Montag, 18. März 2024

Kultur in Corona-Zeiten: del Core, Burger & Co. gehen das aufwendige Wagnis ein

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Die Veranstaltungsbranche liegt am Boden. Künstler, Techniker, alle an Kultur-Produktionen und Konzerten Beteiligte bis hin zur Security und, weiter gedacht, bis zu den Zeltverleihern und den Getränkelieferanten leiden unter den aktuellen Beschränkungen wegen der Corona-Pandemie. Auch in Rottweil: Festivals wie der Ferienzauber und das Jazzfest sind ersatzlos gestrichen worden, ein möglicher Kulturherbst gilt dem Macher als zu risikoreich. Die meisten Veranstalter wollen das aufwendige Wagnis nicht eingehen – zwei jedoch schon.

„Kulturbesen: ‚Wir wagen’s'“. So titelte die NRWZ am vergangenen Donnerstag. Harald Burger, Urgestein der regionalen Kulturszene, wird die Veranstaltungsreihe in Schramberg zusammen mit dem neugegründeten Kulturbesenverein und seinem Vorsitzenden Kurt Bregenzer angehen. Buger & Co. haben wieder beliebte Bands und Künstler eingeladen, in der schönen Location aufzutreten.

https://www.nrwz.de/kultur/kulturbesen-wir-wagens/273347

Das Line-up, also die Liste der Konzerte und Shows im Kulturbesen, liest sich wie immer, Burger & Bregenzer setzen auf Kontinuität. Und doch ist entscheidendes anders. Zwei der beliebtesten regionalen Bands lassen sie doppelt auftreten – denn sie werden nur bis zu maximal 60 Menschen in Bau 50 des Schramberger Junghans-Gewerbeparks unterbringen können, statt wie vor Corona weit über hundert. Alle sitzend. Am Freitag posteten die Besen-Macher ein Bild von der möglichen Bestuhlung auf Facebook:

Foto: Kulturbesen Schramberg

Dazu heißt es: „So in etwa könnte die Corona-konforme Bestuhlung im Kulturbesen aussehen. Wir werden sehr auf die gültigen Hygiene- und Abstandsregelungen achten. Daher werden alle Veranstaltungen sitzend sein. Trotzdem wissen wir, dass der Charme des Besens wunderbare und unvergessliche Abende zaubern wird. Bitte melden Sie sich, wenn möglich, gleich als Gruppe an (bis 10 Personen) – dann stellen wir die Sitzgelegenheiten kompakt für Sie zusammen.“

Die Besen-Macher, sie gehören zu den mutigsten Veranstaltern in der Region. Sie haben eine kleine Konzertreihe gestemmt, in der der Schramberger Saxofonist Arno Haas mit weiteren namhaften Künstlern Duette spielte. Siesind sich zudem ihrer Verantwortung bewusst und schreiben etwa:

Die aktuelle Krise kam aus heiterem Himmel und hat überall ihre Spuren hinterlassen. Gerade Krisen benötigen gegenseitiges Verständnis für die Lage des jeweils anderen. Klar könnten wir als noch junger Verein, es einfach sein lassen – vielleicht wäre das sogar vernünftiger, vor allem für unsere Nerven – doch wir wissen, wie wichtig Kultur für eine lebendige und attraktive Stadt Schramberg ist. Zudem sehen wir es als unsere Pflicht an, die Künstler zu unterstützen.

Auch in Oberndorf haben sie einen Weg gefunden, in Corona-Zeiten Kultur zu bieten. Der Kultursommer dort geht in die Endrunde, heute, Samstagabend, wird es rockig – etwa mit der Rottweiler Band Sirius Curse -, am morgigen Sonntag spielt die Stadtkapelle bei freiem Eintritt auf.

Eine ähnliche Veranstaltungsreihe für Rottweil war schon angedacht, dann stiegen die Infektionszahlen. „Die Situation lässt es einfach nicht zu“, entschied der Veranstalter, Andreas Rohr. Es folgte die Absage, bevor es begann:

Ein anderer hat es dagegen geschafft: „Applaus für Heinrich del Core“ und „Zusatzshow von Heinrich del Core & Co im Stadtgraben“ lauteten die Schlagzeilen. Der Comedien und seine Mitstreiter – vor allem seine Frau – haben im Rottweiler Stadtgraben vier Comedy-Shows veranstaltet, hatten Glück mit dem Wetter und stießen auf großes Publikumsinteresse. Und ganz offensichtlich haben die Veranstaltungen im Freien auch in Sachen Hygiene gut geklappt.

Das ist aber nicht damit vergleichbar, was Burger und Bregenzer im Besen planen. Unter einem Dach sind die Hygienebestimmungen derzeit deutlich schärfer als unter freiem Himmel.

Jetzt geht auch del Core einen Schritt weiter. Er hat sich entschieden – die beiden in diesem September eigentlich im Rottweiler Kapuziner geplanten Shows werden in die deutlich größere Stadthalle verlegt. Weniger Charme, dafür mehr Platz. Und in Form eines Mammutprogramms: mit zwei Shows an einem Tag, dem 20. September. Zwischendurch, die Pause, wird geräumt und desinfiziert.

Die einen freuen sich darüber, del Core trotz Corona bald unter Dach erleben zu können, wenigstens einer sorgt sich. Ein Leser schreibt der NRWZ:

Die Frage, die sich aber sicher nicht nur mir stellt, ist, wie im Moment solche Großveranstaltungen mit vielleicht 200 Besuchern sicher ablaufen sollen? Nur dass man von einer kleineren Halle in eine größere umzieht, beziehungsweise dass das Bundesland Baden-Württemberg diese Anzahl der Teilnehmer legal zulässt, beantwortet ja nicht die Frage, wie es umgesetzt wird (Bestuhlung, Maske, Lüftung/Aerosol-Problematik, und so weiter) oder ob es Ticket-Rückgabemöglichkeiten gibt oder ob man auch Gutscheine für die Zukunft bekommen kann. Es ist doch kaum anzunehmen, dass alle Ticketbesitzer ohne solche Informationen einfach zu der Veranstaltung kommen und sich keine weiteren Gedanken machen.

Der Leser bittet die NRWZ, sich mit del Core in Verbindung zu setzen. Er habe es selbst versucht und noch keine Antwort erhalten.

Der Comedian antwortet rasch und ausführlich. „Es gibt ein Hygienekonzept von der Stadt Rottweil, welches eingehalten werden muss“, sagt er. Er hat das Papier einer Mail an die NRWZ beigefügt, zwei Din-A-4-Seiten hat del Core als Veranstalter zu beachten. Die entscheidenden Punkte sind

Allgemeine Schutzmaßnahmen und Hygieneregeln

  • Zwischen allen anwesenden Personen muss während der Veranstaltung, aber auch im Eingangsbereich vor dem Veranstaltungsraum, stets ein Mindestabstand von 1,50 Metern eingehalten werden (ausgenommen Personen nach §9 (2) der CoronaVO des Landes Baden-Württemberg).
  • Vermeiden Sie direkten körperlichen Kontakt (Händeschütteln, Umarmungen, Berührungen).
  • Die Personenzahl ist auf Grundlage der räumlichen Kapazitäten zu begrenzen. Es bedarf ggf. einer Steuerung/Regelung von Personenströmen und Warteschlangen, damit eine Umsetzung der Abstandsregel nach § 2 CoronaVO ermöglicht wird.
  • Beim Betreten und Verlassen des Veranstaltungsorts empfehlen wir das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung. Bei größeren Veranstaltungen, bei denen ein Mindestabstand zeitweise unterschritten wird, sollte diese Dauerhaft getragen werden. Die Mund-Nasen-Bedeckung ist auch auf dem Weg in einen anderen Raum (z. B. Toilette) zu tragen.
  • Bei der Nutzung von Toiletten müssen die Abstandsregeln eingehalten werden. Wo dies nicht möglich ist, ist die Anzahl der Personen die gleichzeitig die Toilette nutzen, zu begrenzen.
  • Es besteht ein Zutritts-/Teilnahmeverbot für Personen mit Erkältungssymptomen, bzw. für Personen,
    • die in Kontakt zu einer mit dem Coronavirus infizierten Person stehen oder standen, wenn seit dem letzten Kontakt noch nicht 14 Tage vergangen sind.
    • die typische Symptome einer Infektion mit dem Coronavirus, namentlich Geruchs- und Geschmacksstörungen, Fieber, Husten sowie Halsschmerzen, aufweisen.
  • Die bekannten Hygieneregeln (Händewaschen, Hust- und Nies-Etikette etc.) sind einzuhalten.
  • Die Teilnehmer dürfen die Einrichtung nur besuchen, wenn sie die erforderlichen, personenbezogenen Daten dem Verantwortlichen vollständig und zutreffend zur Verfügung stellen.
  • Bei Veranstaltungen mit sitzenden Teilnehmern, sind die Sitzplätze vor Beginn der Veranstaltung so anzuordnen, dass die Mindestabstände stets eingehalten werden können. Die angeordneten Sitzplätze sollen möglichst nicht verändert werden.

Außerdem sieht der Hygieneplan die regelmäßige Reinigung häufig genutzter Gegenstände und Oberflächen vor – etwa von Türklinken. Auch soll die Halle immer wieder ausreichend gelüftet werden. Und: die Daten der Besucher sollen erhoben und bei Bedarf dem Gesundheitsamt und der Stadtverwaltung zur Verfügung gestellt werden. Aufbewahrungsfrist: vier Wochen.

„Es wurde von mir ein Bestuhlungsplan erstellt, mit immer 1,5 Meter Abstand nach allen Seiten“, ergänzt del Core. „Anstelle 988 Personen werden 330 Gäste in der Stadthalle Platz haben“, erklärt er. „Die Gäste müssen mit Mundschutz zu ihrem Sitzplatz. Es wird keine Pause geben“, fasst der Comedian zusammen und verspricht: „Alle Hygienemaßnahmen werden eingehalten.“

Wer weiterhin Zweifel habe, der dürfe seine Karte zurückgeben und bekomme sein Geld wieder.

Es wird klar: Wie schon die Besen-Macher in Schramberg will auch der Comedian del Core ein Wagnis eingehen. Den Spagat zu wagen zwischen dem Wunsch nach Unterhaltung und Zerstreuung einerseits und der Notwendigkeit, die rechtlichen Vorgaben zur Eindämmung der Pandemie zu erfüllen, andererseits.

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