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„Patentstreit ums Sturmgewehr: Haenel wehrt sich“, Veröffentlicht: Mittwoch, 25. November 2020, 15.40 Uhr

Patentstreit ums Sturmgewehr: Haenel wehrt sich

Beim Waffenhersteller Heckler-und-Koch schien nach der letzten Aktionärsversammlung Ende August alles nach Plan zu laufen. Die CDE des französischen Milliardärs Nicolas Walewski hatte die Mehrheit übernommen, der langjährige Großaktionär und zeitweilige Vorstand Andreas Heeschen war ausgebootet. Doch dann kam die Entscheidung des Bundesverteidigungsministeriums für den Kauf eines neuen Sturmgewehrs nicht von HK, sondern vom kleinen Konkurrenten Haenel aus Suhl. Die Firma Haenel gehört indirekt einem Rüstungskonzern in den vereinigten Arabischen Emiraten.

Nach heftigem Protest allerdings ruderte das Verteidigungsministerium wieder zurück und kassierte seine ursprüngliche Vergabeempfehlung. Hintergrund für den Rückzieher sind wohl die Eigentumsverhältnisse bei Haenel und ein Patentrechtsstreit mit Heckler und Koch.

In diesem Zusammenhang bestätigt HK-Sprecher Marco Seliger Medienberichte, wonach sein Unternehmen sich mit einer ausführlichen Stellungnahme an das Bundesverteidigungsministerium und das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) gewandt hat. Das Ministerium hatte vor gut einem Monat in einer Pressemitteilung erklärt, weshalb man die Vergabeentscheidung nochmals gestoppt habe.

Video zeigt austauschbare Teile

Seliger berichtet auf Nachfrage der NRWZ, man habe dem Schreiben ein Video beigefügt. Darin ist zu sehen, wie ein Techniker von Heckler und Koch ein Gewehr von Haenel, das CR 223 und das eigene HK 416  auseinanderbaut. „Dann tauscht der Techniker wesentliche Teile der beiden Waffen aus – und die Waffe schießt trotzdem“, beschreibt Seliger den Inhalt des Videos.

Diese Gewehr würde HK der Bundeswehr gern verkaufen: Das HK416 Abbildung von der HK-Homepage. Screenshot: him

Es gebe eindeutige Hinweise darauf,  „dass Haenel das CR 223 modifiziert und als MK 556 der Bundeswehr angeboten“ habe, so Seliger zur NRWZ. Der Geschäftsführer von Haenel Olaf Sauer war lange Jahre bei Heckler-und-Koch beschäftigt.

Haenel: MK 556  ist eigene Entwicklung

Haenel seinerseits teilt heute auf seiner Homepage mit, das Sturmgewehr MK556 sei eine Eigenentwicklung der C.G. Haenel/MERKEL-Gruppe. Auch die angeblichen Patentrechtsverletzungen bezögen sich „ausschließlich auf die CR223, ein halbautomatisches Gewehr für den Schießsport“. Das Gewehr MK556 sei ein anderes Gewehr mit unterschiedlichen Konstruktionsmerkmalen zur CR223.

Haenel MK 556 Foto: Werkfoto C.G. Haenel

„Wir gehen darüber hinaus davon aus, dass auch hinsichtlich der CR223 keine Patentrechtsverletzung vorliegt.“ Abschließend heißt es, Haenel habe „volles Vertrauen in das BAAINBw und stellen uns gern nochmals dem Vergleich mit dem Wettbewerber“.  Um eine Stellungnahme zu dieser Aussage gebeten, meint Seliger: „Zu Haenels Stellungnahme äußern wir uns nicht.“

Anfechtungsklage eines Aktionärs

Eigentlich also Ärger genug für die Oberndorfer. Doch nun gibt es noch eine Anfechtungsklage gegen vier Beschlüsse der Aktionärsversammlung vom 27. August. Unter AZ 31 O 67/20 KfH  habe ein Aktionär beim Landgericht Stuttgart  Anfechtungsklage nach Paragraf 246 Aktiengesetz gegen vier Beschlüsse gefasst. Dabei geht es um die erfolgte Entlastung des Vorstands für das Jahr 2019 und die Erweiterung des Aufsichtsrates auf vier Sitze. Außerdem wendet sich die Aktionärin gegen den Beschluss, die Wahl Heeschens in den Aufsichtsrat wieder aufzuheben.

Am 19. Dezember 2019 hatte die Aktionärsversammlung Heeschen gewählt. Da besaß dieser noch die große Mehrheit der HK-Anteile. Schließlich will die Aktionärin erreichen, dass  die Wahl von Nicolaus Bocklandt zum Mitglied des Aufsichtsrates aufgehoben wird. Bocklandt war von CDE vorgeschlagen worden.

Heeschen versichert auf Nachfrage der „Welt“, er stecke nicht hinter der Klage. Das sei nicht sein Stil. HK-Sprecher Marco Seliger will auf Nachfrage der NRWZ  den Vorgang und die Anfechtungsklage „nicht weiter kommentieren“.

 

 

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