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„Eine Gegenstimme, viel Kritik und Anregungen“, Veröffentlicht: Donnerstag, 30. Januar 2020, 11.52 Uhr

Eine Gegenstimme, viel Kritik und Anregungen

Geschafft: Der Haushalt der Stadt Rottweil für das laufende Jahr ist verabschiedet. Mit einer Gegenstimme (Reimund Hoffmann). Kritik gab’s aber auch von anderer Seite.

73 Millionen Volumen, Abschreibungen vollständig erwirtschaftet, 26 Millionen Investitionen; 15 Millionen Gewerbesteuereinahmen, 15,5 Millionen beim Gemeinde-Anteil an der Einkommensteuer, vier Millionen Grundsteuer – das sind ein paar wichtige Zahlen des Haushalts. Und vor allem: ohne neue Schulden.

Vor der Abstimmung äußerten sich Fraktionen und Parteien zum Haushalt.

SPD+FfR

Zufrieden gab sich Arwed Sassnick von der größten Fraktion
SPD+FfR. Er stellte fest, dies sei ein zukunftsorientierter Haushalt.
Langfristig könne nur ausgegeben werden, was an Einnahmen reinkomme. Ein guter
Schritt des Gemeinderats sei, die Schulsozialarbeit aufzustocken. Er wies
darauf hin, dass die SPD seit Jahren eine Gebührenfreiheit von Kindergärten
fordere – aber das dürfe nicht zu Lasten der Gemeinden gehen. Bei der
Ausweisung von Neubaugebieten müsse beachtet werden, „dass es nicht zu einer
Zersiedelung der Landschaft kommt.“ Mit dem Ja zu Testturm und Hängebrücke
kämen noch Probleme auf Rottweil zu, die gelöst werden müssten – etwa bei
Gastronomie und Hotellerie.

CDU

Günter Posselt hob für die CDU die Bedeutung des
Einkommensteuer-Anteils hervor. „Nur dann, wenn die Einkommensteuerzahler bei
uns Wohnraum finden und in Rottweil ihren Wohnsitz halten oder nehmen,
profitieren auch wir als Stadt“, betonte er. Enttäuscht sei die CDU-Fraktion
darüber, dass einige ihrer Anträge abgelehnt worden seien, namentlich die
Stelle eines Landesgartenschau-Beauftragten sowie erste Planungsraten für die
Umgestaltung des Friedrichsplatzes und die Nachnutzung des alten
Feuerwehrhauses. Es gebe neben Projekten wie Altes Spital und
Parkierungskonzept noch Neunutzung des Breucha-Areals, Stadtmuseum und Alte
Feuerwache. „Wenn wir mit diesen Projekten auch so lange brauchen wie bei den
im Entstehen begriffenen, dann werde ich voraussichtlich erst als Rentner
erleben, dass sich hier tatsächlich etwas verändert“, sagte er.

Freie Wähler

Anregungen und Kritik gab’s auch von Dr. Peter Schellenberg
für die Freien Wähler. Er regte an, den Bereich Tourismus in einen neu zu
gründenden Eigenbetrieb auszugliedern. Eine mögliche Nutzung des alten
Gefängnisses solle zeitnah mit dem Land besprochen werden: „Es wär doch was,
zur Landesgartenschau ist die neue LVA im Betrieb, und im alten Zuchthaus ist
das neue städtische Museum untergebracht.“ Ein „kühner Vorschlag“ der Freien
Wähler zum Verkehrskonzept: Die Hausener Straße an die Umgehungsstraße
anschließen, um den Verkehr in der Stadt zu entzerren.

Beim alten Spital funktioniere die Hotellösung nicht, die Frist
des Investors zur Entscheidung sei abgelaufen. Er erinnerte an die Idee der damaligen
Fraktion Profi/FFR, ein Mehrgenerationenhaus einzurichten: „Lieber den Spatz in
der Hand als die Taube auf dem Dach.“ Das Breucha-Areal solle zeitnah
entwickelt werden, damit es nicht zur „scheußlichen Brache gleich neben unserer
Stadthalle“ werde: „Zeigen Sie, Her Oberbürgermeister, den Bürgerinnen und
Bürgern der Stadt, dass Sie auch einmal ein Projekt zügig realisieren können.“

Grüne

„Politisches Gestalten benötigt Geld“, stellte Ingeborg
Gekle-Maier für die Grünen-Fraktion fest. Geld, das sinnvoll eingesetzt werden
solle. Beispielsweise für bedarfsgerechten und bezahlbaren Wohnraum. Dabei
gelte es, Innen- vor Außenentwicklung zu beachten. „Leerstände müssen
mobilisiert werden, örtliche Bauvorschriften darauf überprüft werden, ob und wo
sie die Schaffung von Wohnraum hemmen“, sagte sie. Bei der Verkehrsplanung
sollten zeitnah und konkret auch sichere Radwegeverbindungen zwischen Teilorten
und Innenstadt sowie eine bedarfsgerechte ÖPNV-Taktung berücksichtigt werden. Die
städtischen Leitbilder sollten um „Klimaschutzstadt Rottweil“ ergänzt werden: „Alle
wichtigen Projekte sollten unter der Prämisse des Klimaschutzes gedacht,
geplant und realisiert werden.“ Als Beispiel nannte sie das Erschließen von
Dächern für Solaranlagen.

FDP

Das Mobilitätskonzept ist die wichtige Grundlage für
künftige Planung. Dies sagte Daniel Karrais für die FDP-Fraktion. „Es muss ein
Konzept her, wie der Verkehr von Nord nach Süd bewerkstelligt werden kann“,
sagte er. Das Projekt für die Innenstadtmöblierung sei gescheitert, die 25.000
Euro dafür seien mit dem Studentenprojekt „in den Sand gesetzt“ worden. „Jetzt
ist es aber an der Zeit, aus dem Sandkasten herauszutreten und Entscheidungen
für die Stadtmöbel zu treffen, die auch den Ansprüchen genügen“, sagte er. Er
appellierte an die Haushaltsdisziplin: „Wir können entscheiden, ob die Stadt
Rottweil bei der grassierenden Klimahysterie mitmacht oder ob sie besonnen und
vernünftig die richtigen Schritte in Richtung Klimaneutralität einleitet“,
forderte er: „Auf Schuldenbergen können Kinder bekanntlich nicht spielen.“

AfD

Seine Gegenstimme begründete AfD-Stadtrat Reimond Hoffmann
unter anderem mit den einkalkulierten 200.000 Euro Einnahmen durch ein neues
Verkehrsüberwachungsgerät und die Förderung des Zimmertheaters.

 

 

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