Der Mitbegründer der Rottweiler Steuer- und Wirtschaftsberatungsgesellschaft WSS AKTIV BERATEN, Winfried E. Schmid, zieht ein vernichtendes Zwischenfazit nach dem Start der Corona-Soforthilfe des Landes Baden-Württemberg. Die Unternehmer, vor allem die Kleinen, seien die Leidtragenden des Programms. Gerade die, die gut gewirtschaftet und Rücklagen gebildet hätten.
Schmid sucht am Donnerstag den Kontakt zur NRWZ. Es brennt ihm unter den Nägeln, seine Kritik am noch keinen ganzen Tag alten Programm „Soforthilfe Corona“ des Landes Baden-Württemberg loszuwerden. „Das Telefon steht nicht mehr still“, sagt der Managementpartner und Mitbegründer der Rottweiler Kanzlei WSS AKTIV BERATEN. Dran seien enttäuscht und aufgebrachte Unternehmer. Diese hätten sich auf die vollmundigen Versprechungen verlassen, dass in der aktuellen Krise unbürokratische Hilfe komme – doch genau diese bleibe aus.
Der Knackpunkt: Vor Inanspruchnahme der Soforthilfe sei von Einzelunternehmen verfügbares liquides Privatvermögen einzusetzen. Außerdem sei Hilfe nur dann möglich, wenn das Einzelunternehmen zu einem Drittel des Nettoeinkommens des Haushalts bestreiten. Dies führt zu Ungleichbehandlungen im Vergleich zu den Kapitalgesellschaften. Darauf hat sich das Land Baden-Württemberg offenbar festgelegt. „Ich hätte erwartet, dass hier Großzügigkeit herrscht“, sagt Schmid. Die Unternehmen – vor allem Einzelhändler, Gastronomen, Hotelbetreiber, Friseure etc. – stünden vor existenziellen Problemen. Es müsse jetzt rasch Geld fließen. Unbürokratisch, so Schmid.
Was das Land aber biete, sei einerseits bürokratisch überladen und andererseits in der Ausführung „bedenklich“. Der Steuerberater muss sich hörbar beherrschen am Telefon, um nicht deutlicher zu werden. Das aktuelle Modell bestrafe diejenigen, die Rücklagen für spätere Investitionen gebildet hätten und belohne die, die schlecht gewirtschaftet haben. „Diejenigen, die vorsichtig gewirtschaftet haben, sind jetzt die Leidtragenden“, so Schmid.
Das führe zu Unverständnis und Ärger bei seinen Mandanten. Er betreue Unternehmer, die von den Auswirkungen der Corona-Krise bereits massiv betroffen seien, so Schmid,
Was ihn auch ärgert, ist, dass bei den Förderkrediten die jeweilige Hausbank zehn Prozent des Kreditrisikos zu tragen habe. „Das macht wieder Verhandlungen mit der Hausbank nötig“, so Schmid. Dabei müsse es jetzt schnell gehen, müsse das Geld fließen. Für die zehn Prozent Kreditrisiko müsse der jeweilige Antragsteller ja erneut Sicherheiten vorlegen, die er in der aktuellen Lage vielleicht nicht mehr habe.
Für seine Mandanten liegt ihm schlicht „am Herzen“, so Schmid, dass das Land hier unbürokratisch handele.
Unteressen meldete die Handwerkskammer Konstanz am Morgen, bereits dass rund 300 Anträge auf Landes-Soforthilfe am Donnerstagvormittag bei ihr eingegangen seien. Kurz vor 17 Uhr waren es dann schon 1000. Die Soforthilfe soll Unternehmen dabei unterstützen, akute Liquiditätsengpässe überbrücken zu können. Handwerkskammern und IHKs sind in das Programm eingebunden, um den Abwicklungsprozess zu beschleunigen.
„Wir arbeiten nun mit einem großen Team auf Hochtouren, damit die Anträge schnell an die L-Bank weitergeleitet und dort final bearbeitet werden können“, sagt Georg Hiltner, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Konstanz. Er rechnet mit mehreren 1000 Anträgen auf Soforthilfe, die in den nächsten Tagen eintreffen.
Zur Unterstützung der Unternehmen hat die Handwerkskammer Konstanz auch ihre Hotlinezeiten ausgeweitet. Die 07531-205-201 ist nun Montag bis Freitag von 8 Uhr bis 20 Uhr erreichbar, um Fragen der Unternehmen zu beantworten.
Grundsätzlich können Selbstständige ohne Angestellte und Firmen mit bis zu fünf Beschäftigten einmalig bis zu 9000 Euro erhalten, die sie nicht zurückzahlen müssen. Für Firmen mit bis zu zehn Beschäftigten gibt es maximal 15.000 Euro, Betriebe mit bis zu 50 Beschäftigten sollen bis zu 30.000 Euro bekommen können. Unternehmen mit bis zu 10 Beschäftigten dürfen ihre Auszubildenden bei der Beschäftigtenzahl voll anrechnen.
Welche Summen die Unternehmen tatsächlich erhalten, ist abhängig vom Schaden, der dem Betrieb seit dem 11. März unmittelbar aus der Coronavirus-Krise entstanden ist. Die Unternehmer müssen in einer eidesstattlichen Versicherung bestätigen, dass ihre Situation durch die Corona-Krise wirklich existenzbedrohend ist.
Rund 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwarzwald-Baar-Heuberg stehen nach deren
Angaben bereit, um die Antragsflut der von den Folgen der Corona-Pandemie
betroffenen Unternehmen in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg zu bewältigen.
„Wir rechnen mit einer Zahl von Anträgen zum Soforthilfe-Programm der
Landesregierung in fünfstelliger Größe innerhalb kürzester Zeit“, sagte
IHK-Präsidentin Birgit Hakenjos-Boyd noch am Mittwoch.
„Daher hat es mich und die Mitglieder des Ehrenamts der IHK besonders gefreut,
dass sich sehr viele Beschäftigte kurzfristig und freiwillig dazu bereit
erklärt haben, bei der Prüfung der Anträge mitzuarbeiten. Wir tun alles, damit
die Soforthilfe so schnell wie möglich bei den Unternehmen ankommt“, versichert
die IHK-Präsidentin
Vor allem auch die Beratungen über die Corona-Hotline unter: 07721 922-244,
(Montag bis Freitag von 8 bis 17 Uhr, Samstag von 10 bis 14 Uhr), die aktuell
täglich von mehr als 100 Anrufern in Anspruch genommen werden, gibt den
Betrieben wichtige Orientierung. Auch per E-Mail ist unter corona@vs.ihk.de die Kontaktaufnahme
möglich.