Donnerstag, 28. März 2024

Ein Schlag ins Genick

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Wolf-Dieter Bojus
... war 2004 Mitbegründer der NRWZ und deren erster Redakteur. Mehr über ihn auf unserer Autoren-Seite.
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Von einem „Schlag ins Genick“ der Bevölkerung in den ländlichen Regionen sprach Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel bei der telefonischen Pressekonferenz zur Corona-Pandemie. Anlass zu der deutlichen Bemerkung: Die Verteilung der Impfdosen.

Und da gab’s für den Landrat mehrere Angriffspunkte. Zunächst sah er den ländlichen Raum bei der Impfung in Firmen benachteiligt: Die zusätzlichen Dosen bekämen nur Betriebsärzte. Die gebe es aber nur in größeren Firmen. Die kleineren, die im ländlichen Bereich die Mehrheit bilden, würden von den Hausärzten mit Impfstoff versorgt. Diese aber bekämen keine höhere Zuteilung, so dass Betriebs- an den Impfungen in den Praxen abgingen.

Keine Erstimpfung in dieser Woche

Außerdem sei die Impfquote in der Bevölkerung in Kreisen, die kein regionales Impfzentrum in der Nähe hätten, deutlich geringer als die mit einem solchen. Und die Versorgung der Kreis-Impfzentren (KIZ) mit Impfstoff lasse auch zu wünschen übrig – so sei in dieser Woche keine Erstimpfung im KIZ möglich, die 2390 Dosen würden alle für Zweitimpfungen benötigt. In der kommenden Woche rechnet er aber mit 225 Erstimpfungen, vielleicht etwas mehr.

Impftermine in Schramberg und Oberndorf

Auf ein kleines Trostpflaster wies in diesem Zusammenhang Ordnungsamtsleiter Thomas Seeger hin: Im Kreis gebe es aus den Beständen des regionalen Impfzentrums zwei „Pop-up“-Impftermine für jeweils 500 Menschen, die nicht in der Nähe des KIZ wohnen: Am 2. Juli in Oberndorf, am 7. Juli in Schramberg. Diese Termine seien zunächst Menschen über 60 vorbehalten, die in der jeweiligen Raumschaft wohnen. Die Termine für die Zweitimpfungen konnte er noch nicht nennen. Näheres werde „in Kürze“ bekannt gegeben.

Aktuelle Zahlen

„Wir kommen leider derzeit von den 50 nicht herunter“, bedauerte Landrat Michel, dass die Ansteckungszahlen einfach nicht zurückgehen wollen – Stand gestern Abend hatte Rottweil mit 54,3 die zweithöchste Sieben-Tage-Inzidenz im Land (nach dem Stadtkreis Pforzheim mit 56,4). Bundesweit, das lässt sich den offiziellen Zahlen des RKI entnehmen, liegt Rottweil auf Platz acht.

Ausbrüche „im Griff“

Dr. Heinz-Joachim Adam, Chef des Gesundheitsamts, zeigte sich mit der Entwicklung nicht unzufrieden („Die Infektionswelle nimmt ab“), rechnet aber für die kommenden Tage mit steigenden Zahlen, weil es Reiserückkehrer gebe und weil die Schulen und Kindertagesstätten wieder öffnen.

Es habe zwei Ausbrüche gegeben, beide in Lauterbach: In einem Seniorenheim seien 20 Menschen angesteckt worden, davon 14 nicht geimpfte Beschäftigte und sechs Bewohner, von denen vier geimpft seien. Nur noch eine Person sei aktuell krank. Und in einem Privathaushalt habe es acht Infizierte gegeben, allesamt nicht geimpft, von denen einer ins Krankenhaus kam. „Diese beiden Ausbrüche haben wir im Griff“, betonte Adam.

Im Kreis seien 55 Testzentren gemeldet, berichtete der Gesundheitsamtsleiter. Diese würden von seinem Amt überprüft, und es habe, wenn überhaupt, dann meist nur geringe Beanstandungen gegeben. Lediglich zwei Testzentren, eins in Sulz und eins in Rottweil, hätten vorläufig geschlossen werden müssen.

Sechs Gemeinden corona-frei

Derzeit (Stand heute Vormittag) sind 79 Menschen im Kreis infiziert. 25 davon im Alter zwischen 20 und 29 Jahren, drei unter 70. Bei den bis Zehnjährigen sind es zwei. „Ich hoffe, dass sich das nach dem Ende der Ferien nicht ändert“, merkte Michel an. Es gebe immerhin sechs Gemeinden ohne einen Corona-Erkrankten und sechs mit nur einem oder zwei aktuellen Fällen. In Rottweil sind 22, in Schramberg 14 Personen erkrankt, und in Lauterbach neun.

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11 Kommentare

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Michael H.
2 Jahre her

Wie kann es sein, dass in einem Seniorenheim 14 Beschäftigte nicht geimpft sind?! – So etwas nenne ich im höchsten Maße verantwortungslos, zum einen gegenüber den Bewohnern und darüber hinaus für alle Einwohner des LKR RW, die aufgrund solcher Verwantwortungslosigkeit weiterhin mit sonst nicht notwendigen Einschränkungen leben müssen.

Siegfried Spengler
Antwort auf  Michael H.
2 Jahre her

Die 14 Beschäftigten sind deshalb nicht geimpft, weil

– es keinen Impfzwang gibt
– der Arbeitgeber es nicht anordnen darf
– und wenn er es könnte, könnte er die Mitarbeiter nicht mal entlassen, weil er sie nicht ersetzen könnte, da es ohnehin zu
wenig Pflegekräfte gibt.

Die 14 sitzen also am längeren Hebel, und da geht es frei nach Franz Xaver Krenkl:

Majestät, wea ko, dea ko! (hochdeutsch: Majestät, wer kann, der kann!)

https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Xaver_Krenkl

Conclusio: Es geht nicht um Pandemiebekämpfung oder Fürsorge für Schutzbefohlene, sondern um Machtpolitik und darum, dass einem die Leute sch….egal sind.

Die Menschen sind nicht Subjekt, sondern Objekt zum Geld verdienen. Ist aber nicht neu!

Rotweiler Adler
Antwort auf  Siegfried Spengler
2 Jahre her

Da muss ich Ihnen Recht geben …

Hans Sauer
Antwort auf  Michael H.
2 Jahre her

Selbst wenn die 14 nicht geimpft sind, darf sowas nicht passieren. Schutzkonzepte? Wohl Schall und Rauch. Wenn ich ungeimpftes Pflegepersonal habe, muss ich es täglich schnelltesten und einmal die Woche einen PCR-Test durchführen. Das bin ich den Bewohnern schuldig. Und der Kontakt untereinander? muss ja auch ungeschützt gewesen sein. Ich frage mich, ob das Gesundheitsamt hier überhaupt jemals kontrolliert hat. Ich vermute Nein – zu viel Arbeit.

Siegfried Spengler
2 Jahre her

Wenn man zu wenig Impfstoff hat, dann erhöht man die Zahl der Impfstellen. Ist wie:

Wenn man zu wenig Brot hat, erhöht man die Zahl der Brotverkaufsstellen. So was hätte ich vor zwei Jahren noch bei Ulbricht oder Honecker angesiedelt, aber nicht bei uns!

Besonders gesellschaftszersetzend ist allerdings der ungeheure Verdacht, bei der Verteilung der Dosen und Termine werde „gemauschelt“. Würde bei Kern-Liebers im großen Stil geimpft, würde es heißen, ja der Senior-Chef war doch mal im Landtag, der kennt da noch welche im Ministerium. Und von den Arztpraxen heißt es, ja die Privatpatienten ….., da rächen sich eben Dinge aus der Vergangenheit von Terminvergabe beim Facharzt bis hin zu den Spenderorganen!

Dass ich meinen Termin in Tübingen normal und mit viel Glück als Nachrücker für einen zurückgegebenen Termin Astra-Zeneca am PC bekommen habe, glaubt inzwischen kaum noch jemand, der mich, meinen Beruf und meine Vernetzung wirklich kennt.

Schädlich sind diese Verdächtigungen schon allein deshalb, weil wir bei der Bekämpfung der Pandemie auf gegenseitige Solidarität angewiesen sein werden, noch lange Monate, wenn nicht Jahre.

Rottweiler Adler
Antwort auf  Siegfried Spengler
2 Jahre her

Herr Spengler zu der Solidarität ist anzumerken, dass die nicht mehr einzufordern ist wenn plötzlich – rechtlich sicherlich einwandfrei – diverse Personen plötzlich wieder „Freiheiten“ haben die andere durch die Solidarität ermöglichten. Durch diese Aktion schafft man die Ellenbogengesellschaft wieder ein …. Aber das haben unsere Fürsten sicherlich gut bedacht weoil die sind mittlerweilen alle priorisiert!

Stefan Weidle
Antwort auf  Siegfried Spengler
2 Jahre her

Mangelwirtschaft der ehemaligen DDR allein anzukreiden, zeugt von einer gewissen Nachlässigkeit in der Recherche. Wer in den 50er und anklingenden 60ern eine Impfung gegen Kinderlähmung bedurfte, musste schon im Ostblock wohnen. Es gab in der Ulbrichtschen Mauerwelt keine Bananen und keine Reisefreiheit, aber auch keine eisernen Lungen. Gesellschaftszersetzend ist in höchstem Maße auch, wenn man nicht genug Impfstoff hat, alle impfwilligen angehenden Impflinge, in die völlig überlasteten Praxen und seit Wochen nur noch Zweittermine abwickelnden Kize zu hetzen. Wir hatten ja mal eine durchaus notwendige Priorisierung, aber entgegen allen Verlautbarungen nur so lange, bis die mit Impfstoffwahlfreiheit gesegnete Stammwählerschaft, wieder den Gang zur Kreuzfahrt angemahnt hatte. Besonders Gesellschaftszersetzend ist auch, dass sich gerade junge Frauen, bei diesen „Wer zuerst kommt, malt zuerst“ Terminen, ausgerechnet das für sie risikobehaftetere AstraZeneca haben spritzen lassen. Gepaart mit öffnungs- und lockerungshysterischen Pressemeldungen und immer mehr Sonder-, Firmen- und Pop-Up Aktionen für „Frühe Vögel, gut Vernetzte, oder einfach nur im richtigen Laden Beschäftigte“, baut das bei den noch Ungeimpften einen gewaltigen Druck auf, am Ende „Der Doofe Rest“ zu sein.

Stefan Weidle
2 Jahre her

Das sind keine guten Nachrichten. Pünktlich zur Altersfreigabe ist weniger Impfstoff verfügbar als von den größten Zweiflern und Kritikern befürchtet. Alles unter 60 wird jetzt aufeinander gehetzt, Pop-Up Termine von der Schwerpunkt-Praxis für die Pfiffigen, welche es zuerst irgendwie mitgekriegt haben, oder Schlag 5Uhr am 25.05. mit fünf schon geimpften Familienmitgliedern gleichzeitig für den einen übrig Gebliebenen einen Termin erkämpfen. Zeitgleich erwähnt man, medial zugekleistert von Hurra-Meldungen der Verantwortlichen bezüglich der vielen wiedergewonnen Freiheiten und Erleichterungen aber nur ganz am Rande, dass man eigentlich nun schon im zweiten Monat nur Zweitimpfungen macht und machen wird. Die armen Vergessenen, welche es in der Zeit trotzdem bei der 116117 versuchen, dumm gelaufen. Und der Druck wird weiter erhöht, immer mehr Firmen bekommen Sonderzuteilungen, die den Hausarztpraxen, welche noch Priorisierte abarbeiten, schmerzlich fehlen. Siehe beispielsweise den Textilschimpansen in Albstadt, oder die „Initiative Impfen im Mittelstand“, oder der ortsansässige Stahllieferant, oder man ist gleich Kritis-Betrieb, da klappt es sowieso mit dem Impfen. Und der doofe Rest, also die überwiegende Mehrheit? Handwerker, Selbständige, Kleinbetriebe, nur in Sachen Steuerlast Systemrelevante? Die dürfen sich über weitere Pop-Up Exklusiv-Termine als „Trostpflaster“ freuen. Wirklich? Aber Nein, wieder erst ab 60 – ach Schade! Merkt eigentlich Irgendjemand, dass diese gönnerhaften Pop-Up-Termine für die über 60Jährigen eine Unverschämtheit sind? Schließlich hat man Ihren Hausärzten und dem Kiz ihre Impfdosen für die oben erwähnten Impfungen in besonderen Unternehmen, vorenthalten! Oder hatten die Hausärzte etwa so viel Impfstoff, dass sie nicht mehr wussten wohin damit?

Rottweiler Adler
Antwort auf  Stefan Weidle
2 Jahre her

In dieser Sache – Corona und die Begleitumstände – macht unser Landratsamt keine gute Figur. Sicher sind derzeit die Impfdosen schon wieder reduziert worden. Da stellt sich die Frage was tut da unser Landrat? Interveniert er, oder klagt er nur sein Leid?
Unser Landrat hat angekündigt mit der Informationen besser rüber zu kommen. Was ist passiert? Die Inzidenz wird derzeit gemeldet Stand 16:00 des Tages. Die dazugehörenden Neuinfektionen Stand 9:00. Will er uns da veralbern? Das sind die Zahlen vom Vortag. Wenn die Inzidenz um 16:00 benannt wird ist zu diesem Zeitpunkt auch die Infektionszahlen vorhanden. Oder wie werden die Werte berechnet?
Vor nicht allzu langer Zeit war der „böse Kreis Zollernalb“ Schuld dass die Inzidenz im Kreis so hoch ist. Und nun …… warum geht es nicht runter wie in Zollernalb?
Wenn dann es zu einem Ausbruch in einem Altersheim kommt ist es a.) nicht diffus und b.) ein Skandal wenn es von den „Pfleger“ – die doch die Helden sind / waren – die Infektion ins Heim getragen wird. Wenn man bedenkt dass kein (!) Erzieherin arbeiten darf wenn nicht gegen Masern geimpft ist, fragt man sich warum man das bei den Pfleger nicht macht. Haben die Pfleger so wenig Verantwortungsbewusstsein oder tragen sie dann bei der Arbeit die FFP Maske (man bedenke wie lange man sie tragen darf)?
Also alles in allem kommt unser Landratsamt ganz schlecht weg und die Meldung dass wir in der BRD eine „Mangelwirtschaft“ bzgl Impfstoff haben beruhigt mich nicht. Zumal wieviel Millionen haben wir in die Forschung der Impfstoffe gegen Covid gesteckt bzw. verschenkt? Und Nutznieser sind andere! Und da möchte ich nicht von Neid sprechen sondern von einem Skandal auf allen Ebenen!

Verständnislos
Antwort auf  Rottweiler Adler
2 Jahre her

Ich habe den Artikel wirklich noch einmal lesen müssen, um mein Gedächtnis aufzufrischen. Wie kommen Sie darauf, dass der Ausbruch im Lauterbacher Heim durch das Pflegepersonal verursacht wurde? Es sind lediglich 14 Pflegekräfte infiziert worden. Woher der Eintrag kam, steht weder im Artikel, noch ist es wahrscheinlich bekannt. Also gar auch bei Ihnen der Minister Lucha gute Arbeit geleistet, der zwar für den Eintrag durch Besucher keine Zahlen hatte, aber dies quasi rigoros ausschloss. Für Ungeimpfte gilt eine strengere Testpflicht, dazu gibt es dann noch das jeweilige Hygienekonzept, Pflegekräfte tragen stundenlang FFP2-Masken, um die Schutzbefohlenen zu schützen, während Besucher es kaum erwarten können hinter geschlossenen Türen die Maske herunterzubringen, weil es ja so beschwerlich ist mit dem Atmen, ist zwar meist ein Verstoß gegen das Hygienekonzept , aber was soll es, bei Problemen war es wieder das Personal.
Danke für den Kommentar.

Rottweiler Adler
Antwort auf  Verständnislos
2 Jahre her

Nur eine kurze Anmerkung. Sie wissen schon wie lange man eine FFP Maske tragen darf und welche Pause dann gehalten muss? Und wenn man schon zu den „priorisierten Gruppe“ gehört habe ich kein Verständnis dass man sich nicht impfen lassen will. Oder erst dann wenn es in den Urlaub geht? Erklären Sie mir doch den Unterschied warum eine Erzieherin sich gegen Masern impfen lassen muss und ein Pfleger gegen Covid 19 nicht ….. gibt es da nicht etwas Verantwortungsbewusstsein

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