorhaben grünes Licht gegeben, bestätigt OB  Eisenlohr. Wegen der vergleichsweise niedrigen Summe von 1500 Euro konnte die Verwaltung entscheiden, ohne den Gemeinderat damit zu befassen.

Wie viel Hauser steckt im Brunnen?

Carsten Kohlmann bei seiner Rede.

Stadtarchivar Kohlmann erwähnt in seiner Rede, dass sich Hauser in späteren Jahren von seinem Werk distanziert habe. Er habe „ein eher gespaltenes Verhältnis zu der unter seiner Mitwirkung entstandenen Brunnenanlage“ gehabt, „obwohl sie eigentlich gut auch seine außergewöhnliche Persönlichkeit ausdrückt“, so Kohlmann.

In einem Bericht über ihn aus dem Jahr 1985 in der „Schwäbischen Zeitung“ zitiert Arnulf Hettrich den damals in Rottweil lebenden Hauser mit den Worten, er stufe den Brunnen nicht unbedingt als sein Werk ein, weil es „aus einer Art Bürgerinitiative“ entstanden sei. Allerdings sei die Idee mit den Findlingen von Hauser gekommen. Als im vergangenen Jahr die Kunststiftung Erich Hauser zu dessen 90. Geburtstag ein Werkverzeichnis „Erich Hauser. Kunst im öffentlichen Raum“  herausbrachte sei  der „Findlingsbrunnen“ nicht aufgenommen worden,  weiß Stadtarchivar Kohlmann.

Andererseits spricht eine Hinweistafel auf dem Platz davon, dass „ohne Zweifel“ der Findlingsbrunnen „unter Hausers zahlreichen Brunnenskulpturen eine Sonderstellung“ einnehme. Der größte der Steine sei „nach seinem Entwurf mit einer Kupferrohrbandage ummantelt“.

Frisch geputzt: Infotafel zum Findlingsbrunnen

 

Arnhold Budick vom Förderverein der Erich Hauser Stiftung berichtete der NRWZ, Hauser sei „damals mit der Lösung der Rohre nicht zufrieden gewesen“. Die Ummantelung sei für ihn eher Mittel zum Zweck gewesen. Kohlmann sagte, er halte die Entfernung der Kupferrohre „für vertretbar, die zur Wiedererweckung des Wasserflusses aus Gründen der Sicherheit und der Technik geboten war“. Und mit Blick auf Hausers eigenständigen Charakter meinte er gar: „Ich denke, Erich Hauser wäre damit einverstanden – und hätte den Eigensinn der heutigen Bürgerinitiative wohl ohnehin begrüßt.“

Friedrich-Ebert-Platz

In einer weiteren Rede, diesmal in seiner Funktion als Vertreter des „Freundeskreises Lichtspielhaus“, lobt er OB Eisenlohr dafür, dass sie diesen Platz  regelmäßig Friedrich-Ebert-Platz nenne. So hieß der Platz bis 1933. Als vor 20 Jahren  der Vorschlag kam, den Platz wieder nach dem ersten Reichspräsidenten zu nennen, hatte dies der Gemeinderat abgelehnt. Nun hofft Kohlmann auf 2025. Da jährt sich Eberts Todestag zum 100sten mal. Nun aber freue man sich „wie Bolle“ über den wiedererweckten Findlingsbrunnen.

Eisenlohr bedankte sich für das Engagement und forderte die Bürgerschaft auf, wenn einem irgendwo ein verwahrlostes Kleindenkmal oder ein verlotterter Platz auffalle und man Lust habe, sich einzubringen, „dann melden Sie sich gern bei uns. Dann schauen wir, wie wir Sie unterstützen können.“

Der blumengeschmückte Brunnen. Die blau-weißen Blumengebinden hatte Julia Kieninger gestaltet.

Das interessiert diese Woche



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Donnerstagmittag 14 Uhr. Der Verkehr auf der Bundesstraße donnert vorbei, zwei Techniker versuchten die Ampelanlage am Paradiesplatz wieder in Betrieb zu nehmen – und Schrambergs Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr begrüßt ein gutes Dutzend Gäste an dem kleinen Platz zwischen Lichtspielhaus und Graf-von-Bissingen Straße. Die „Neueinweihung des Findlingsbrunnens“ steht an.

Eisenlohr dankt Dieter Kohlmann für dessen „hartnäckige Arbeit“, die dazu geführt habe, dass der Brunnen auf dem Platz nun wieder funktioniert. Gemeinsam mit Karl-Heinz Schmid habe er dafür gesorgt, dass nun wieder Wasser über einen der sieben Findlinge fließe. Sie dankt aber auch dem Bauhof und der Abteilung Tiefbau. Der Brunnen sei „en superschönes Beispiel, wie man mit wenig Aufwand wieder was zum Laufen bringen kann“. Etwa 1500 Euro hatte  es gekostet, den jahrzehntelang nicht mehr sprudelnden Brunnen in Gang zu setzen.

OB Dorothee Eisenlohr bedankt sich bei Karl-Heinz Schmid und Dieter Kohlmann (Mitte).

Bürgerinitiative schon zu Beginn

Stadtarchivar Carsten Kohlmann ging in einem ausführlichen Referat auf die Entstehungsgeschichte des Brunnens ein, die eng mit dem Namen Erich Hauser verbunden ist. Über die Entstehungsgeschichte hatte die NRWZ bereits ausführlich berichtet. Der Bildhauer Hauser, der nur wenige Meter entfernt in der Tiersteinstraße von 1953 bis 59 sein Atelier hatte, hatte auf Wunsch einer Interessengemeinschaft von Anwohnern den Brunnen entworfen. Er sollte den früheren Küferbrunnen ersetzen, der der Hochwasserkatastrophe von 1959 zum Opfer gefallen war.

Sieben Findlinge, überwiegend aus dem Heubachtal bei Schiltach und einige aus dem Bernecktal, stellte Hauser auf  kurze Füße aus Stahl. Einen ließ er  in eine Kupferrohrschlange einhüllen, in die Löcher gebohrt waren. Durch die lief das Wasser dann über den Stein. Die Kupferrohre hatte der Heizungs- und Sanitärinstallateurmeister Anton Vochatzer angefertigt und angebracht, wie Kohlmann der NRWZ berichtet. Sein Vater Dieter „war damals als Mitarbeiter der Firma daran beteiligt“.

So sah der Findling mit den Kupferrohren vor fünf Jahren aus. Archiv-Foto: him

 

Kohlmann erinnerte darüber hinaus an das Einweihungsfest im Sommer 1972 und ein Kinderfest, bei dem  die Kinder  bis 147,5 Zentimeter eine Freiwurst und eine Limo bekamen. Ein Dichterduell, ausgetragen im „Schwarzwälder Tagblatt“, zeige, dass schon damals die Gestaltung mit den sieben „Bachwackis“  umstritten war.  Mancher hätte dem früheren lauschigen Platz nachgetrauert.

Kohlmann stellte das Brunnenprojekt in einen Zusammenhang mit anderen Vorhaben moderner Kunst in der Region in jener Zeit. Für Schramberg sei der Hausersche Brunnen „die Premiere zeitgenössischer Kunst im öffentlichen Raum“ gewesen.

Technische Probleme von Anfang an

Allerdings plätscherte der Brunnen nur wenige Wochen, wie sich Dieter Kohlmann erinnert. Andere glauben, es waren ein paar Monate. Wieder andere erinnern sich, der Brunnen habe gar noch in den 1990er Jahren geplätschert. Jedenfalls, die Technik hat nicht mehr funktioniert. Zigarettenkippen und Schmutz verstopften die Löcher. Später kletterten Kinder auf den Wackis herum. Fahrradartisten nutzten sie für ihre waghalsigen Kunststücke. Dadurch allerdings litten die Kupferröhrle weiter. Sie wurden platt gedrückt und rissen auch teilweise auf.

Immer wieder hat man im Gemeinderat darüber nachgedacht, ob und wie der Platz  wiederbelebt und der Brunnen saniert werden könnte. Allerdings waren die Kostenschätzungen so hoch, dass  andere Projekte Vorrang hatten.

Brunnen nur ohne Kupferrohre

Als dann Dieter Kohlmann auf die Stadt zukam, ob man den Brunnen nicht wieder zum Laufen bringen könne, hat sich Tiefbauchef Konrad Ginter der Sache angenommen. Er hat festgestellt, dass die unter dem Platz liegende Zisterne funktionstüchtig wäre. Auch ein Stromanschluss für eine Pumpe wäre vorhanden. Mit vergleichsweise geringem Aufwand wäre das Problem zu lösen. Man müsste ein Loch durch den Findling bohren und eine Düse oben anbringen. Die Kupferrohre aber müsste man entfernen, zumal sie für spielende Kinder gefährlich wären.

Die Rohre waren schon 2016 kaputt. Archiv-Foto: him

Nach einer Rückfrage bei der Erich Hauser-Stiftung in Rottweil habe deren Vorsitzender dem Vorhaben grünes Licht gegeben, bestätigt OB  Eisenlohr. Wegen der vergleichsweise niedrigen Summe von 1500 Euro konnte die Verwaltung entscheiden, ohne den Gemeinderat damit zu befassen.

Wie viel Hauser steckt im Brunnen?

Carsten Kohlmann bei seiner Rede.

Stadtarchivar Kohlmann erwähnt in seiner Rede, dass sich Hauser in späteren Jahren von seinem Werk distanziert habe. Er habe „ein eher gespaltenes Verhältnis zu der unter seiner Mitwirkung entstandenen Brunnenanlage“ gehabt, „obwohl sie eigentlich gut auch seine außergewöhnliche Persönlichkeit ausdrückt“, so Kohlmann.

In einem Bericht über ihn aus dem Jahr 1985 in der „Schwäbischen Zeitung“ zitiert Arnulf Hettrich den damals in Rottweil lebenden Hauser mit den Worten, er stufe den Brunnen nicht unbedingt als sein Werk ein, weil es „aus einer Art Bürgerinitiative“ entstanden sei. Allerdings sei die Idee mit den Findlingen von Hauser gekommen. Als im vergangenen Jahr die Kunststiftung Erich Hauser zu dessen 90. Geburtstag ein Werkverzeichnis „Erich Hauser. Kunst im öffentlichen Raum“  herausbrachte sei  der „Findlingsbrunnen“ nicht aufgenommen worden,  weiß Stadtarchivar Kohlmann.

Andererseits spricht eine Hinweistafel auf dem Platz davon, dass „ohne Zweifel“ der Findlingsbrunnen „unter Hausers zahlreichen Brunnenskulpturen eine Sonderstellung“ einnehme. Der größte der Steine sei „nach seinem Entwurf mit einer Kupferrohrbandage ummantelt“.

Frisch geputzt: Infotafel zum Findlingsbrunnen

 

Arnhold Budick vom Förderverein der Erich Hauser Stiftung berichtete der NRWZ, Hauser sei „damals mit der Lösung der Rohre nicht zufrieden gewesen“. Die Ummantelung sei für ihn eher Mittel zum Zweck gewesen. Kohlmann sagte, er halte die Entfernung der Kupferrohre „für vertretbar, die zur Wiedererweckung des Wasserflusses aus Gründen der Sicherheit und der Technik geboten war“. Und mit Blick auf Hausers eigenständigen Charakter meinte er gar: „Ich denke, Erich Hauser wäre damit einverstanden – und hätte den Eigensinn der heutigen Bürgerinitiative wohl ohnehin begrüßt.“

Friedrich-Ebert-Platz

In einer weiteren Rede, diesmal in seiner Funktion als Vertreter des „Freundeskreises Lichtspielhaus“, lobt er OB Eisenlohr dafür, dass sie diesen Platz  regelmäßig Friedrich-Ebert-Platz nenne. So hieß der Platz bis 1933. Als vor 20 Jahren  der Vorschlag kam, den Platz wieder nach dem ersten Reichspräsidenten zu nennen, hatte dies der Gemeinderat abgelehnt. Nun hofft Kohlmann auf 2025. Da jährt sich Eberts Todestag zum 100sten mal. Nun aber freue man sich „wie Bolle“ über den wiedererweckten Findlingsbrunnen.

Eisenlohr bedankte sich für das Engagement und forderte die Bürgerschaft auf, wenn einem irgendwo ein verwahrlostes Kleindenkmal oder ein verlotterter Platz auffalle und man Lust habe, sich einzubringen, „dann melden Sie sich gern bei uns. Dann schauen wir, wie wir Sie unterstützen können.“

Der blumengeschmückte Brunnen. Die blau-weißen Blumengebinden hatte Julia Kieninger gestaltet.

Das interessiert diese Woche

Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.