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„Wir sind vulnerabel“

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Die Nachrichten von der Corona-Front haben sich verbessert: Die Sieben-Tage-Inzidenz ist gestern auf 146 gesunken, die Impfquote im Kreis beträgt mehr als 26,5 Prozent bei den Erstimpfungen. Das wurde bei der wöchentlichen Presse-Information des Landratsamts mitgeteilt.

Wie berichtet, lässt sich die Zahl der Geimpften im Kreis nicht so genau bestimmen, denn viele Menschen lassen sich in Nachbarkreisen impfen und viele Menschen aus anderen Landkreisen in Rottweil. Erst in dieser Woche hat Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel vom Land die Information erhalten, wie viele Menschen aus Städten und Gemeinden im Kreisgebiet geimpft sind. Aber diese Zahlen sind auch schon ein paar Tage alt.

„Das ist wie beim Langstreckenlauf“

Trotz der besseren Zahlen darf man sich nicht in Sicherheit wiegen, warnten Michel und Gesundheitsamts-Chef Dr. Heinz-Joachim Adam: „Wenn es irgendwo im Kreis wieder einen Hotspot gibt, schnellen die Zahlen so richtig nach oben“, warnte der Landrat. Und Adam erklärte, ihm bereiteten die Inzidenz-Zahlen in den Nachbarkreisen Tuttlingen, Freudenstadt, Schwarzwald-Baar und Zollernalb Sorgen, auch wenn es dort auch weniger würden. „Wir sind vulnerabel“, sagte Adam. Maske, Abstand und Kontaktvermeidung seien nach wie vor Gebot der Stunde. Und Michel warnte vor dem „Präventions-Paradoxon“: Wenn die Ansteckungszahlen nach unten gehen, sinke die Bereitschaft, die Vorschriften einzuhalten. „Das ist wie beim Langstreckenlauf, wer nach zwei Dritteln vorn liegt, darf auch nicht langsamer werden.“

Britische Variante vorherrschend

In den Pflegeheimen im Kreis gibt es noch einen Bewohner und einen Beschäftigten mit Covid-19, berichtete der Landrat. Im Landkreis sei die britische Virus-Variante vorherrschend (80 Prozent), sagte Adam. Sechs Fälle mit der südafrikanischen und drei mit der brasilianischen Variante seien entdeckt worden; die drei Personen stünden alle im Kontakt zueinander, die auslösende Person wurde nicht ermittelt, „liegt wohl nicht im Kreis Rottweil“ (Adam). Alle drei hätten mittlere bis mäßige Symptome.

Zwei Firmen im Kreis

In Schulen, Kindergärten und Pflegeheimen gebe es derzeit keine Corona-Ausbrüche mehr, berichtete Adam. Aber in zwei Firmen im Kreis seien Ausbrüche gemeldet worden. In einer davon habe er „Pendlerquarantäne“ angeordnet, weil der Betrieb systemrelevant sei. Die Auslastung in den Intensivstationen im Land sei mit 86 Prozent „hoch“. Im Kreis stünden aber noch ausreichend Intensiv- und Überwachungsbetten zur Verfügung.

Astrazeneca bleibt nicht liegen

Im Kreisimpfzentrum (KIZ) wird diese Woche letztmals der Impfstoff von Astrazeneca verimpft, berichtete dessen Leiter Nicos Laetsch. Der mancherorts unbeliebte Stoff „bleibt nicht liegen und wird auch nicht verschmäht“, betonte er. Es habe keine Terminsabsagen gegeben. Der Wegfall von Astrazeneca würde nicht ganz kompensiert: In dieser Woche werden im KIZ noch 4250, in der kommenden Woche nur 3500 Personen geimpft.

„So wird man zum Schwellenland“

Mit den sinkenden Infektionszahlen nähert sich der Kreis den Schwellen, die von der „Bundes-Notbremse“ gesetzt wurden, berichtete Ordnungsamtsleiter Thomas Seeger. Gestern wurde der Wert von 165 unterschritten. Wenn dies an fünf aufeinanderfolgenden Werktagen (Sonntage bleiben unberücksichtigt) der Fall sei, so erklärte Seeger, dürften die Schulen wieder in den Schichtbetrieb gehen, die Kindergärten geöffnet werden. Wenn an fünf aufeinander folgenden Werktagen die Schwelle von 150 unterschritten werde, dürften die Geschäfte im Kreis von „click and collect“ zu „click and meet“ übergehen, also nach Vereinbarung und unter Berücksichtigung der Vorgaben wieder Kunden ins Geschäft lassen. „So wird man zum Schwellenland“, scherzte Landrat Michel.

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Wolf-Dieter Bojus
Wolf-Dieter Bojus
... war 2004 Mitbegründer der NRWZ und deren erster Redakteur. Mehr über ihn auf unserer Autoren-Seite.

2 Kommentare

  1. Ja, das „Präventions-Paradoxon“ gibt es. Unbestritten. Aber als jemand, der beruflich in der Schweiz verwurzelt ist, erlaube ich mir immer mal wieder auch den Blick über die Grenze. Und was tun diese ungehorsamen Nachbarn? Anstatt zu sterben wie die Fliegen, wie es sich nach der völlig verantwortungslosen Öffnung vor ein paar Wochen gehören würde, bewegt sich die dortige Inzidenz davon ziemlich unbeeindruckt weiterhin parallel zu unserer Abwärts.

    Wer etwas Lesestoff sucht, wie man von neutralem Boden auf uns blickt, dem sei https://www.nzz.ch/meinung/der-andere-blick/streit-um-die-bundesnotbremse-wenn-die-moralkeule-locker-sitzt-ld.1614699 empfohlen.

  2. Richtig der gesellschaftliche Schaden dürfte enorm sein. Und wehe doe Politik fordert von mir als nicht Priorisierte Person Solidarität ein …..

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