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Schweizer: Bis zu 100 Jobs sollen wegfallen

Geschäftsleitung bestätigt Freiwilligenprogramm, läßt aber die Zahlen offen

Beim Leiterplattenhersteller Schweizer Electronic in Sulgen wird der Personalabbau konkret. 70 bis 100 Stellen sollen wegfallen. Dazu hat das Unternehmen ein Programm aufgelegt, um Mitarbeitende zu bewegen, selbst das Unternehmen über einen Aufhebungsvertrag zu verlassen. Zwei besonders prominente Beschäftigte haben die Chance genutzt und sind gegangen: die beiden freigestellten Betriebsräte. Hier zunächst unser Bericht und dann die Antworten der Schweizer-Presseabteilung zu entsprechenden Fragen:

Schramberg. Wie die NRWZ aus der Belegschaft erfahren hat, möchte die Geschäftsleitung über ein freiwilliges Ausstiegsprogramm Mitarbeitende zur Kündigung bewegen. Insgesamt sollen 70 bis 100 Arbeitsplätze wegfallen. Wie berichtet leidet das Sulgener Werk stark unter zu wenig Auslastung. Fast 40 Prozent weniger Umsatz als im Vorjahr stammte aus dem Werk.

Pro Jahr Betriebszugehörigkeit biete das Unternehmen, denjenigen, die freiwillig gehen, 0,25 eines Monatslohns als Abfindung.

Vorsicht bei Kündigung in Kurzarbeit

Selbst Kündigungen aussprechen gehe nur schwer, weil bis Jahresende Kurzarbeit bei Schweizer vereinbart wurde. In solchen Fällen müsste der Arbeitgeber einen personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Kündigungsgrund anführen.

Arbeitnehmer müssen besonders aufpassen, denn ihnen droht eine Sperrzeit von bis zu 12 Wochen beim Arbeitslosengeld, wenn sie von sich aus kündigen.

Aus der Belegschaft war zusätzlich zu erfahren, dass die Geschäftsleitung außerdem all diejenigen, die in diesem oder nächsten Jahr in Rente gehen, zum vorzeitigen Ausstieg motivieren möchte. Sie sollen eine Prämie bekommen, die die Verluste bei der Rente ausgleichen soll.

Eigenkapital schmilzt

Im Betrieb ist davon die Rede, dass die Eigenkapitalquote bei Schweizer pro Monat um eine Million Euro schrumpfe.

Im Halbjahresbericht wird angegeben die Eigenkapitalquote sei seit Jahresbeginn von gut 21 auf gut 14 Prozent gesunken. Laut Finanzbericht sank das Eigenkapital tatsächlich von 21,6 Millionen Ende 2024 auf 15,6 Millionen Ende Juni 2025.

Abgang

Die Stimmung scheint schlecht zu sein. Es werde gelästert, ob man bei diesem Personalabbau für den geschrumpften „Laden“ überhaupt noch drei Vorstände brauche. Als Schweizer vergangenes Jahr sein 175-jähriges Bestehen gefeiert habe, habe es für die Mitarbeiter je „eine trockene Brezel“ gegeben, erzählt ein ehemaliger Mitarbeiter. Ob tatsächlich oder im übertragenen Sinne, sei dahingestellt.

Bezeichnend ist auch der Abgang der beiden freigestellten Betriebsräte. Diese haben ihre Aufhebungsvereinbarungen unterschrieben – und waren weg, wohl ohne die Belegschaft zu informieren. Kein Wunder, dass IG-Metallsekretär Stefan Prutscher in den vergangenen Wochen vergebens versucht hatte, den Betriebsratsvorsitzenden zu erreichen.

Stellungnahme der Geschäftsleitung

Nachdem die NRWZ zahlreiche Informationen aus der Belegschaft erhalten hatte, haben wir dem Unternehmen einen dazugehörigen Fragenkatalog vorgelegt. Wir veröffentlichen Fragen und Antworten hier:


Trifft es zu, dass über ein freiwilliges Ausstiegsprogramm Ihr Unternehmen Mitarbeitende zur Kündigung bewegen möchte?
Schweizer ist aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Lage insbesondere in der Automobilindustrie und die dadurch entstandene Unterauslastung des Produktionsstandorts Schramberg gezwungen, Kostenanpassungen vorzunehmen. Diese Anpassungen beinhalten leider auch die Anpassung des Personalkosten an die neuen Gegebenheiten. Um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden, hat Schweizer vor einigen Wochen ein Freiwilligenprogramm gestartet, welches drei Bausteine beinhaltet. Diese sind a) die freiwillige Arbeitszeitabsenkung, b) Unterstützung bei freiwilligem vorzeitigem Eintritt in den Ruhestand sowie c) freiwillige Aufhebungsverträge.


Wie viele Mitarbeitende haben inzwischen davon Gebrauch gemacht?
Bislang haben eine mittlere zweistellige Zahl von Mitarbeitenden von den Angeboten freiwillig Gebrauch gemacht. Die Motivationen der Mitarbeitenden sind hier sehr unterschiedlich und gehen von der erstrebten Selbständigkeit über einen neuen Berufswunsch bis hin zu Weltreisen und Auswanderungen.


Trifft es zu, dass diesen pro Jahr Betriebszugehörigkeit 0,25 eines Monatslohns als Abfindung geboten
wird?

Die Pakete sind sehr individuell und richten sich nach den persönlichen Rahmenbedingungen der anfragenden Mitarbeitenden, beispielsweise dem Zeitpunkt des gewünschten Austrittes. Die Möglichkeit der vorgezogenen Renteneintritte wird durch eine professionelle, externe Rentenberatung begleitet.


Trifft es zu, dass das Unternehmen bis 31.12.2025 wegen der mit dem Betriebsrat vereinbarten Kurzarbeit keine Entlassungen aussprechen kann?

Wir sind uns mit dem Betriebsrat einig, dass ein Freiwilligenprogramm im Gegensatz zu betriebsbedingten Kündigungen der richtige Weg ist, um die erforderlichen Ziele zu erreichen. Management und Betriebsrat sind sich ihrer gemeinsamen Aufgabe bewusst und arbeiten vertrauensvoll sowie sehr konstruktiv zusammen.


Trifft es zu, dass es um 70 bis 100 Arbeitsplätze geht, die die Geschäftsleitung abbauen möchte?
Die erforderlichen Einsparungen richten sich nicht nach der Anzahl der Arbeitsplätze, sondern nach den durch das Freiwilligenprogramm erzielten Einsparungen.

Trifft es zu, dass dazu noch die Mitarbeitenden hinzukommen, die dieses und im nächsten Jahr in Rente gehen werden?
Die Anpassungen erfolgen in der Gesamtschau der vergangenen und auch zukünftigen Personalentwicklungen am Standort Schramberg.

Trifft es zu, dass diesen ebenfalls eine „Prämie“ geboten wird, um einen möglichen Verlust bei der Rente auszugleichen, wenn sie früher gehen?
Natürlich wird auch bei einem freiwilligen früheren Eintritt in den Ruhestand eine finanzielle Unterstützung gewährt.

Wie viele der künftigen Rentnerinnen und Rentner haben das Angebot angenommen?
Bislang hat eine niedrige zweistellige Zahl von zukünftigen Rentnern das Angebot angenommen. Das Interesse hierfür ist jedoch sehr hoch und wir können nicht allen Interessierten zusagen, über das Freiwilligenprogramm frühzeitig in Rente gehen zu können.


Trifft es zu, dass das Eigenkapital von Schweizer pro Monat um eine Million Euro schrumpft?

Die Eigenkapitalentwicklung kann dem Halbjahresfinanzbericht entnommen werden.




NRWZ-Redaktion Schramberg

Unter dem Label NRWZ-Redaktion beziehungsweise NRWZ-Redaktion Schramberg veröffentlichen wir Beiträge aus der Feder eines der Redakteure der NRWZ. Sie sind von allgemeiner, nachrichtlicher Natur und keine Autorenbeiträge im eigentlichen Sinne.Die Redaktion erreichen Sie unter redaktion@NRWZ.de beziehungsweise schramberg@NRWZ.de

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