Vorsicht bei Angebot einer  „Bürgerinfo-Broschüre für Rottweil und Umgebung“

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Sieht amtlich aus, das Schreiben der „Regio Media Ltd.“, das zuletzt in  etlichen Briefkästen von Ärztinnen und Ärzten, Gesundheitsdienstleistern sowie Gewerbetreibenden im Raum Schramberg gelandet ist. „Bürgerinfobroschüre“ und „Anzeigenvertrag“ steht darüber. Die Broschüre habe „Gesundheit“ zum Thema. Dahinter verbirgt sich aber mutmaßlich ein Abzockversuch.

Update, 8. Mai 2025: Die „Regio Media Ltd.“ ist nach Informationen der NRWZ wieder aktiv. Nun wird offenbar eine „Bürgerinfo-Broschüre für Rottweil und Umgebung“ angeboten. Eine Leserin berichtet, sie habe am Telefon einmal „ja“ in einem Satz erwähnt – und damit bereits „ein Abo an der Backe das über 1000 Euro kostet“. Im Telefonat werde zudem erklärt, dass man ja schon einen Vertrag abgeschlossen hätte. Wolle man nun kündigen, habe man das Formular zu unterschreiben. Und danach liefe der Vertrag wohl weiter, weil man damit einen neuen Abschluss unterschreibt – „Angstmache und Abzocke in einem“, so das Urteil der Leserin. Diesem neuen Fall ist die NRWZ nicht nachgegangen, kann die Angaben damit nicht verifizieren. Das taten wir aber vor rund zweieinhalb Jahren:

Ursprünglicher Beitrag von 2022: Ein HGV-Mitglied habe sie darauf hingewiesen, dass derzeit wieder Schramberger Gewerbetreibende und Freiberufler per Email oder Fax Formulare für Werbeanzeigen in einer „Bürgerinfo-Broschüre“ erhielten, berichtet die Geschäftsführerin des Handels- und Gewerbevereins Manuela Klausmann. „Teilweise gehen dem Formular auch Anrufe voraus, in denen vorgetragen wird, man müsse das Formular unterzeichnen, um ein Abo zu kündigen“.

Dieses Formular flatterte einem Mediziner aus Schramberg ins Haus. Rechts die angeblich in Auftrag gegebene Anzeige – verpixelt.

Bei einem flüchtigen Blick könnte man das erhaltene Formular für eine bloße Korrektur-Bestätigung oder Kündigung einer bestehenden Anzeige halten, so Klausmann. Auf dem Schreiben ist nämlich eine bereits tatsächlich bestehende Werbeanzeige des Angeschriebenen groß abgebildet. Eine Anzeige, die aus einer anderen Publikation kopiert wurde.

Klausmann warnt: „Unterschreibt man das Formular und schickt es zurück, drohen horrende Rechnungen.“  Ob überhaupt eine Infobroschüre erstellt und verteilt werde, sei „mehr als fraglich“.

Briefkastenfirma in London?

Forscht man ein wenig im Internet, findet man die Firma Regio Media mit ihrer Londoner Adresse. Erst im Frühjahr wurde sie gegründet. Dejan Stoilev ist seither „Director“. Über Umsätze, Mitarbeiter, Kapital und so weiter gibt es bisher keine Unterlagen.

Stoilev lebt in Mazedonien. In London besitzt er ein weiteres Unternehmen, das sich ebenfalls mit Werbung und Public Relations befasst. An der angegebenen Adresse im Norden Londons finden sich etwa 15 weitere Firmen.

Die „Kölner Masche“

Auf ganz ähnliche Weise versuchen anscheinend seit vielen Jahren Firmen Gewerbetreibende zu locken. Weil sie vor Jahren erstmals in Köln angewandt wurde, heißt sie in Polizei- und Anwaltskreisen „Kölner Masche“

Dabei wechseln die Namen der Firmen, die Formulare sehen etwas unterschiedlich aus – aber die Masche bleibt immer gleich. Um sich ein wenig abzusichern, steht auf dem Formular im Kleingedrucken noch „behördenunabhängig – ohne öffentlichen Auftrag“.

Juristen raten: Wehren Sie sich

Wer bereits einen Vertrag unterzeichnet und Rechnungen erhalten hat, sollte einen Rechtsanwalt oder eine Anwältin einschalten, rät Klausmann. Da vermutlich keine Gegenleistung, eben die Werbeanzeige in dem besagten Medium, erschienen ist,  müsse man auch nicht zahlen.

Wer denkt: ‚um des lieben Friedens willen, zahl‘ ich halt‘, der irrt, wie drei Berliner Fachanwälte berichten. Die nächsten Rechnungen folgten, es seien schließlich drei kostenpflichtige Veröffentlichungen vereinbart. Sie raten, sich möglichst schnell zu wehren. Wegen mangelnder Bestimmtheit sei gar kein wirksamer Vertrag zustande gekommen.

Info: Die IHK Schleswig-Holstein hat in einem Infoblatt bereits ein Schreiben vorformuliert, wie man sich wehren kann.




Martin Himmelheber (him)

... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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