Kindergarten Waldmössingen: Entscheidung am 29. April

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Am 29. April im Gemeinderat muss eine Entscheidung fallen. Darin waren sich am Ende einer langen Debatte zur Zukunft des Waldmössinger Kindergartens alle Mitglieder des Verwaltungsausschusses einig. Einen Empfehlungsbeschluss wollte das Gremium am Donnerstagabend aber noch nicht abgeben. Noch seien zu viele Fragen ungeklärt, noch hätten die Fraktionen nicht ausführlich beraten. Etwa ein Dutzend Waldmössinger, unter ihnen Pfarrer Christian Albrecht und drei Ortschaftsräte, verfolgten die Debatte.

Interessierte Zuhörer im Bärensaal.

Wie berichtet, fehlen in Waldmössingen zunehmend Kindergartenplätze. Schon seit 2017 sei das ein Thema, so Fachbereichsleiterin Susanne Gwosch. Das angedachte Familienzentrum der katholischen Kirchengemeinde hatte der Rat verworfen. Im April 2019 habe die Kirchengemeinde das Projekt Sanierung und Erweiterung der Kita vorgestellt. „Schon damals hat die Kirchengemeinde die 20-Prozent-Beteiligung an den Investitionskosten in Frage gestellt“, so Gwosch. Im Sommer 2020 habe die Kirche 110.000 Euro für die Sanierung aber keine Beteiligung für die Erweiterung angeboten. Bei einer Nachverhandlung sei die Kirche nun auf 220.000 Euro hoch gegangen.

Inzwischen sei aber auch die Idee eines betrieblich unterstützten Kindergartens (Beki) im Industriegebiet Webertal aufgekommen. Dafür könnte es Bedarf geben auch wegen möglicher Zuzüge in Waldmösssingen.

Städtebaulich falscher Platz

Die für den Baubereich verantwortliche Fachbereichsleiterin Petra Schmittmann-Deniz erklärte, „aus städtebaulicher Sicht sind wir nicht so sehr für diese Variante. Wir würden sie aber trotzdem möglich machen.“ Käme der von der Initiative vorgeschlagene Platz im Webertal 3, läge der Kindergarten eines Tags mitten im Industriegebiet, wenn eine spätere Erweiterung kommt. Die Verwaltung favorisiere eher einen Platz am Rand eines Industriegebiets wie beim Kindergarten Oberreute.

Bliebe es beim bisherigen Standort, würde man den Bebauungsplan fertigstellen. Anschließend könnte ein Investor einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan machen lassen. In Gutachten müsste er nachweisen, dass der Kindergarten die angrenzenden Betriebe nicht stört – und umgekehrt. Man könnte es auch über einen Bauantrag versuchen. Dann wäre aber nur speziell ein Kindergarten auf diesem Grundstück möglich, so Schmittmann Deniz.

Wenn das Gewerbegebiet um Webertal 2 erweitert wird, läge der Beki (rotes Oval) mitten drin. Grafik: Stadt/him

Stadtkämmerer Klemens Walter hat für die verschiedenen Varianten versucht die Kosten und die Folgekosten zu berechnen. Beim katholischen Kindergarten lägen bereits Pläne und Kostenschätzungen vor. „Da haben wir relativ belastbare Zahlen.“ Beim Betriebskindergartenvorschlag sei noch sehr viel unklar. Es gäbe keinerlei Kostenschätzung. Auch zur möglichen Mietenhöhe wisse er nichts. „Damit steht und fällt aber meine Berechnung.“

Klemens Walter

Kerstin Flaig, zuständig für Kitas und Schulen, ergänzte, es komme stark darauf an, wie gut eine Kita ausgelastet sei. Davon hingen die staatlichen Zuschüsse ab. Walter versuchte dennoch eine Prognose. Er nahm dafür den jeweils besten Fall an und machte eine „Best-Case“-Schätzung. Danach kämen auf die Stadt jährliche Folgekosten von 500.000 Euro zu, wenn man den kirchlichen Kindergarten und den betrieblichen Kindergarten verwirklichen würde.  Bei der Variante 2, nur der kirchliche Kindergarten kommt, lägen die jährlichen Kosten bei etwa 450.000 Euro.

Kindergartenbedarfsplan mit „Fallstricken“

Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr berichtete vom Beschluss des Ortschaftsrats, den Waldmössinger katholischen Kindergarten zu sanieren und zu erweitern. Dass der Ortschaftsrat den Satz mit der Kostendeckelung gestrichen hat, könne sie mittragen. Stattdessen solle die Stadt mit der Kirchengemeinde über das Mehrkostenproblem verhandeln.

“Fallstricke“ sehe die Verwaltung aber in dem Beschlussvorschlag, den Beki in die Kindergartenbedarfsplanung der Stadt aufzunehmen. Das würde bedeuten, irgendwo in der Gesamtstadt müsste ein solcher Kindergarten entstehen. Sie wies außerdem auf den Unterschied zwischen Bedarf und Bedürfnissen  im Kindergartengesetz hin. Man würde „Tür und Tor“ für alle möglichen Wünsche öffnen, wenn man als Bedürfnis einen Beki in den Kindergartenbedarfsplan aufnehmen würde, fürchtete Eisenlohr.

Sie wies darauf hin, dass beim Ausbau des katholischen Kindergartens der Bedarf in Waldmössingen gedeckt wäre. Ein Beki käme dann mit Sicherheit zuerst in Sulgen oder in der Talstadt in Frage. „Da explodieren die Zahlen wegen der Zuzüge gerade“, so Eisenlohr. „Ein Beki in Waldmössingen wäre in x-Jahren nicht realistisch.“

Ratlosigkeit im Rat

Die Ausschussmitglieder waren über diese neue Wendung überrascht, wie als erster Redner Jürgen Winter, CDU, verdeutlichte. „Wir machen drei Schritte vor und zwei zurück.“ Er sehe die Bedeutung der kirchlichen Einrichtungensehr wohl. Mit Blick auf den Schulcampus müsse man aber bei allen Projekten mit  spitzem Stift rechnen. Winter beklagte die ständig neuen Richtungen, in die die Pläne gingen. Er frage sich, ob der Ortschaftrat im Licht der jetzigen Sachlage wieder so abstimmen würde. Bis zur Gemeinderatssitzung Ende April wünschte Winter sich „mehr Klarheit“.

Jürgen Reuter(„Aktive Bürger“) forderte vom Kämmerer auch eine „Worst-Case“-Berechnung und wollte die Folgekosten auch unter Einbeziehung der Personalkosten auf 25 Jahre berechnet sehen.

Ralf Rückert (Freie Liste) hatte „zu wenig Informationen für einen tragfähigen Beschluss“. Man kenne auch das Ergebnis der Nachverhandlungen noch nicht. Er beantragte,  keinen Empfehlungsbeschluss zu fassen. Ortsvorsteher Reiner Ullrich plädierte für die Ortschaftratsempfehlung. Nur mit dem katholischen Kindergartenprojekt ließe sich der Kindergartenbedarf „zeitnah“ umsetzen. Einen Beki sieht Ullrich auch als Teil der Wirtschaftsförderung, als „perspektivisch ergänzende Einrichtung“.

Ortsvorsteher Reiner Ullrich.

Es muss „zum Loch naus“

Tanja Witkowski (SPD-Buntspecht) fand, die Aufträge des Rates an die Verwaltung seien erledigt. Es sei lang und ausführlich diskutiert worden „Wir sollten der Verwaltung nicht immer neue Aufträge erteilen, wir müssen entscheiden.“ Der Ort sei in Aufruhr. Die Eltern bräuchten ein neues Signal. „Das muss jetzt zum Loch naus.“. Der Gemeinderat müsse sich jetzt zu einer Lösung bekennen, forderte sie.

Ihr Sprecherkollege Thomas Brantner von der CDU stimmte ihr darin zu. “Wir können die Kirchengemeinde nicht länger warten lassen.“ Es werde aber keine Zeitverzögerung bedeuten, wenn der Gemeinderat am 29. April entscheide. Auch die von Reuter geforderten Zahlen seien doch schon da. Er fände es schade, wenn der Beki nicht in den Bedarfsplan aufgenommen werden könne. Aber man müsse da tatsächlich aufpassen.

Emil Rode (Freie Liste) hatte Bedenken, dass die neuen Berechnungen bis zur Gemeinderatssitzung fertig sein würden. Er fand: „Jetzt muss ein Deckel drauf.“

Eisenlohr sagte zu, dass bis zum 29. April die Verhandlungen über die Mehrkosten abgeschlossen seien. Auch eine Änderung im Vertrag sei bis dahin möglich. Bei einer Worst-Case-Berechnung sei sie skeptisch. Diese lehnte der Ausschuss bei Stimmengleichheit fünf zu fünf dann auch ab. Einstimmig stimmte das Gremium dafür, keinen Empfehlungsbeschluss zu fassen und die Entscheidung dem Gemeinderat zu überlassen.

Das interessiert diese Woche



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Am 29. April im Gemeinderat muss eine Entscheidung fallen. Darin waren sich am Ende einer langen Debatte zur Zukunft des Waldmössinger Kindergartens alle Mitglieder des Verwaltungsausschusses einig. Einen Empfehlungsbeschluss wollte das Gremium am Donnerstagabend aber noch nicht abgeben. Noch seien zu viele Fragen ungeklärt, noch hätten die Fraktionen nicht ausführlich beraten. Etwa ein Dutzend Waldmössinger, unter ihnen Pfarrer Christian Albrecht und drei Ortschaftsräte, verfolgten die Debatte.

Interessierte Zuhörer im Bärensaal.

Wie berichtet, fehlen in Waldmössingen zunehmend Kindergartenplätze. Schon seit 2017 sei das ein Thema, so Fachbereichsleiterin Susanne Gwosch. Das angedachte Familienzentrum der katholischen Kirchengemeinde hatte der Rat verworfen. Im April 2019 habe die Kirchengemeinde das Projekt Sanierung und Erweiterung der Kita vorgestellt. „Schon damals hat die Kirchengemeinde die 20-Prozent-Beteiligung an den Investitionskosten in Frage gestellt“, so Gwosch. Im Sommer 2020 habe die Kirche 110.000 Euro für die Sanierung aber keine Beteiligung für die Erweiterung angeboten. Bei einer Nachverhandlung sei die Kirche nun auf 220.000 Euro hoch gegangen.

Inzwischen sei aber auch die Idee eines betrieblich unterstützten Kindergartens (Beki) im Industriegebiet Webertal aufgekommen. Dafür könnte es Bedarf geben auch wegen möglicher Zuzüge in Waldmösssingen.

Städtebaulich falscher Platz

Die für den Baubereich verantwortliche Fachbereichsleiterin Petra Schmittmann-Deniz erklärte, „aus städtebaulicher Sicht sind wir nicht so sehr für diese Variante. Wir würden sie aber trotzdem möglich machen.“ Käme der von der Initiative vorgeschlagene Platz im Webertal 3, läge der Kindergarten eines Tags mitten im Industriegebiet, wenn eine spätere Erweiterung kommt. Die Verwaltung favorisiere eher einen Platz am Rand eines Industriegebiets wie beim Kindergarten Oberreute.

Bliebe es beim bisherigen Standort, würde man den Bebauungsplan fertigstellen. Anschließend könnte ein Investor einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan machen lassen. In Gutachten müsste er nachweisen, dass der Kindergarten die angrenzenden Betriebe nicht stört – und umgekehrt. Man könnte es auch über einen Bauantrag versuchen. Dann wäre aber nur speziell ein Kindergarten auf diesem Grundstück möglich, so Schmittmann Deniz.

Wenn das Gewerbegebiet um Webertal 2 erweitert wird, läge der Beki (rotes Oval) mitten drin. Grafik: Stadt/him

Stadtkämmerer Klemens Walter hat für die verschiedenen Varianten versucht die Kosten und die Folgekosten zu berechnen. Beim katholischen Kindergarten lägen bereits Pläne und Kostenschätzungen vor. „Da haben wir relativ belastbare Zahlen.“ Beim Betriebskindergartenvorschlag sei noch sehr viel unklar. Es gäbe keinerlei Kostenschätzung. Auch zur möglichen Mietenhöhe wisse er nichts. „Damit steht und fällt aber meine Berechnung.“

Klemens Walter

Kerstin Flaig, zuständig für Kitas und Schulen, ergänzte, es komme stark darauf an, wie gut eine Kita ausgelastet sei. Davon hingen die staatlichen Zuschüsse ab. Walter versuchte dennoch eine Prognose. Er nahm dafür den jeweils besten Fall an und machte eine „Best-Case“-Schätzung. Danach kämen auf die Stadt jährliche Folgekosten von 500.000 Euro zu, wenn man den kirchlichen Kindergarten und den betrieblichen Kindergarten verwirklichen würde.  Bei der Variante 2, nur der kirchliche Kindergarten kommt, lägen die jährlichen Kosten bei etwa 450.000 Euro.

Kindergartenbedarfsplan mit „Fallstricken“

Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr berichtete vom Beschluss des Ortschaftsrats, den Waldmössinger katholischen Kindergarten zu sanieren und zu erweitern. Dass der Ortschaftsrat den Satz mit der Kostendeckelung gestrichen hat, könne sie mittragen. Stattdessen solle die Stadt mit der Kirchengemeinde über das Mehrkostenproblem verhandeln.

“Fallstricke“ sehe die Verwaltung aber in dem Beschlussvorschlag, den Beki in die Kindergartenbedarfsplanung der Stadt aufzunehmen. Das würde bedeuten, irgendwo in der Gesamtstadt müsste ein solcher Kindergarten entstehen. Sie wies außerdem auf den Unterschied zwischen Bedarf und Bedürfnissen  im Kindergartengesetz hin. Man würde „Tür und Tor“ für alle möglichen Wünsche öffnen, wenn man als Bedürfnis einen Beki in den Kindergartenbedarfsplan aufnehmen würde, fürchtete Eisenlohr.

Sie wies darauf hin, dass beim Ausbau des katholischen Kindergartens der Bedarf in Waldmössingen gedeckt wäre. Ein Beki käme dann mit Sicherheit zuerst in Sulgen oder in der Talstadt in Frage. „Da explodieren die Zahlen wegen der Zuzüge gerade“, so Eisenlohr. „Ein Beki in Waldmössingen wäre in x-Jahren nicht realistisch.“

Ratlosigkeit im Rat

Die Ausschussmitglieder waren über diese neue Wendung überrascht, wie als erster Redner Jürgen Winter, CDU, verdeutlichte. „Wir machen drei Schritte vor und zwei zurück.“ Er sehe die Bedeutung der kirchlichen Einrichtungensehr wohl. Mit Blick auf den Schulcampus müsse man aber bei allen Projekten mit  spitzem Stift rechnen. Winter beklagte die ständig neuen Richtungen, in die die Pläne gingen. Er frage sich, ob der Ortschaftrat im Licht der jetzigen Sachlage wieder so abstimmen würde. Bis zur Gemeinderatssitzung Ende April wünschte Winter sich „mehr Klarheit“.

Jürgen Reuter(„Aktive Bürger“) forderte vom Kämmerer auch eine „Worst-Case“-Berechnung und wollte die Folgekosten auch unter Einbeziehung der Personalkosten auf 25 Jahre berechnet sehen.

Ralf Rückert (Freie Liste) hatte „zu wenig Informationen für einen tragfähigen Beschluss“. Man kenne auch das Ergebnis der Nachverhandlungen noch nicht. Er beantragte,  keinen Empfehlungsbeschluss zu fassen. Ortsvorsteher Reiner Ullrich plädierte für die Ortschaftratsempfehlung. Nur mit dem katholischen Kindergartenprojekt ließe sich der Kindergartenbedarf „zeitnah“ umsetzen. Einen Beki sieht Ullrich auch als Teil der Wirtschaftsförderung, als „perspektivisch ergänzende Einrichtung“.

Ortsvorsteher Reiner Ullrich.

Es muss „zum Loch naus“

Tanja Witkowski (SPD-Buntspecht) fand, die Aufträge des Rates an die Verwaltung seien erledigt. Es sei lang und ausführlich diskutiert worden „Wir sollten der Verwaltung nicht immer neue Aufträge erteilen, wir müssen entscheiden.“ Der Ort sei in Aufruhr. Die Eltern bräuchten ein neues Signal. „Das muss jetzt zum Loch naus.“. Der Gemeinderat müsse sich jetzt zu einer Lösung bekennen, forderte sie.

Ihr Sprecherkollege Thomas Brantner von der CDU stimmte ihr darin zu. “Wir können die Kirchengemeinde nicht länger warten lassen.“ Es werde aber keine Zeitverzögerung bedeuten, wenn der Gemeinderat am 29. April entscheide. Auch die von Reuter geforderten Zahlen seien doch schon da. Er fände es schade, wenn der Beki nicht in den Bedarfsplan aufgenommen werden könne. Aber man müsse da tatsächlich aufpassen.

Emil Rode (Freie Liste) hatte Bedenken, dass die neuen Berechnungen bis zur Gemeinderatssitzung fertig sein würden. Er fand: „Jetzt muss ein Deckel drauf.“

Eisenlohr sagte zu, dass bis zum 29. April die Verhandlungen über die Mehrkosten abgeschlossen seien. Auch eine Änderung im Vertrag sei bis dahin möglich. Bei einer Worst-Case-Berechnung sei sie skeptisch. Diese lehnte der Ausschuss bei Stimmengleichheit fünf zu fünf dann auch ab. Einstimmig stimmte das Gremium dafür, keinen Empfehlungsbeschluss zu fassen und die Entscheidung dem Gemeinderat zu überlassen.

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Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.