Donnerstag, 18. April 2024

Leserbrief: „Dem Oberbürgermeister geht der Poppes auf Grundeis“

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(Meinung). Zu unserer Berichterstattung über die „Corona-Spaziergänge“, die seit fünf Wochen montags in Rottweil stattfinden, hat uns der folgende Leserbrief erreicht.

Ein Gespenst geht um in Rottweil. Es ist das Gespenst der Ignoranz. Karl Marx möge mir dieses freie Zitat verzeihen. Die Teilnehmer der Montagsspaziergänge (nicht nur) in Rottweil fordern „Freiheit und Selbstbestimmung“, allerdings ohne zu erwähnen, dass beide in vorliegendem Fall auf Kosten anderer gehen. Die Weigerung, Masken zu tragen, Sicherheitsabstände einzuhalten und sich impfen zu lassen, geht auf Kosten derer, die sich durch diese Ignoranz anstecken, an COVID-19 erkranken, langfristig mit Long COVID beinahe lebensunfähig werden oder gar sterben. Diese Tatsache lassen die meisten der Impfgegner gerne weg; blenden sie entweder aus, verdrängen sie oder unterschlagen sie schlicht völlig bewusst.

Es gibt jedoch noch eine zweite Tatsache, die mindestens ebenso verwerflich ist: Es scheint so, als leisten der Oberbürgermeister, die Stadtverwaltung und das Ordnungsamt hierzu aktive Beihilfe. Oder wie sonst könnte man erklären, dass fünf junge Leute, die man bei einer Geburtstagsfeier außerhalb ihres Autos auf dem Berner Feld „aufgegriffen“ hat und die jetzt, nach Angaben der Polizei selbst, mit Anzeigen und Strafbefehlen von 250 Euro pro Person rechnen müssen, während man an vergangenem Montag 1000 Personen sich hat versammeln lassen und dies OHNE jegliche Konsequenzen?

Die Polizei behauptet in Ihrer Presseerklärung, dass „die Abstände eingehalten wurden“. Dabei muss man sich zum Beispiel auf Facebook nur ein Mal die Fotos der Presse anschauen, um klar feststellen zu können, dass hier so gut wie niemand die Abstände eingehalten hat oder Masken trug. Wie kann ein Rottweiler Bürger die Polizei oder das Ordnungsamt hier bitte noch ernst nehmen?

Zu allerletzt behauptet ja der Rottweiler Oberbürgermeister dauernd, dass man die „Spaziergänger“ unbehelligt laufen lasse, weil das Versammlungsrecht ein sehr hohes Gut sei. Aha. Anscheinend sind wir nun entweder endlich in den libertären USA angekommen, wo das „Recht auf Freiheit“ das Recht auf Gesundheit und das Leben an sich längst überholt hat oder, und dieser Meinung bin zumindest ich, der Grund hierfür ist, dass das nur vorgeschoben ist, weil dem Oberbürgermeister der Poppes auf Grundeis geht, weil der Schultes und die Stadtverwaltung Angst haben, dass die Lage eskaliert.

In welcher Weise auch immer. Aber so funktioniert das nicht. Würden Ignorieren und Apeasement-Politik irgendetwas Sinnvolles bewirken, dann hätte
Deutschland eine andere Geschichte. So viel ist sicher.

Tobias Raff, Rottweil

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